Wenn der HC Ambri-Piotta und HC Lugano daheim antreten, kommt das einem Volksfest gleich. Am Rande des Eishockey-Spektakels kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen bewegungsfreudigen Fans beider Lager. Die Tessiner Organisation «SportForPeace» will zusammen mit der Politik und den Klubs gewalttätige Fans in die Schranken weisen - konkrete Lösungsvorschläge bietet sie aber nicht.
Der Horizont leuchtet glutrot, dabei ist die Sonne längst untergegangen. Im 500-Seelen-Dorf Ambri-Piotta treffen die beiden Tessiner Traditionsvereine zum Eishockey-Derby aufeinander: Die Gästefans aus Lugano feiern ihre Ankunft in der Leventina lautstark und mit bengalischem Feuer, das sich im zerbrochenen Glas auf der Strasse spiegelt. Die fast 6500 Zuschauer - darunter 30 Prozent aus der Deutschschweiz - finden grölend, klatschend und jubelnd ihren Weg ins Stadion.
Zu Ausschreitungen oder Schlägereien kommt es an diesem Septemberabend nicht. Dafür sorgen auch die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen: Die beiden Fangruppen werden durch die Polizeikräfte streng voneinander getrennt ins Stadion geschleust - die SBB stellt am Derbytag den Zugverkehr nach Ambri ein, damit sich die «Tifosi» unterschiedlicher Couleur nicht in den S-Bahnen gegenüber stehen. Zu gross seien die möglichen Gefahren für Mensch und Material, sagt die Tessiner SBB-Sprecherin auf Anfrage.
Die Organisation «SportForPeace» und der Vorsteher des Tessiner Departements für Territorialfragen, Norman Gobbi, blasen in das gleiche Horn: Ein Derby sei immer ein «Risikospiel», weil es in jedem Lager eine Gruppe gewaltbereiter Fans gebe. Zusammen organisieren sie deshalb mit Unterstützung aus Ambri-Piotta und Lugano eine Sensibilisierungskampagne, die sie am Mittwochabend in Bellinzona TI vorstellten.
Bei den Kampagnenvorschlägen bleibt die Initiative blass: Man wolle den «positiven Fans» ein Gesicht geben und zeigt dem Publikum ein drei Jahre altes Video, in dem sich zwei Spieler der Rivalen Ambri und Lugano nach dem Spiel friedfertig die Hände schütteln. Ein Vertreter der Fans - also jener Gruppe, die als potentieller Gefahrenherd ausgemacht wurde - fehlte auf dem üppig besetzten Podium.
Der Berner Polizeidirektor Hans-Jürg Käser forderte in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Mittwoch, eine härtere Gangart in Bezug auf Fan-Ausschreitungen. Zudem sollen Klubs stärker an den Sicherheitskosten beteiligt werden. Ihre Spiele sollten sie bei Fehlverhalten der Fans in leeren Stadien austragen, forderte Käser. (sda)