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15.09.2009: Cristiano Ronaldo macht FCZ-Goalie Leoni zu «Johnny Depp»

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Fussball Champions League FC Zürich - Real Madrid - Cristiano Ronaldo (Real Madrid, Mitte); 2009 2010 Herren Fußball Champions League EC ...
Auf ihn legten die Zürcher Defensivspieler ein besonderes Augenmerk: Cristiano Ronaldo.Bild: imago
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Die Galaktischen landen in Zürich – und Ronaldo macht Goalie Leoni zu «Johnny Depp»

15. September 2009: Erstmals überhaupt spielt der FC Zürich in der Champions League. Und was kann man sich Schöneres vorstellen, als die Premiere zu Hause im Letzigrund gegen das grosse Real Madrid zu bestreiten? Zumal dieser kurz zuvor auf dem Transfermarkt neue Massstäbe setzte.
15.09.2022, 00:0115.09.2022, 07:24
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«Die Landung der Galaktischen», «Die Milliardenshow beginnt», «Der Einzug der Königlichen». So lauteten die Schlagzeilen in den Tagen vor dem ersten Champions-League-Spiel des FC Zürich. Es war die wohl grösste Partie der Vereinsgeschichte. Schliesslich hiess der Gegner Real Madrid. Und dieser kam gerade von einer Einkaufstour, wie es sie bis dahin noch nicht gegeben hatte.

Cristiano Ronaldo (94 Millionen Euro Ablöse), Kaka (67 Mio.), Karim Benzema (35 Mio.) und Xabi Alonso (34 Mio.) hiessen die namhaften neuen Stars. Und auch die Real-Legenden Iker Casillas, Raul Gonzalez oder Pepe standen in Zürich in der Startelf. Kein Wunder also, dass die Zürcher sich nicht die grössten Chancen ausrechneten. «Ich hoffe, dass uns Real unterschätzen wird», sagte Goalie Johnny Leoni.

«Bald kennt man den FCZ auch auf Tonga.»
FCZ-Präsident Ancillo Canepa

FCZ-Präsident Ancillo Canepa freute sich vor allem über die gesteigerte Bekanntheit: «Bald kennt man den FCZ auch auf Tonga oder Tahiti in der Südsee.» Und für Johan Vonlanthen ging ein Traum in Erfüllung, doch wollte sich der Stürmer angesichts des grossen Gegners nicht verstecken: «Auch Ronaldo hat nur zwei Füsse.»

Aufstellung FC Zuerich gegen Real Madrid 15.09.2009
Die Aufstellung des FCZ.
Aufstellung Real Madrid gegen FC Zuerich 15.09.2009
Die Aufstellung von Real Madrid.

Damit hatte der 23-jährige Nationalspieler natürlich recht. Nur: Was Ronaldo mit seinen beiden Füssen anstellen kann, überschreitet selbst das Vorstellungsvermögen fast aller Profis. Und sein Können hatte der Portugiese in der kurzen Zeit seit seinem Wechsel von Manchester United in die spanische Hauptstadt bereits unter Beweis gestellt. In den ersten beiden Ligaspielen traf er je einmal. Nun spielte er für die «Blancos» erstmals in der Champions League – und das in der Schweiz. So war die Ehrfurcht bei den Schweizer Fans natürlich gross.

Den Fans gingen Ronaldo & Co. lieber aus dem Weg

Bereits am Flughafen warteten hunderte Menschen auf Ronaldo und seine Mitspieler. Doch diese nahmen die Hintertür und entgingen dem Rummel nach der Landung in Zürich. Ruhe hatten sie vor den Fans dadurch aber nicht. In der Nacht vor dem Spiel wurde das Hotel, in dem die Madrilenen wohnten, von einem Feuerwerkskörper beschossen. Dabei ging eine Scheibe zu Bruch. Später wurde der Feueralarm ausgelöst – die Real-Stars mussten auf den Hotelgang fliehen. Optimale Spielvorbereitung sieht anders aus.

Und auch vor dem Spiel zeigten sich die Fans in der Südkurve kampflustig. Sie hielten ein Banner mit der Aufschrift «FCZ dä einzig Meischter i dere Gruppe, aber dank dä UEFA chönd au ihr CL spiele». Damit spielten die Zürcher darauf an, dass von den drei namhaften Gruppengegnern weder Real Madrid noch Olympique Marseille oder die AC Milan den nationalen Titel gewannen. Aber anders als noch im Vorgängerwettbewerb Europacup der Landesmeister sind nicht nur Meister für die Champions League qualifiziert.

