Zum ersten Mal hat Roger Federer nach dem bitteren Australian-Open-Aus gegen Andreas Seppi gestern wieder ein Match bestritten. Mehr zu reden als der lockere Auftaktsieg gegen Michail Juschni (6:3, 6:1) geben am Tag danach aber die Aussagen des 17-fachen Grand-Slam-Siegers bezüglich des Davis Cup.
Federer erklärte an der offiziellen Pressekonferenz klipp und klar, dass er 2015 nicht im Teamwettbewerb antreten werde. «Ich habe so lange Davis Cup gespielt. Nach dem Sieg kann ich nun – um ehrlich zu sein – machen, was mir passt», so der Baselbieter.
Federers Entscheid überrascht nicht. Mit 33 Jahren steht der einstige Tour-Dominator im Spätherbst seiner Karriere und seine Prioritäten haben sich längst verschoben. Nachvollziehbar, dass er sich noch einmal ganz auf seine Einzelkarriere und auf den Gewinn eines 18. Grand-Slam-Titel konzentrieren will. Vier zusätzliche Wochen für den Davis Cup mit Kind und Kegel um die Welt zu jetten – darauf kann er gut verzichten.
Federer musste dann auch nicht lange mit sich ringen. «Es war keine schwierige Entscheidung», sagte er. «Der Davis Cup war für mich im Verlaufe meiner Karriere eine grosse Last und verursachte mir mehr Schwierigkeiten als etwas anderes.» Nur vier Monate nach dem emotionalen Triumph in Lille mit seinen Kumpels Marco Chiudinelli, Michael Lammer, Stan Wawrinka und Serverin Lüthi sind das aber erstaunliche scharfe Worte.
Sie zeigen, wie sehr sich der einstige Tour-Dominator im Laufe der Jahre vom Schweizer und vom internationalen Tennis-Verband jeweils unter Druck gesetzt gefühlt hatte, zu spielen.
Federer und der Davis Cup – das war schon lange keine Liebesbeziehung mehr. Nur zu Beginn seiner Karriere hatte der Teamwettbewerb für ihn höchste Priorität. Nach seinem Aufstieg in die Weltspitze wurde der Davis Cup dagegen immer lästiger. Immer wieder rang sich Federer doch durch und sagte für die entscheidenden Playoff-Partien zu, um einen Schweizer Abstieg zu verhindern. Für Absagen hagelte es dagegen stets heftige Kritik. Jetzt musste der Frust offenbar raus.
Unverhohlen gibt Federer zu, dass er sich 2014 nur wegen seiner Teamkollegen zu einer Teilnahme durchgerungen habe. Mit dem Titelgewinn hat Federer mit dem Davis Cup nun abgeschlossen: «Für mich war sofort klar, dass ich nach dem Sieg in diesem Jahr nicht spielen würde.»
Ob der «Maestro» überhaupt noch einmal um die hässlichste Salatschüssel der Welt spielen wird, liess Federer offen. Will er mit Peking-Gold-Partner Wawrinka, der in der 1. Runde gegen Belgien trotz vertraglicher Vereinbarung ebenfalls nicht dabei sein wird, bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio im Doppel antreten, bleibt ihm allerdings keine andere Wahl. Nur wer in diesem oder im kommenden Jahr im Davis Cup mindestens einmal im Doppel antritt, kann bei Olympia dabei sein.
Eine leise Hoffnung besteht also noch. Doch auch wenn Federer nie mehr im Davis Cup antreten sollte, seine Pflicht hat er längst erfüllt. Mit dem Titel von Lille bescherte er der Schweiz eine glorreiche Tennis-Sternstunde. Über eine weitere würden wird uns natürlich freuen. Und Hand aufs Herz: Worüber würdest du dich mehr freuen? Über einen weiteren Schweizer Davis-Cup-Titel oder über den 18. Grand-Slam-Titel Federers?