Noch überhaupt nie haben die Kicker von Ermis Aradippou die zyprische Meisterschaft gewonnen, und mit dem Gastspiel in Bern steht für die Hafenstädter eine Première an: Sie spielen erstmals auf europäischem Parkett. Ein unbeschriebenes Blatt – auch für Sie? Wir leisten Aufklärungsarbeit.
Trotz bescheidenem Budget: Spieler aus elf verschiedenen Ländern stehen beim Klub aus einer Stadtrandsiedlung von Larnaka unter Vertrag. Darunter auch der Brasilianer Paulinho. Klingelt's? Sollte es nicht, beim Ermis-Kicker handelt es sich nämlich um den ungleich weniger berühmten Namensvetter des Mittelfeld-Punchers der Tottenham Hotspurs. Ach so, und von wegen elf Länder: Wie ist es eigentlich zu werten, dass der portugiesische Linksverteidiger João Pedro dos Santos Gonçalves auch «China» gerufen wird?
Man kennt das ja: Eine höherdotierte Mannschaft tut sich gegen einen auf allen Ebenen unterlegenen Gegner lange schwer mit dem Toreschiessen. Viele Chancen, aber da will einfach keiner rein. Dann aber, in der 84. Minute, kommt der Underdog mittels Konter zu seiner einzigen Chance, und ... Fertig Horror-Szenario. Darum: Aufgepasst, liebe Young Boys, wenn Luis Morán etwas Raum vorfindet. Der ehemalige spanische U16-Natispieler verfügt da auf seinem rechten Flügel über tödliche Waffen.
Auf Zypern ist das Abfackeln von Pyrotechnik noch ein entspanntes Spiel mit dem Feuer – im Wortsinne und nicht sprichwörtlich zu verstehen. Wer sich obiges Video anschaut, kommt jedenfalls zum Schluss: Brennt in Aradippou ein bengalisches Feuer, eilt nicht gleich ein schäumender Sicherheitschef herbei und die Chance, dass ein übereifriger Staatsanwalt sich des Internetprangers behilft, scheint (mutmasslich) auch eher gering.
Die Zyprer wissen, wie Überraschen geht. Als Aufsteiger erreichten sie in der letzten Meisterschaft den 4. Rang und stiessen bis in den Cupfinal vor. Das allein muss den Bernern Warnung genug sein.
«Ja, bist ein Braver, du!» Tätschel, Tätschel für einen Spieler, etwa nach einem Eckball: Im Municipal-Stadion zu Aradippou wird noch Fussball zum Anfassen gespielt. Im ruralen Kleinstadion mit Challenge-League-Charme haben 2000 Fans Platz. Oder 4500. Oder irgendwas dazwischen. Dass das keiner so genau zu wissen scheint, macht es nur noch sympathischer.