Für die Schweiz ist das Eishockeyturnier der Olympischen Spiele 1992 in Albertville keine Erfolgsgeschichte. Sie beendet es auf Rang 10 von 12 Teilnehmern. Wesentlich erfolgreicher ist Erzrivale Deutschland. Weil es die Underdogs Italien und Polen schlägt, steht es in den Viertelfinals. Und dort kommt es im Palais des Glaces in Méribel zu einer Begegnung mit Kanada, deren Ausgang keiner der 5500 Zuschauer in der Halle vergessen sollte.
Hin und her wiegt das Spiel. Joe Juneau bringt Kanada in Führung, Jürgen Rumrich und Didi Hegen kehren es. Nach Toren von Brad Schlegel und in der 54. Minute von Kevin Dahl heisst es aber kurz vor dem Ende 3:2 für Kanada. Doch Ernst Köpf junior rettet den Aussenseiter mit seinem Treffer 142 Sekunden vor dem Ende in die Verlängerung, in der keine weiteren Tore fallen.
So muss das Penaltyschiessen entscheiden. Und dieses sollte dramatisch werden. Die ersten beiden Schützen jedes Teams verschiessen, dann bringt Jason Woolley Kanada in Führung. Und nach dem Fehlschuss von Captain Gerd Truntschka bucht Wally Schreiber das 2:0 – nun müssen beide Deutschen treffen und der fünfte Kanadier nicht, sonst ist das Spiel vorbei.
Und genau so kommt es: Michael Rumrich verkürzt, Juneau scheitert an Goalie Helmut de Raaf und Andreas Brockmann gleicht zum 2:2 aus. Das Penaltyschiessen geht in die Extraschlaufe. Eric Lindros, ein bald 19-Jähriger dem eine sehr grosse Zukunft vorhergesagt wird, behält die Nerven und bringt Kanada wieder in Front. Nun ist die Reihe an Peter Draisaitl.
Der 26-Jährige vom Kölner EC, Vater des heutigen NHL-Spielers Leon Draisaitl, läuft gerade auf den kanadischen Keeper Sean Burke zu. Sein Plan: Ihm den Puck zwischen den Beinen hindurchzuschieben. Draisaitls Plan geht nur teilweise auf. Denn Burke bringt die Beine noch zusammen, kann die Scheibe blockieren – so scheint es. Aber plötzlich kullert sie hinter dem Goalie raus und in Richtung Tor. Der Puck ist immer noch in Bewegung, als er schliesslich kippt und liegen bleibt – just auf der Torlinie.
Jubel bei den Ahornblättern, Fassungslosigkeit bei Deutschland und Pechvogel Peter Draisaitl. Am Ende resultiert Rang 6, während Kanadas Reise bis in den Final geht. Dort wird es vom Team der GUS (der Nachfolger der Sowjetunion) um Fribourgs magisches Duo Slawa Bykow/Andrei Chomutow gestoppt.
Wenigstens einen deutschen Sieger kennt dieses Eishockeyturnier aber doch: Radioreporter Eddie Körper wird für seine packende Schilderung der Schlussphase des Viertelfinal-Dramas mit dem Herbert-Zimmermann-Preis 1992 ausgezeichnet.