Die neue Rechte will bei den kommenden Wahlen für das europäische Parlament den Durchbruch schaffen. Eifrig werden Allianzen zu diesem Zweck gegründet: Lega-Chef Matteo Salvini trifft sich mit Ungarns Premier Viktor Orban. Heinz-Christian Strache, der Chef der österreichischen Rechtsaussenpartei FPÖ, pilgert ebenfalls nach Budapest.
Auch ein Amerikaner glaubt, dass seine Stunde gekommen sei: Steve Bannon. Der ehemalige Wahlkampfmanager und kurzzeitige Chefstratege Trumps sieht sich in der Rolle eines Heilsbringers der europäischen Rechten.
«Im Vorfeld der europäischen Wahlen versucht Bannon, sich als Hohenpriester des Populismus zu etablieren», schreibt die «Financial Times». «Er will die Nationalisten zu einer einheitlichen Opposition gegen Immigration, progressive Werte und die EU zusammenschweissen.»
Bannon ist überzeugt, dass die jüdisch-christlichen Werte von der Achse China-Persien-Türkei bedroht sind. Den neuen Barbaren und Moslems aus dem Morgenland will er daher mit einer rechtsradikalen Front die Stirn bieten und so das Abendland vor dem Untergang bewahren.
Eine Bewegung braucht geschulte Kader. Das sieht auch Bannon so. Deshalb hat er in der Nähe von Rom die Klosteranlage Trisulti gepachtet. Das Kloster gehört dem italienischen Staat, ist aber seit Jahren unbewohnt.
Bannon ist es gelungen, über den Umweg eines erzkatholischen Vereins namens Dignitatis Humanae Institute, das Kloster für die Dauer von 19 Jahren zu mieten. Vorsitzender dieses Vereins ist der Engländer Benjamin Harnwell. Dabei soll es sich jedoch um einen Strohmann handeln. Der starke Mann im Hintergrund ist neben Bannon der ultrakonservative US-Kardinal Raymond Burke.
Was verspricht sich Bannon von seiner Akademie? «Komm in ein paar Jahren zurück und du wirst rund 100 Studenten und 20 bis 25 Lehrer sehen», sagt er gegenüber einer Reporterin der «Financial Times». «Ein paar von ihnen werden ihren Kurs bereits abgeschlossen haben und in den Medien, in politischen Kampagnen oder als leitende Angestellte in der Regierung tätig sein.»
Bannon hat sehr konkrete Vorbilder: Beatrix von Storch von der AfD beispielsweise oder Shooting Star der österreichischen Politik, Kanzler Sebastian Kurz. Auch Marion Maréchal, die heissblütige Enkelin von Jean-Marie Le Pen, ist ein Vorbild. An Interessenten für die Akademie scheint es nicht zu mangeln. Mehrere hundert Anmeldungen aus allen Teilen der Welt sollen bereits eingetroffen sein.
Man muss nicht katholisch sein, um in Bannons Akademie aufgenommen zu werden. «Wir wollen Kandidaten, die den Populismus und den wirtschaftlichen Nationalismus unterstützen», so Bannon. «Ich kann mir schwer vorstellen, dass Marxisten den Weg hierher finden.»
Das Kloster Trisulti soll kein einsamer Fels in der sozialistisch-muslimischen Brandung sein. Bannon will ein globales Netzwerk aufziehen. So strebt ihm eine Zusammenarbeit mit dem Institute of Social, Economic and Political Sciences in Lyon vor. Es wird geleitet von Marion Maréchal. Ebenso steht eine Koordination mit der rechtskonservativen School for Political Education in Mailand zur Diskussion.
Hochrangige Dozenten sollen regelmässig in Trisulti auftreten. Nebst Kardinal Burke denkt Bannon an Olavo de Carvalho, der Guru des rechtsextremen Präsidenten Brasiliens Jair Bolsonaro. Carvalho ist ein glühender Antikommunist, hat Zweifel an Darwins Evolutionstheorie und ist überzeugt, die Inquisition sei ein Hirngespinst der Protestanten.
Und wer soll das bezahlen? Bannon hofft zwar auf Spenden von reichen Gönnern. Vorläufig aber finanziere er das Projekt aus dem eigenen Sack, «und zwar zu 100 Prozent», wie er betont. Die Verbindungen zu seinen einstigen Mäzenen, der Mercer-Familie, sind gekappt. Zudem würde diese mehr zu libertärem denn zu katholischem Gedankengut neigen, so Bannon.
Bannon glaubt jedoch, bereits eine weitere Mäzenin an der Angel zu haben: die ehemalige deutsche Skandalnudel und Adlige Gloria von Thurn und Taxis. Sie soll ihm ein Schloss in Deutschland für eine zweite Akademie angeboten haben.
Zwischen Bannons Vision und der Wirklichkeit bestehen, milde ausgedrückt, leichte Diskrepanzen. Die europäische Rechte hat nicht wirklich auf ihn gewartet, zumal seine Botschaft alles andere als originell ist.
So erklärt etwa Jan-Werner Müller, Professor an der Princeton University: «Ich bezweifle, dass es Geheimrezepte gibt, die nur Bannon kennt. Die Orbans und Salvinis sind durchaus in der Lage, ohne Hilfe von einem amerikanischen Populismus-Genie an die Macht zu kommen.»
Auch in der Praxis stösst Bannon auf Widerstand. Die örtliche Bevölkerung ist alles andere als begeistert von der Umwandlung des Klosters in eine faschistoide Kaderschmiede und protestiert dagegen. Inzwischen ist auch das italienische Parlament misstrauisch geworden und will den Pachtvertrag wegen Zweckentfremdung wieder auflösen.
Selbst Bannons Hardcore-Fans werden skeptisch. Die «Weltwoche», die Bannon einst in den höchsten Tönen gefeiert und nach Zürich eingeladen hat, geht auf Distanz. Anlass dazu ist ein ebenso hochtrabendes Projekt, das Bannon in Brüssel lanciert hat. Zusammen mit einem gewissen Mischaël Modrikamen hat er The Movement gegründet, eine Art Internationale der Nationalisten.
The Movement hätte zum Dreh- und Angelpunkt der Nationalisten auf Brüssel werden sollen. Ausser Spesen ist jedoch nichts gewesen. «Rastlos reist Trumps ehemaliger Einflüsterer durch die Weltgeschichte», jammerte die «Weltwoche» kürzlich. «(…) Doch mit welchem Nutzen? Vermag er damit auch nur eine einzige Stimme für das Lager der Populisten zu mobilisieren, die lokale Matadore nicht hätten selber gewinnen können?»
Orientierungslos verneint Sie sogar wissenschaftliche Zusammenhänge.
Auf die Dauer funktioniert das nicht.