Vor einer Woche gab Fox News bekannt, dass der Business-Moderator Lou Dobbs ab sofort nicht mehr am Bildschirm erscheinen wird. Die Ankündigung kam überraschend. Dobbs' Sendung hatte die höchsten Einschaltquoten in seinem Publikumssegment, und es ist eher ungewöhnlich, dass man sein bestes Pferd nicht mehr aus dem Stall lässt.
Weniger überraschend ist die Ankündigung, wenn man bedenkt, dass Smartmatic eine 2,7-Milliarden-Dollar-Klage gegen Fox News eingereicht hat. Der TV-Sender wird beschuldigt, dem Tech-Unternehmen schweren Schaden zugefügt zu haben. Dabei geht es um die Lüge, wonach mit der Software von Smartmatic die Wahlen zu Ungunsten von Donald Trump verfälscht worden seien.
Lou Dobbs war ein vehementer Verfechter dieser These. Generell hatte sich der in die Jahre gekommene Kommentator mit Haut und Haar Trump verschrieben. Ein enger Freund von ihm gab gegenüber der «Washington Post» zu Protokoll: «Es ist ihm egal, wenn er als ‹Trump TV› bezeichnet wird. Er ist am Ende seiner Karriere und tut, was ihm passt.»
Ist die Kaltstellung von Dobbs ein Zeichen dafür, dass Fox News einsichtig wird und die schlimmsten Exzesse seiner Moderatoren in den Griff bekommen will? Nicht wirklich. Gleichzeitig hat die Geschäftsleitung nämlich verkündet, den Meinungsanteil gegenüber den News-Sendungen auszubauen.
Als mögliche Moderatorin einer neuen Vorabend-Talkshow steht dabei ausgerechnet Maria Bartiromo zur Diskussion. Zusammen mit Jeanine «Judge» Pirro ist sie ein Trump-Groupie der übelsten Art und wird ebenfalls von Smartmatic angeklagt.
Und das ist nur der zweite Anzug bei Fox News. Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham, die eigentlichen Stars des Senders, haben gar noch einen Zacken zugelegt. Täglich bashen sie die Kollegen der Mainstream-Medien, prügeln auf den angeblich dementen Präsidenten Joe Biden ein, beschwören eine sich entwickelnde sozialistische Dystopie der Demokraten herauf und warnen, dass die Tech-Oligarchen bald das Land beherrschen werden.
Der Impeachment-Prozess wurde von Fox News weitgehend ignoriert, da er angeblich verfassungswidrig sei. Doch angesichts der eindrücklichen Gewalt-Videos, die erstmals zu sehen waren, stellt sich auch die Frage, die der renommierte Historiker Max Boot in der «Washington Post» wie folgt formuliert:
In der «New York Times» zitiert derweil Kolumnist Nicholas Kristof den Präsidenten von Media Matters for America, Angelo Carusone, wie folgt:
Caruso spielt damit auf die Art und Weise an, wie die Kabel-Sender in den USA finanziert werden. Den grössten Teil ihrer Einnahmen erhalten sie von den Kabelgesellschaften. Bei Fox News sind diese Gebühren der wichtigste Teil des Umsatzes, weit mehr als das Werbegeschäft. Das bedeutet jedoch, dass jeder Benützer des amerikanischen Kabel-TVs Fox News jährlich mit rund 20 Dollar unterstützt, auch wenn er den Sender niemals anschaut.
Diese Art von Zwangsgebühren wollen Caruso & Co unterbinden und Fox News dort treffen, wo es am meisten weh tut, beim Geld. Diese Gebühren müssten auseinander gefädelt werden, fordert Caruso. Die Menschen sollten nur für das bezahlen, was sie auch wollen.
Auch CNN und MSNBC werden so finanziert, auch wenn sie deutlich weniger Geld von den Kabelgesellschaften erhalten. Das von Caruso vorgeschlagene Vorgehen ist daher problematisch. Fox-News-Zuschauer unterstützen ebenfalls die ihnen verhassten TV-Stationen.
Eine andere Möglichkeit, Fox News abzustrafen, sind Anzeigenboykotte. Auch wenn wichtige Inserenten gelegentlich Tucker Carlson oder Laura Ingraham meiden, ist ein solcher Boykott noch nie wirksam gewesen.
Dass der Staat Fox News zensuriert, ist unwahrscheinlich. Es gibt zwar ein Urteil des Supreme Court, das besagt, man könne die Meinungsfreiheit einschränken, falls «zu rechtswidrigen Aktionen aufgerufen» werde. Damit dieses Urteil auch angewendet werden kann, müssten Fox-News-Moderatoren direkt zu Straftaten auffordern.
Die liberalen Kommentatoren haben zudem verständlicherweise Beisshemmungen. Sie wollen auf keinen Fall die Meinungsfreiheit antasten. «Ich bin ein überzeugter Verfechter des ‹Markplatz der Ideen›, stellt Kristof fest. «Und ich denke, es gibt tatsächlich die Gefahr einer liberalen Monokultur an den Universitäten und den Medien.»
Tatsächlich wird die «New York Times» gerade in diesen Tagen von einem solchen Vorfall durchgeschüttelt. Der renommierte Reporter Donald McNeil wurde entlassen, weil er angeblich das N-Wort benutzt haben soll. Bereits vor Jahresfrist hat die Kolumnistin Bari Weiss unter Absingen wüster Lieder die Redaktion verlassen. Sie hatte sich über eine angebliche Cancel-Kultur ihrer jüngeren Kollegen beklagt.
Bei Fox News ist man zum Gegenangriff übergegangen. Tucker Carlson etwa hat gestern Abend eine Tirade gegen die liberalen Medien losgelassen. Nachdem Trump nun von Twitter und Facebook verbannt worden sei, würden die Tech-Oligarchen – allen voran Jeff Bezos, dem bekanntlich die «Washington Post» gehört – alles daran setzen, alle ihnen unangenehmen Meinungen zu unterdrücken.
Auch auf der Meinungsseite des «Wall Street Journal», einer Bastion der Konservativen, wird kräftig auf diesen Punkt gehauen. Unter dem Vorwand «Gefahr für die Demokratie» würden die Progressiven alles unternehmen, um die Konservativen mundtot zu machen, klagt Kolumnist Daniel Henninger. Er wähnt sich bereits auf dem Weg in eine Diktatur im Sinne von George Orwells «1984» und schreibt: