Nibali und sein Team Astana sind an diesem Ruhetag im «Chateau de Lignan» untergebracht. Und so lud der Tour-Regent die Medien in den edlen Schlosspark unter dem Schatten riesiger Platanen ein. Beinahe königlich schritt er mit seinen Chefs und Betreuern der wartenden Schar entgegen. So royal der Auftritt des Italieners war, so unaufgeregt und souverän beantwortete der 29-jährige Sizilianer anschliessend die Fragen.
Über den Gesamtsieg wollte der Wahlschweizer – Nibali lebt in Lugano – nicht sprechen. «Ja, mein Vorsprung ist recht gross, aber ich muss aufpassen. Es kommen noch sehr schwierige Etappen. Ich darf mir nichts erlauben», sagte der Astana-Captain. Gestohlen wäre sein Sieg aber nicht, obwohl mit Chris Froome (Brüche an den Händen) und Alberto Contador (Schienbeinbruch) seine wahrscheinlich grössten Widersacher verletzt aufgeben mussten. «Es tut mir leid für die beiden, aber ich habe bereits in der ersten Woche gezeigt, dass ich super vorbereitet bin.»
Nibali hat nicht nur die Gegner im Rennen im Griff. Auch neben dem Rad wirkt er überlegt und ruhig. «So bin ich», antwortete er auf eine entsprechende Frage, «meine Ruhe gibt mir Sicherheit.» In den ersten beiden Wochen der Tour zeigte Nibali keine Schwächen. «Es tut mir leid für Froome und Contador, aber ich habe in der ersten Woche gezeigt, dass ich super vorbereitet bin.»
Die bisher schwierigste sei die zweite Alpenetappe hinauf nach Risoul gewesen. «Da hatte ich ein paar heikle Momente zu überstehen.» Das Teilstück schloss er im 2. Rang hinter Rafal Majka (Pol) und vor allen direkten Konkurrenten in der Gesamtwertung ab. Gut für einen Tour-Leader, der nach einem erfolgreichen Tag wie diesem von einer «schwierigen» Etappe sprechen kann.
Im selben Hotel wie Astana logierte am Ruhetag auch das Schweizer IAM-Team, das am Vortag im Süden Frankreichs durch Martin Elmigers abenteuerliche 220-km-Flucht und den 2. Etappenrang von Heinrich Haussler auf sich aufmerksam gemacht hatte. So im Fokus wie am Vortag stand das Team von Besitzer Michel Thétaz nicht. Obwohl es knapp nicht für den ersten Etappensieg gereicht hatte, zeigten sich Elmiger und Co. entspannt und zufrieden über das dramatische Rennen nach Nîmes. «Mit dem gestrigen Tag konnten wir die zweite Woche gut abschliessen», fasste Elmiger zusammen
Trotzdem war gerade der Zuger nach den Strapazen des Vortags froh über den Ruhetag. Die Bilder seiner Flucht seien die ganze Nacht wieder hochgekommen. «Es hat schon geschmerzt, aber an der Tour wird einem halt nichts geschenkt. Es ist erstaunlich, dass ich und Jack Bauer überhaupt so weit gekommen sind», so Elmiger zum Ausreissversuch mit seinem Fluchtkollegen. Als er gegen den Morgen endlich schlafen konnte, wurde Elmiger in der Früh von Doping-Kontrolleuren geweckt. «Das gehört halt auch dazu.» (si/qae)