Tennisstar Novak Djokovic muss wohl Australien wieder verlassen und kann nicht bei den Australian Open teilnehmen. Dem Weltranglistenersten wurde die Einreise verweigert und das Visum für ungültig erklärt. Doch eine Hoffnung hat er noch. Die Übersicht.
Das stundenlange Warten im Flughafen von Melbourne endete für Novak Djokovic mit einer bitteren Enttäuschung. «Das Visum für Novak Djokovic wurde gecancelt», bestätigte Australiens Gesundheitsminister Greg Hunt am Donnerstagmorgen (Ortszeit). Damit darf Djokovic nicht einreisen wohl, um beim Australian Open seinen 21. Major-Titel anzupeilen, der den alleinigen Rekord bedeuten würde.
Trotz einer zuvor erteilten – und höchst umstrittenen – medizinischen Ausnahmegenehmigung habe die australischen Grenzschutzbehörde die Einreise untersagt, berichtete die australische Nachrichtenagentur AAP. Djokovic habe keine geeigneten Beweise zur Erfüllung der Einreisebestimmungen vorgelegt, daher sei «das Visum anschliessend storniert» worden, hiess es in der Erklärung der Grenzschutzbehörde.
Am Flughafen von Melbourne war Djokovic zuvor mehrere Stunden lang von den Beamten wegen Unstimmigkeiten mit seinem Visum verhört worden. Die Dokumente, die Djokovic vorgelegt hatte, sahen Medien zufolge medizinische Ausnahmen für Ungeimpfte gar nicht vor. Die Behörden des australischen Bundesstaats Victoria wurden deshalb eingeschaltet – und verweigerten ihm die Unterstützung. In australischen Medien wurde darüber spekuliert, dass sich Djokovic offenbar auf die Genesung von einer früheren Corona-Infektion berufen und so ohne die eigentlich vorgeschriebene Impfung ins Land kommen wollte.
Wer nach Australien einreise, müsse sicherstellen, dass er dazu auch berechtigt sei und dies nachweisen könne, so Premierminister Scott Morrison. Dafür brauche es den Nachweis einer doppelten Impfung oder eine gültige medizinische Ausnahmegenehmigung. «Wenn man sich nicht an die Regeln hält, wird der Grenzschutz seinen Job machen - und sie haben ihren Job gemacht.» Daran ändere auch das Intervenieren der serbischen Botschaft in Australien nichts. «Regeln sind Regeln, vor allem, wenn es um unsere Grenzen geht», schrieb Morrison auf Twitter. «Niemand steht über diesen Regeln.»
Support erhält Djokovic hingegen vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Dieser sendete eine diplomatische Protestnote aus. Zudem erklärte Vucic aus Instagram, man wolle Djokovic helfen. «Ganz Serbien steht hinter ihm», so der Präsident, «unsere Behörden werden alle Massnahmen ergreifen, um die Schikanierung des besten Tennisspielers der Welt binnen kürzester Zeit zu beenden.»
Mittlerweile hält sich Djokovic im Park Hotel von Melbourne auf – dieses darf der Serbe nicht verlassen. Im Park Hotel sind neben Djokovic auch 32 Flüchtlinge untergebracht. Vor dem Hotel demonstrieren zwei Gruppen, eine für die Flüchtlinge, die andere aus serbischen Anhängern.
Novak remains in an immigration detention centre at The Park Hotel in Carlton. Other refugees have been held here for years and both Djokovic fans and protesters of Australia’s asylum seeker policy have swarmed the street. @theheraldsun pic.twitter.com/A6OkudGYBk
— Miles Proust (@MilesProust) January 6, 2022
Zuvor sei Djokovic in einem bewachten Raum festgehalten worden, wurde Vater Srdjan in serbischen Medien zitiert. «Novak befindet sich in einem Raum, den niemand betreten kann», klagte er noch vor der offizielle Verweigerung der Einreise. «Vor dem Raum stehen zwei Polizisten.»
Die einzige Hoffnung des Serben, dass er die Australian Open trotz allem bestreiten darf, ist ein erfolgreicher Rekurs. Deshalb wollen seine Anwälte eine einstweilige Verfügung beantragen. Bereits am Donnerstag kam es so zu ersten Verhandlungen.
Bis zum definitiven Urteil wird es noch eine Weile dauern. So findet die entscheidende Anhörung am Montagmorgen um 10 Uhr (00 Uhr Schweizer Zeit) statt. Bis dahin wird Djokovic in Melbourne bleiben – allerdings darf er das Park Hotel, wo er derzeit untergebracht ist, nicht verlassen.
Djokovic ist nicht der einzige Tennis-Profi, welcher nicht geimpft ist. Turnierdirektor Craig Tiley sagte, es hätten sich 26 Spielerinnen, Spieler und Betreuer um eine Ausnahmegenehmigung bemüht, wobei «nur eine Handvoll» eine solche tatsächlich bekamen. Um welche anderen es sich dabei handelt, ist unklar.
Insgesamt sind von den Top 100 der Männer 95 Prozent der Spieler geimpft, bei den Frauen sind es 85 Prozent. Mit dem Franzosen Pierre-Hugues Herbert und dem US-Amerikaner Tennys Sandgren gaben zuletzt zwei Profis bekannt, nicht geimpft zu sein. Beide verzichteten aber auf eine Ausnahmegenehmigung – sie waren der Meinung, die Voraussetzungen dafür nicht zu erfüllen. (dab/mlu/sda/dpa)