Die Marsmenschen haben ihr Labor neben der Lobby eingerichtet. Jeden Morgen vor dem Verlassen des Hotels hat der Chronist dort vorbeizugehen. Sonst kann er das Hotel nicht verlassen. Weil dann der Chip auf der «Olympischen Hundemarke» (die Akkreditation) den Kontrollapparat nicht auf grün schaltet.
Der Test wird mit einem Rachenabstrich vorgenommen. Das ganze Prozedere – «Grüessech» sagen, hinsetzen, den Namen durch das Computersystem erfassen lassen, Maske abnehmen, Abstrich machen lassen, Maske wieder aufsetzen und «Adie» sagen – dauert inzwischen nicht mehr viel länger als eine Minute. Weniger lang als Zähne putzen.
Nun ist ein Rachenabstrich nicht gleich ein Rachenabstrich. Es ist nicht immer der gleiche Marsmensch im blauen Raumanzug, der den Test vornimmt. Die Unterschiede sind beträchtlich. Es gibt zwei Extreme: Von der Nilpferd- bis zur Schmetterlingsmethode. Mit und ohne «Ahh».
Manchmal wird verlangt, dass der Chronist das Maul aufsperrt wie ein Nilpferd und dazu noch «Ahh» sagt. Der Abstrich wird dann kraftvoll, gründlich, bis an den Rand des Erbrechengefühls gemacht. Als sei der Chronist robust wie ein Nilpferd. Der Vorteil: Dadurch gibt es so etwas wie einen Adrenalinstoss und somit einen Kickstart in den neuen Tag.
Häufiger war bisher glücklicherweise die sanfte Art ohne «Ahh». Der Abstrich wird so federleicht, so zart entnommen, als wolle der Marsmensch die bunten zerbrechlichen Flügel eines Schmetterlings (oder eines Nachtfalters) behutsam streicheln. Was zwei Gefühle auslöst: Der politisch korrekte, moderne Chronist sagt: Ein beruhigendes. Der politisch nicht korrekte, noch tief im letzten Jahrhundert verwurzelte: Schon fast ein erotisierendes.
Ja, ja, es handelt sich um eine ernsthafte Angelegenheit. Darüber sollte sich der Chronist nicht lustig machen. Er weiss sehr wohl, dass er sich nicht versündigen soll. Sonst holen ihn die Marsmenschen doch noch. Aber da ist eben auch diese latente Angst vor einem positiven Resultat. Vor den Marsmenschen, die einen dann abholen. Dagegen helfen halt am besten ein bisschen Sarkasmus und Ironie.
Und noch an etwas hat sich der Chronist längst gewöhnt: An die permanente Maskentragpflicht. Er hat inzwischen dieses «Kleidungsstück» sogar liebgewonnen, das nur zum Essen, Trinken und in den vier Wänden des Hotelzimmers abgelegt werden darf. Er fühlt sich inzwischen ohne nackt.
Die Maske mahnt ihn daran, dass er sich nach der Rückkehr – sofern ihn nicht vorher die Marsmenschen holen – fürs Eidgenössische Schwingfest Ende August in Pratteln anmelden und dort eine Unterkunft buchen sollte. Der Gummizug, der die Maske hält, zieht nämlich die Ohren nach vorne und im Spiegel sehen sie aus wie die eines eidgenössischen Kranzschwingers. Die «Bösen» nehmen sich bei erbitterten Bodenkämpfen oft «am Gring» und haben diese etwas aus den Fugen geratenen, abstehenden Schwinger-Ohrmuscheln.