Lara Gut-Behrami gewinnt den ersten von zwei Weltcup-Super-G in St.Moritz. Die Tessinerin siegt vor der Italienerin Sofia Goggia, die vor einer Woche in Lake Louise noch die Nase vorn gehabt hat.
Gut-Behrami fühlt sich wieder gesund. Die hartnäckige Erkältung, die sie während drei Wochen geschwächt hat, ist abgeklungen. Und ohne gesundheitliche Probleme ist die Tessinerin wieder das, was sie schon zuvor gewesen ist: die gegenwärtig beste Super-G-Fahrerin mit ungeheurer Konstanz und beeindruckendem Leistungsausweis. In den letzten sieben Weltcup-Rennen in ihrer Lieblingsdisziplin hat sie fünfmal gewonnen und ist sie zweimal Zweite geworden. Dazu hat sie im Februar in Cortina d'Ampezzo WM-Gold geholt und sich im letzten Winter auch den Sieg in der Weltcup-Wertung gesichert.
Die Klasse von Gut-Behrami kommt noch mehr zum Tragen, wenn die Bedingungen wie am Samstag auf der Corviglia-Piste besonders anspruchsvoll sind, wenn etwa eingeschränkte Sicht die Aufgabe zusätzlich erschwert. Dann ist sie in besonderem Mass dominant, dann kann nur eine Goggia in Hochform mithalten.
Im Duell gegen die Italienerin gaben 18 Hundertstel den Ausschlag zugunsten der Schweizerin. In Kanada hatte sie sich – körperlich noch nicht auf der Höhe – der Dominatorin des Speed-Auftakts noch um 11 Hundertstel geschlagen geben müssen. So knapp es zwischen den beiden Überfliegerinnen erneut zu und her ging, so gross war diesmal die zeitliche Lücke zu den Nächstbesten. Die Amerikanerin Mikaela Shiffrin büsste als Dritte schon 1,18 Sekunden auf Gut-Behrami ein.
Mit ihrem ersten Sieg im Olympia-Winter hat Gut-Behrami ihrer umfangreichen Geschichte in St.Moritz ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Mit dem Weltkurort im Engadin hat sie seit ihrem Einstieg in den Weltcup-Zirkus eine besondere Bande. Da kommen Erinnerungen auf an das 16-jährige Mädchen, das in seiner ersten Weltcup-Abfahrt trotz eines Sturzes kurz vor dem Ziel Dritte geworden ist und das zehn Monate später im Super-G ihren ersten grossen Sieg errungen hat. Da ist aber auch das schlimme Erlebnis mit dem Sturz beim Einfahren für den Kombinations-Slalom an der WM 2017, mit einem Kreuzbandriss und Meniskusschaden im linken Knie als Folge.
Der dritte Sieg von Gut-Behrami in St.Moritz – vor bald sieben Jahren hat sie auch eine Abfahrt gewonnen – hat auch statistische Bedeutung. Mit 17 Siegen im Super-G, ihrem 33. insgesamt, ist sie nunmehr mit der Österreicherin Renate Götschl die Nummer 2 in dieser Statistik. Besser steht einzig Lindsey Vonn da. Die Amerikanerin hat 28 ihrer 82 Weltcup-Siege in der Sparte Super-G eingefahren.
Am Samstag schafften zwei weitere Schweizerinnen den Sprung in die ersten zehn. Wendy Holdener wurde Siebte, Jasmine Flury Zehnte. Die Schwyzerin, die in Weltcup-Super-G erst dreimal besser platziert war, bewies, dass nach einer durch die Frakturen an beiden Händen beeinträchtigten Saisonvorbereitung neben der Form auch das Selbstvertrauen zurück ist. «Ich konnte mich bei den schwierigen Bedingungen überwinden. Das war mir wichtig.»
Jasmine Flury, vor vier Jahren unerwartete Siegerin in St.Moritz, klassierte sich so weit vorne in einem Super-G wie seit mehr als zweieinhalb Jahren nicht mehr, als sie beim Saisonfinale in Soldeu in Andorra Sechste geworden war.
Erfreulich war auch das Abschneiden von Noémie Kolly. Die mit der Nummer 51 gestartete Freiburgerin, die den vorletzten Winter wegen eines Kreuzbandrisses komplett verpasst hatte, sicherte sich als Siebzehnte, knapp hinter Michelle Gisin und Joana Hählen, zum zweiten Mal in einem Super-G Weltcup-Punkte. Sie liess unter anderen die enttäuschende Corinne Suter hinter sich. Die WM-Zweite wurde mit fast drei Sekunden Rückstand Einundzwanzigste. (dab/sda)