Er hat zwei Menschen auf dem Gewissen und wird US-Präsident, ohne je eine Wahl gewonnen zu haben: In der erfolgreichen TV-Serie «House of Cards» spielt Kevin Spacey einen skrupellosen Machtmenschen.
Ende Februar beginnt die dritte Staffel und läuft als Erstes beim Bezahlsender sky. Die amerikanische Politikwissenschaftlerin Wendy Schiller von der Brown University in Providence, Rhode Island, analysiert, ob eine Karriere wie die von Frank Underwood und seiner Frau Claire tatsächlich möglich wäre.
Frau Schiller, für wie realistisch halten Sie «House Of Cards»
Wendy Schiller: Ich bin da hin- und hergerissen. Als Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus hat Frank Underwood viele Deals ausgehandelt, um für bestimmte Gesetze genügend Stimmen zu bekommen – so funktioniert das tatsächlich in der US-Politik. Glaubwürdig ist es auch, wie sich Frank und seine Frau Claire Underwood gegenseitig bedingungslos unterstützen auf dem Weg nach oben – schauen Sie sich Bill und Hillary Clinton an, die haben das genauso gemacht und sind ähnlich machtbewusst.
Und was halten Sie für weniger glaubwürdig?
Ich glaube, es wäre in der Realität schwer, den Vizepräsidenten und schliesslich auch den Präsidenten mit fingierten Skandalen aus dem Amt zu jagen, um dann selbst nachrücken zu können. In Wahrheit wären einem wohl die Medien auf die Schliche gekommen.
Auf dem Weg nach ganz oben hat Underwood nicht eine Wahl gewinnen müssen. Kann man so in einer Demokratie tatsächlich zum mächtigsten Mann aufsteigen?
Ja, als Richard Nixon 1974 wegen des Watergate-Skandals zurücktreten musste, rückte sein Vize Gerald Ford nach – ohne Wählervotum. Er hat sich dann zwei Jahre später zur Wiederwahl gestellt, verlor jedoch gegen Jimmy Carter.
In der Serie erledigt Doug Stamper, ein Mitarbeiter Underwoods, alle Drecksarbeit. Gibt es solche Typen tatsächlich?
Jeder erfolgreiche Politiker verfügt in seinem Team über loyale Helfer, die ihn von Beginn seiner Karriere an begleiten. Ich glaube tatsächlich, dass diese Mitarbeiter einiges für ihre Chefs tun. Dazu zählt auch, bestimmte Dinge zu vertuschen, manchmal vielleicht sogar im Graubereich der Kriminalität. Ich weiss aber von keinem Helfer, der für seinen Boss jemanden umgebracht hat.
Underwood hat zwei Morde begangen. Glauben Sie, dass es möglich ist, mit dem schlechten Gewissen eines Mörders ein guter Politiker zu sein?
Ich denke, dass ambitionierte Politiker sich erfolgreich einreden können, dass alles, was sie getan haben, der richtigen Sache diente. Nixon hat in seinem berühmten Interview mit dem Journalisten David Frost gesagt: «When the president does it, that means it is not illegal.» Sprich: Egal, was der Präsident tut, es ist immer legal. Ich weiss nicht, ob Nixon hier auch Mord meinte, aber sobald Politiker sehr von sich und ihrer Agenda überzeugt sind, besteht auch die Möglichkeit, dass sie zu weit gehen.
Hoffen Sie, dass Underwood in der dritten Staffel fällt? Oder drücken Sie ihm und seiner Frau Claire die Daumen?
Ich wünsche mir schon, dass sie Erfolg haben, und ich glaube, das geht vielen Zuschauern so. Eigentlich ist das ja ungewöhnlich, weil sich die beiden so unmoralisch verhalten und ihr Hunger nach Macht erschreckend ist.