Vielleicht ist das Schmierentheater um Donald Trump ja bloss ein gigantischer Witz. Im Vorfeld von Präsidentschaftswahlen gönnen sich die Amerikaner immer wieder Kandidaten, bei denen die Grenzen zum Wahnsinn unscharf werden. Herman Cain kommt einem etwa in den Sinn, der schwarze Kandidat der Republikaner, der 2012 ebenfalls einst die Umfrageliste anführte; oder Mike Huckabee, der Bassgitarre spielende Prediger aus dem Süden.
Doch selbst als eingeschworener Jon Stewart-Fan mag man irgendwie nicht so richtig lachen, wenn jetzt der Immobilien-Tycoon mit der etwas speziellen Frisur die mit Abstand besten Umfragewerte der republikanischen Kandidaten erzielt. Seine unverblümt rassistischen Aussagen, sein grenzenloser Narzissmus und seine schamlose Verachtung selbst für die eigenen Parteifreunde sind schlicht widerlich. Sie sind auch ein Symptom dafür, dass etwas sehr faul geworden ist im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Ehemalige Fans der USA beginnen, sich abzuwenden, so etwa der britische Komiker John Cleese (Monty Python, Fawlty Towers). In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» erklärte er kürzlich: «Das Land funktioniert nicht mehr. Mich erschüttert auch die Ungleichheit zwischen den Reichen und den nicht so Reichen. Das war früher anders.»
Die Wohlstandsunterschiede in der Vereinigten Staaten bereiten längst nicht mehr nur Moralisten Bauchweh. Auch Ökonomen und Politologen machen sich Sorgen. Krasse Wohlstandsunterschiede lassen jedes System instabil werden, auch ein demokratisches. Eine superreiche, feudale Elite war mit ein Grund für den Ersten Weltkrieg; und Thomas Piketty hat in seinem Bestseller «Das Kapital im 21. Jahrhundert» aufgezeigt, dass die USA sich den Verhältnissen der Belle Epoque annähern, ja sie bald noch übertreffen werden.
Die Digitalisierung der Wirtschaft ist im Begriff, die Reichtumsunterschiede in bisher unbekannte Dimensionen zu hieven. In seinem Buch «Rise of Robots» entwirft Martin Ford ein Szenario eines neuen Geldadels. Es sieht wie folgt aus: «In einem perversen Prozess der kreativen Zerstörung werden die Massenindustrien durch neue Industrien ersetzt, die sich gezielt an die Bedürfnisse der Superreichen wenden. Die grosse Masse des Mittelstandes wird de facto enteignet. Wirtschaftlicher Aufstieg wird inexistent sein. Die Plutokratie wird sich in geschützte Quartiere zurückziehen, bewacht von Robotern und Dronen. Mit anderen Worten: Wir werden die Rückkehr eines Feudalsystems erleben, wie es im Mittelalter üblich war.»
Das krasse Wohlstandsgefälle hat in der amerikanischen Geschichte schon öfters zur seltsamen politischen Blüten geführt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges erwogen republikanische Senatoren ernsthaft, Charles Lindbergh als Gegenkandidat von Franklin Roosevelt ins Rennen zu schicken. In Umfragen erzielte der Luftfahrtpionier hervorragende Werte, obwohl er ein erklärter Anti-Semit und Nazi-Sympathisant war. Erst der japanische Angriff auf Pearl Harbour setzte dem Spuk ein Ende.
Der Hype um Donald Trump ist ein neuer Höhepunkt in der immer abstruser und unverantwortlicher werdenden Politik der Republikaner. Die wenigen halbwegs vernünftigen Kandidaten wie John Kasich und ja, auch Jeb Bush, drohen, im Medienrummel unter zu gehen. Wie absurd die Lage im republikanischen Lager geworden ist, zeigt folgende Begebenheit. Im Streit zwischen Trump und John McCain über die Kriegshelden-Frage trat eine Schlichterin auf den Plan, die bisher ebenfalls als prominente Vertreterin des konservativen Gruselkabinetts gegolten hat: Sarah Palin.