Die Kommunal- und Europawahlen werden in England zu einem Triumph der UK Independence Party (Ukip) von Nigel Farage, einer Art SVP auf Stelzen. Wie Christoph Blocher bei uns, setzt Farage auf das Feindbild Brüssel und verlangt einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Warum er damit auf der Insel so gut ankommt, erklärt Stephen Fidler im «Wall Street Journal»
Die ehemalige Weltmacht Grossbritannien hat die meisten globalen Institutionen massgeblich mit geprägt, von der UN über den Internationalen Währungsfonds bis zur Welthandelsorganisation. Bei der EU hingegen sind die Briten stets aussen vor geblieben. Dort geben bis heute Deutschland und Frankreich vor, wo es lang geht.
Erst in den späten 1960er Jahren wollten die Briten der damaligen EWG beitreten. Zunächst jedoch wollte der französische Präsident Charles de Gaulle davon nichts wissen. 1967 sagte er zunächst «No». Die Engländer waren zu Recht tief beleidigt. De Gaulle hatte seine Kriegsjahre im Exil auf der Insel verbracht.
Erst 1973 traten die Briten der EU bei. Damals war der konservative Premierminister Edward Heath an der Macht. Die sozialistische Labour Partei hingegen war gegenüber der EU äusserst skeptisch eingestellt. 1983 war ein Austritt aus der EU sogar ein zentraler Teil des Labour-Wahlmanifestes. Sie verloren damit haushoch.
Mit Margaret Thatcher wurde Anti-EU-Politik auch bei den Konservativen salonfähig. In ihrer 11-jährigen Amtszeit verlor die eiserne Lady wegen ihrer harten Haltung gegenüber Brüssel drei bedeutende Minister: Michael Heseltine, Nigel Lawson und Geoffrey Howe. Die Rücktrittsrede von Howe gilt heute als Anfang von Thatchers politischem Ende.
Nach dem Zerfall des Bretton Woods System war auch das britische Pfund Mitglied der europäischen Währungsschlange EMS. Dabei waren alle Währungen in einem engen Band an die D-Mark gebunden. Dann kam der 16. September 1992. An diesem «schwarzen Mittwoch» sprengte der Financier George Soros die Bank of England und liess auch das EMS in die Luft fliegen. Für die Briten war dies politisch ein Schmach und wirtschaftlich ein Segen. Das Pfund wurde massiv abgewertet, die Wirtschaft boomte und London wollte nie mehr etwas von der Einheitswährung Euro wissen.
Die konservative Partei ist inzwischen zu einer Bastion der EU-Gegner geworden. Trotzdem stehen sie unter grossen Druck der noch weit extremeren und populistischen Ukip. Im Dezember griff Premierminister David Cameron daher tief in die Trickkiste. Er versprach, er werde bei einer allfälligen Wiederwahl spätestens 2017 eine Volkswahl zum Weiterverbleib Grossbritanniens durchzuführen. Das Versprechen hat sich als Fehlschlag erwiesen. Die Ukip ist weiter auf dem Vormarsch – und könnte Cameron nächstes Jahr die Wiederwahl vermasseln.