Wenn wir heute Didier Cuche hören, denken wir sofort an seinen Ski-Salto. Immer, wenn ihm eine besonders gute Fahrt gelingt, zeigte der Neuenburger seinen Jubel: Bindung des rechten Skis hinten lösen und dann mit Schwung das Sportgerät in die Höhe wirbeln. Genau so, dass dieses sich um die eigene Achse dreht und dann in Cuches rechter Hand landet.
Entstanden ist der Trick 2002 in Adelboden. Aus Zufall. Cuche näherte sich über die Saison hin dem Sieg im Riesenslalom. Nach einem Rang 17 in Sölden steigerte er sich mit den Rängen 7 (Val d'Isère), 4 und 3 (zweimal Kranjska Gora), als das Highlight am schwierigsten Hang der Grundlagendisziplin im Weltcup anstand.
17'000 Fans füllten das Stadion und blickten gebannt auf den legendären Zielhang. Sagenhafte 1,10 Sekunden hatte Cuche im ersten Lauf auf den Franzosen Frédéric Covili herausgefahren. Seit Michael von Grüningen 1996 hatte kein Schweizer mehr hier das Heimrennen gewonnen. Die Entscheidung beginnt mit einem Schock: Cuche rutscht beim vierten Tor weg. Er fängt sich aber akrobatisch und rettet den Vorsprung ins Ziel. Sein erster Riesenslalomsieg – und der zweite Weltcupsieg seit dem Abfahrtstriumph in Kitzbühel 1998 – ist Tatsache.
Cuche will den ersten Saisonsieg der Schweizer Männer gebührend feiern. «Ich gab dem Ski beim Abschnallen einen Kick, denn ich wollte, dass er waagrecht nach vorne fliegt», erzählt er Jahre später. Aber der Trick misslingt: «Ich blieb im vorderen Bindungskopf hängen, der Ski flog in hohem Bogen zurück. Ich konnte ihn nur mit Glück wieder auffangen.»
Der Ski-Salto war geboren. Die Menge tobt. Cuche lächelt: «Die Fans glaubten, dass ich das so geplant hatte. Dabei war es Zufall.» So beschliesst der Neuenburger seinen neuen Trick, den er «Ski-Wurf» nennt, im Training zu üben. Ab sofort wird er ihn immer wieder zeigen, wenn er besonders zufrieden mit seiner Fahrt ist.
19 Mal wird Cuche noch ein Rennen gewinnen. Die Fans können den Ski-Salto jeweils kaum erwarten. Er klappt auch immer. Bis auf das eine Mal bei der Abfahrt 2003 in Bormio. «Da ist mir der Ski an den Helm geknallt», lacht Cuche. Immerhin schafft es die Szene in die Kuriositäten-Sendung «Watts Zap» auf Eurosport.
Bei Cuches Abschiedsvorstellung im März 2012 in Schladming versuchen praktisch alle Fahrer im Ziel den Ski-Salto. Keiner kann dies so gut wie der Meister selbst. Dieser fährt das Rennen in nostalgischer Kleidung mit alten Holzlatten. Im Ziel lässt er es sich nicht nehmen, mit der altertümlichen Ausrüstung seinen Trick ein letztes Mal zu zeigen:
Doch was heisst ein letztes Mal? 2013 taucht plötzlich ein Video auf Facebook auf. Cuche – privat unterwegs – wird dabei gefilmt, wie er den Ski-Salto machen will. Doch das Sportgerät landet in der Scheibe des Teambusses der Österreicher! Der Chauffeur eilt herbei: «Wo hasch denn du schifoahn glernt?» Cuche erklärt kleinlaut: «In der Schweiz.»
Natürlich ist das Ganze gestellt. Cuche schreibt dazu selbst: «Hoppla, es ist schon überall eine Kamera dabei. Habe bei einem Café mit dem Chauffeur alles geregelt.» Die Welt lacht und der Gag verhilft Cuches neuen Skis zu einem netten Werbeeffekt.
Selbst bei der WM lebt der Ski-Salto weiter. Im WM-Super-G 2013 in Schladming kommt als letzter Fahrer mit der Nummer 82 der Ungare Marton Kekesi ins Ziel. Er verliert fast 20 Sekunden auf die Schnellsten und verpasst bei einem Sturz auch ein Tor. Aber der Exot fährt weiter und zeigt im Zielraum den Cuche-Ski-Salto fast in Perfektion. Hätte er doch nur mehr Zeit ins Fahrtechnik-Training investiert.
Vor allem seine perfekten, voll in der Hocke druchgezogenen Sprünge... *schwärm*