Wirtschaftsvertreter haben aus Sicht des Vereins LobbyControl immer noch zu starken Einfluss auf politische Entscheidungen auf EU-Ebene. Der Verein zog am Montag eine Bilanz nach fünf Jahren Amtszeit von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und lobte einige Verbesserungen. Aber: «Die Regeln reichen weiterhin nicht aus.»
Denn der Einfluss von Konzernen auf EU-Ebene ist aus Sicht von LobbyControl immer noch zu gross. «Teilweise können sie Gesetze und politische Prozesse regelrecht kapern», kritisierte Verbandsgeschäftsführerin Imke Dierssen.
Von den 25'000 Lobbyisten mit einem Budget von 1.5 Milliarden Euro auf EU-Ebene verträten zwei Drittel die Interessen von Unternehmen, schreibt der Verein.
Laut Dierssen gab es in den vergangenen Jahren aber auch Fortschritte. So etwa begrüsst LobbyControl Junckers Vorstoss, wonach sich Mitglieder der EU-Kommission, ihrer Kabinette und die Generalsekretäre seit Ende 2014 nur noch mit Organisationen oder Konzernen treffen dürften, die in einem freiwilligen Transparenzregister stehen.
Diese Treffen müssen laut Bericht veröffentlicht werden. Das habe das Register gestärkt, befinden die Autoren. Der Verein fordert aber, dass die Registrierung rechtlich verpflichtend wird.
Zudem sollte die Regelung für alle EU-Institutionen gelten - so auch für den Rat der EU-Staaten, dem Gremium der Mitgliedstaaten, der aus Sicht der Autoren in Sachen Transparenz noch am meisten zu tun hat. Über den Rat könnten die Regierungen der EU-Staaten immer wieder die Interessen der heimischen Industrie durchboxen, moniert der Verein. Deutschland zum Beispiel habe Abgastests und Steuerregeln verwässert oder verzögert.
Bisher schliesst das Transparenzregister nur EU-Kommission und EU-Parlament ein. Die EU-Institutionen verhandeln seit Jahren über ein verpflichtendes Register aller Organe.
LobbyControl wertete nach eigenen Angaben die Treffen von 22 der 28 EU-Kommissare aus. Gut jeder Dritte traf sich demnach zu über 70 Prozent mit Wirtschaftsvertretern. Bei weiteren sieben Kommissaren habe der Anteil bei mehr als 50 Prozent gelegen.
Die EU-Institutionen müssten «die privilegierten Zugänge der Unternehmen beenden», heisst es im Bericht. «Die EU muss auch denjenigen Gehör verschaffen, die sich keine teure Lobbyvertretung in Brüssel leisten können.»
Die Autoren betonen aber: Die EU sei bei Transparenz und ethischen Regeln für Lobbyismus ein gutes Stück weiter wie etwa Deutschland, wo es keine Informationen über Treffen von Politikern mit Lobbyisten gebe. (aeg/sda/dpa)