Die WM hatte so schön angefangen für die Schweizer. Beim 2:1-Sieg über Ecuador zeigte das Team von Ottmar Hitzfeld eine gute Leistung, offenbarte aber bereits einige taktische Mängel. Die Franzosen haben sich das Spiel genau angesehen und schlugen genau in den Schweizer Problemzonen zu.
Eine der Schweizer Schwächen war das Aufbauspiel: Der Schweizer Spielaufbau läuft vor allem über die zentralen Spieler, die Aussenverteidiger rücken hingegen auf. Frankreich positionierte sich im 4-3-3-Pressing sehr zentral, um im Zentrum Überzahlen zu schaffen. Die Aussenstürmer rückten im Schweizer Spielaufbau weit ein, um den Druck auf die zentralen Spieler zu erhöhen. So verhinderten die Franzosen, dass die Schweizer Innenverteidiger den Ball zu den Sechsern spielen konnten.
Die Schweizer fanden kein Mittel, das französische Pressing zu umspielen. Immer wieder suchten sie Behrami auf der halbrechten Seite, der allerdings von Linksaussen Benzema und dem aufrückenden Matuidi attackiert wurde. Selbst wenn die Schweiz über die Flügel das Pressing auflösen wollte, rückte der gesamte französische Verbund herüber, um ballnah eine Überzahlsituation zu schaffen. Im besten Falle konnte sich die Nati mit langen Bällen befreien – im schlechtesten Fall verloren sie weit in der eigenen Hälfte den Ball, wie vor dem 0:2:
Benzema war nicht nur im Pressing, sondern auch bei den französischen Kontern der Schlüsselspieler. Das Schweizer Spiel ist sehr auf die rechte Seite fokussiert. Hier ballen sich mit Shaqiri und Lichtsteiner zwei offensive Spielertypen. Gerade Rechtsverteidiger Lichtsteiner schiesst immer wieder nach vorne, vernachlässigt dabei aber die Defensivarbeit. Benzema postierte sich im Umschaltmoment hinter Lichtsteiner. Besonders gut funktionierte dies in der 31. Minute, als Benzema einen Elfmeter für sein Team gewann (und verschoss):
Im Gegensatz zu den Franzosen konnten die Schweizer nie mit ihrem Pressing überzeugen. Das schweizerische 4-2-3-1 wurde gegen den Ball zu einem 4-4-1-1, wobei Xhaka etwas hinter Stürmer Seferovic agierte. Die Franzosen konnten dieses Pressing relativ einfach umspielen, indem Cabaye sich nach hinten fallen liess. Zwar wurde er meist von Xhaka gedeckt, allerdings öffnete er dadurch den Passweg auf den ballfernen Innenverteidiger Frankreichs.
So konnten die Schweizer selten gute Ballgewinne erzielen; Frankreich dominierte das Spiel mühelos. Es musste selbst nicht einmal so viel in den Spielaufbau investieren; am Ende hatte die Schweiz ein klares Ballbesitzplus (57 % zu 43 %), mit dem sie allerdings wenig anzufangen wusste.
Das Schweizer Spiel hatte jedoch auch lichte Momente. Einige Male gelangen dem Schweizer Team schnelle Konter, wenn sie sich durch schöne Vertikalpässe aus dem Pressing befreien konnten. In diesen Situationen postierte sich Shaqiri meist im Zentrum, er bot sich etwas klüger an als Xhaka.
Gefährlich wurde es ohnehin nur, wenn Shaqiri seine angestammte rechte Seite verliess und das Zusammenspiel mit Mehmedi suchte. Allerdings machte die Aufstellung von Stürmer Seferovic in diesem Kontext wenig Sinn. Seine ausweichenden Bewegungen wurden kaum eingebunden, bei Kontern und Schnellangriffen wurde die Durchschlagskraft von Drmic jedoch schmerzlich vermisst.
Nach der Pause verbesserte sich das Spiel der Schweizer dank der Einwechslung von Dzemaili. Er agierte etwas tiefer als Behrami und erlaubte damit Inler, weiter in die gegnerische Hälfte vorzurücken. Gegen nun tiefer agierende Franzosen machte Inler das Spiel aus dem Rückraum. Gleichzeitig öffneten sich durch die hohe Rolle der Aussenverteidiger und von Inler mehr Konterräume für Frankreich, die es gnadenlos ausnutzte. Zwei Ehrentreffer sorgten am Ende dafür, dass die Niederlage zumindest auf dem Papier nicht ganz so schmerzlich ausfiel.
Die Schweiz muss die Niederlage schnell abhaken. Nachdem sie gegen Frankreich mit einem hohen Pressing zu kämpfen hatte, dürfte auf sie gegen Honduras ein ganz anderes Spiel warten. Die Schweizer müssen den Abwehrriegel der Honduraner knacken. Dazu müssen sie spielerisch eine Schippe drauflegen und die Löcher auf der rechten Seite schliessen. Ansonsten droht eine Wiederholung des Traumas von 2010.