Geschichte wiederholt sich zum Glück nicht immer. Beim 3:0-Erfolg ist der Schweiz nicht nur der Achtelfinal-Einzug geglückt, sie konnte auch die Schmach aus dem Jahr 2010 wettmachen. Damals bissen sich offensiv ideenlose Schweizer an den zwei Viererketten der Honduraner fest und schieden überraschend aus dem WM-Turnier aus.
In dieser Partie hatten die Schweizer einen besseren Plan, wie sie an der Defensive der Honduraner vorbeikommen können. In den Anfangsminuten störten sie früh und spielten ein hohes Pressing. Dabei rückten die Aussenstürmer und auch die Doppelsechs Behrami-Inler weit vor. Shaqiri und Angreifer Drmic liefen in vorderster Linie die Verteidiger an, während dahinter die Passwege zum Mittelfeld versperrt wurden.
Die Schweizer Abwehr rückte dabei nicht so weit auf, wie man es von einem derart hohen Pressing gewohnt ist, was aber in diesem Fall sogar die passende Strategie war. So konnten die Verteidiger nämlich die langen Bälle abfangen, welche die einzige Option der spielerisch limitierten Honduraner waren, um sich aus dem Schweizer Pressing zu befreien.
Nach Ballgewinnen suchten die Schweizer Angreifer sehr schnörkellos den Weg zum gegnerischen Tor. Die neue Schweizer Direktheit hatte auch mit einer taktischen Umstellung zu tun, die Ottmar Hitzfeld vorgenommen hatte: Xherdan Shaqiri begann als Zehner, Granit Xhaka rückte dafür auf die rechte Seite.
Shaqiri bot sich klug im Zehnerraum an und fand Lücken, die Honduras' aufrückende Mittelfeldspieler hinterliessen. Zusammen mit Stürmer Drmic bildete er ein starkes Sturmduo. Beide schufen sich gegenseitig Räume und kombinierten stark miteinander. So konnte die Schweiz früh das 1:0 feiern – dank einer starken Positionierung Shaqiris, welche dieser mit einem Fernschuss in den Winkel krönte.
Nach der frühen Führung gaben die Schweizer ihr hohes Pressing zugunsten einer defensiveren Strategie auf. Sie zogen sich nun in einer 4-4-1-1-Formation weit zurück und überliessen den Honduranern den Spielaufbau. Dabei wichen sie früh zurück, sobald Honduras den Ball ins Mittelfeld spielte. Die Marschroute war klar: Keine langen Bälle der Honduraner hinter die Abwehr zulassen.
In der folgenden halben Stunde war zu bestaunen, warum Honduras nicht zu den Grossen der Fussballzunft zählt: Die Angriffe der Mittelamerikaner waren spielerisch wenig gehaltvoll. Der Sechser Claros machte aus der Tiefe das Spiel, ihm fiel jedoch auch nicht viel ein, ausser den Ball auf die Flügel zu passen. Dabei spielten die Honduraner die meisten ihrer Angriffe über die rechte Seite; hier agierte Rechtsverteidiger Beckeles höher als Garcia auf der anderen Seite.
Allerdings stand die linke Schweizer Defensivseite sehr stabil, zumal die Honduraner ihre Angriffe extrem statisch vortrugen. Immer wieder rückten die Aussenstürmer ein, ab und an bewegten sich die Stürmer nach aussen – zu wenig Bewegungsspiel, um die stabil stehenden Viererketten der Schweizer zu fordern.
So hatte die Nati zeitweise nur 30 % Ballbesitz, aber die besseren Möglichkeiten. Shaqiri und Drmic postierten sich klug hinter den aufrückenden honduranischen Spieler, sodass die Schweizer stets Anspielstationen nach Ballgewinnen hatten.
Durch den Rechtsfokus der Honduraner konnten die Schweizer nach Ballgewinnen ihren halblinken Sechser Inler suchen. Seine präzisen und klugen Pässe gaben dem Konterspiel die nötige Genauigkeit. Eine Kombination über Inler, Drmic und Shaqiri führte zum 2:0.
Nach der Pause zeigte sich jedoch, dass die extrem passive Spielweise der Schweizer auch Schwachstellen hat. Mit der Einwechslung von Linksaussen Chavez wurde das Spiel von Honduras linkslastiger. Er positionierte sich öfter in der Breite und rückte nicht so früh ein wie sein Vorgänger Espinoza. Plötzlich mussten die Schweizer Flügelattacken über die eigene rechte Seite verteidigen – und es zeigte sich, dass dies nicht ihre Stärke ist.
Das Zusammenspiel zwischen Xhaka und Lichtsteiner funktionierte nicht immer bestens. Mal rückten beide heraus und liessen so die Schnittstelle zu den zentralen Spielern offen, was Honduras mit direkten diagonalen Pässen in den Sechzehner bestrafte. In anderen Situationen postierte sich Xhaka zu zentral, wodurch Lichtsteiner alleine gegen zwei gegnerische Flügelspieler verteidigen musste. So flog plötzlich Flanke um Flanke in den Schweizer Strafraum. Dass Honduras in einer starken Sturm-und-Drang-Phase keinen Treffer erzielte, lag hauptsächlich am starken Schlussmann Benaglio.
Die Schweizer konnten sich weiterhin auf ihr starkes Konterspiel verlassen. Honduras agierte immer offensiver, am Ende sicherten nur noch die Verteidiger die eigenen Angriffe ab; ein gefundenes Fressen für Shaqiri und Drmic. Nachdem Drmic den dritten Treffer von Shaqiri auflegte (71.), gaben die müden Honduraner etwas nach.
Stürmisch, clever, aber auch etwas glücklich: Die Schweizer haben sich den Achtelfinal-Einzug verdient. Ob sie mit einem starken Konterfussball auch die Argentinier in Bedrängnis bringen können? Für die Nati spricht, dass Argentinien einen hohen Fokus auf Angriffe über die eigene rechte Seite legt. Hierhin bewegt sich Superstar Lionel Messi immer wieder. Die defensiven Probleme der rechten Schweizer Seite kämen hier nicht so sehr zum Tragen.
Dennoch: Defensiv muss die Schweiz nach der schwächeren zweiten Halbzeit eine Schippe drauflegen. Das Konterspiel um die starken und beweglichen Shaqiri und Drmic lässt aber auf eine Sensation hoffen.