Bildnummer: 04873289 Datum: 15.09.2009 Copyright: imago/Ulmer
fc zürich - real madrid - fcz fans in der südkurve im stadion letzigrund mit dem spruchband; fcz ist der einzige meister der gruppe c, abe ...
Die Zürcher Fans hatten ein schlagfertiges Banner vorbereitet.Bild: imago

Doch die Anfangseuphorie hielt nicht lange. Keine halbe Stunde war gespielt, als die «Königlichen» im Letzigrund in Führung gingen. Und wer hatte getroffen? Cristiano Ronaldo, natürlich. Mit einem Freistoss. Dabei blieb es aber nicht. In der 89. Minute traf der damals 24-Jährige erneut bei einem ruhenden Ball. Mit kräftiger Mithilfe von Leoni, der bereits beim ersten Freistoss nicht gut ausgesehen hatte. Der mittig platzierte Schuss rutschte dem Torhüter über die Fäuste hinweg ins Tor.

Das brachte ihm europaweit Häme ein. Der «Blick» verpasste Leoni den unrühmlichen Spitznamen «Johnny Depp». Die spanische Zeitung «El Mundo Deportivo» kürte ihn zum besten Spieler der Madrilenen und von der italienischen «Gazzetta dello Sport» gab es die schlechtestmögliche Note. Umso bitterer war der Patzer, weil die Zürcher bis dahin alles andere als chancenlos waren.

Die Blick-Schlagzeile vom 17. September 2009.
Die Blick-Schlagzeile vom 17. September 2009.

Plötzlich wurde es laut im Letzigrund

Noch bevor Ronaldo das Team von Manuel Pellegrini in Führung schoss, hatte Hannu Tihinen die erste Chance für den FCZ. Den Abschluss mit der Hacke konnte Real-Goalie Casillas aber halten. Zur Halbzeit lagen die Gastgeber nach Toren von Ronaldo, Raul und Gonzalo Higuain bereits mit 0:3 hinten. Doch die grossen Minuten der Zürcher sollten noch kommen.

Diese begannen mit einer sehr guten Chance für Xavier Margairaz, der in der 52. Minute aus kurzer Distanz am Tor vorbeiköpfte. Dann entschärfte Casillas zunächst einen Schuss von Philippe Koch, fällte Alexandre Alphonse wenig später aber im Strafraum. Der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt. Margairaz verwandelte souverän. Ein erstes Mal brach grosser Jubel im Zürcher Stadion aus. Und es wurde noch besser.

«Schreibt doch, was ihr wollt.»
FCZ-Goalie Johnny Leoni

Gerade mal 90 Sekunden später war der Ball ein zweites Mal im Tor der Madrilenen. Silvan Aegerter köpfte diesen in der 65. Minute zum Anschlusstreffer ins Netz. Selbst SF-Kommentator Dani Wyler konnte es nicht so recht fassen: «Was ist denn hier los?»

Auch nach dem 2:3 spielte das Team von Bernard Challandes weiterhin mutig. Oftmals wussten sich die Madrilenen nur mit Fouls zu helfen – sechs Gelbe Karten standen bei den Spaniern am Ende zu Buche. Die Überraschung lag in der Luft. Doch dann kam die 89. Minute und eben dieser Patzer von Johnny Leoni.

Die Highlights des Spiels.Video: YouTube/FootbaLLegendary

«Meine Güte, was für ein saudummes Tor», meinte Wyler. Ronaldo, der damals noch die Rückennummer 9 trug (die 7 gehörte Raul), sei Doppeltorschütze von Leonis Gnaden. Dass am Ende auch noch Guti traf, mit einem Lupfer über den Goalie, tat nichts mehr zur Sache. Irgendwie blieb trotz des grossen Fussballfests die Enttäuschung über das Wissen, dass eigentlich mehr drin gelegen wäre. Trotz der klar verteilten Rollen. Leoni wollte sich nach dem Spiel nicht äussern: «Schreibt doch, was ihr wollt. Ich hab nichts zu sagen», liess er die Journalisten gemäss «Blick» wissen.

Und das taten sie.

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