Sie sind das Friedenssymbol schlechthin: Weisse Tauben. An den Olympischen Spielen ist das Freilassen dieser Vögel während der Eröffnungsfeier zur Tradition geworden. In Seoul sollte es allerdings zum letzten Mal geschehen.
Alles ist in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul bereit für ein grosses Fest. Die Olympia-Hymne schallt durch das Stadion, die olympische Flagge wird gehisst und 1200 Tauben steigen in die Luft.
Die koreanischen Staffelläufer Chong Son Man, Son Mijong und Kim Won Tak übernehmen die olympische Fackel und fahren mit einem Lift in die Höhe, um das Feuer zu entzünden. Dabei denkt allerdings niemand mehr an die zuvor freigelassenen Tauben, die es sich in der Schale des olympischen Feuers bequem gemacht haben.
Das Feuer wird entzündet und es kommt, wie es kommen muss. Einige der Tauben schaffen es nicht mehr, wegzufliegen und kommen im Flammen-Inferno um. Kein Zeichen des Friedens. «Sie wurden lebendig verbrannt», erinnert sich IOC-Präsident Jacques Rogge Jahre später mit Schaudern.
Tierschutzverbände reagieren entrüstet und vier Jahre später in Barcelona wurden die Tauben erst freigelassen, als das Feuer bereits im Stadion flackerte. An späteren Olympischen Spielen wird das Federvieh nur noch in Choreographien oder Bildern dargestellt, der Taubenbrauch versandet.
Immerhin wird 1988 in Seoul in der Disziplin Tontaubenschiessen bereits auf Attrappen geschossen. Im Jahr 1900 war das nämlich noch anders, damals wurden noch echte Tauben vom Himmel geholt.