Wirtschaft
International

Warum immer mehr Prominente fordern: Verbietet Fox News.

This combination photo shows, from left, Tucker Carlson, host of "Tucker Carlson Tonight," Laura Ingraham, host of "The Ingraham Angle," and Sean Hannity, host of "Hannity&quo ...
Die A-Liga bei Fox News: Tucker Carlson, Laura Ingraham und Sean Hannity.Bild: AP
Analyse

Warum immer mehr Prominente fordern: Verbietet Fox News

Der konservative TV-Sender ist zu einem Lügen- und Propaganda-Instrument der Rechtsextremen verkommen. Doch wie will man ihn stoppen?
12.02.2021, 19:0213.02.2021, 17:43
Mehr «Wirtschaft»

Vor einer Woche gab Fox News bekannt, dass der Business-Moderator Lou Dobbs ab sofort nicht mehr am Bildschirm erscheinen wird. Die Ankündigung kam überraschend. Dobbs' Sendung hatte die höchsten Einschaltquoten in seinem Publikumssegment, und es ist eher ungewöhnlich, dass man sein bestes Pferd nicht mehr aus dem Stall lässt.

Weniger überraschend ist die Ankündigung, wenn man bedenkt, dass Smartmatic eine 2,7-Milliarden-Dollar-Klage gegen Fox News eingereicht hat. Der TV-Sender wird beschuldigt, dem Tech-Unternehmen schweren Schaden zugefügt zu haben. Dabei geht es um die Lüge, wonach mit der Software von Smartmatic die Wahlen zu Ungunsten von Donald Trump verfälscht worden seien.

FILE - Lou Dobbs, with Fox News, speaks at the Conservative Political Action Conference (CPAC), on Feb. 24, 2017, in Oxon Hill, Md. Fox Business Network���s ��Lou Dobbs Tonight�� has been canceled. In ...
Kaltgestellt: Fox-News-Moderator Lou Dobbs.Bild: keystone

Lou Dobbs war ein vehementer Verfechter dieser These. Generell hatte sich der in die Jahre gekommene Kommentator mit Haut und Haar Trump verschrieben. Ein enger Freund von ihm gab gegenüber der «Washington Post» zu Protokoll: «Es ist ihm egal, wenn er als ‹Trump TV› bezeichnet wird. Er ist am Ende seiner Karriere und tut, was ihm passt.»

Ist die Kaltstellung von Dobbs ein Zeichen dafür, dass Fox News einsichtig wird und die schlimmsten Exzesse seiner Moderatoren in den Griff bekommen will? Nicht wirklich. Gleichzeitig hat die Geschäftsleitung nämlich verkündet, den Meinungsanteil gegenüber den News-Sendungen auszubauen.

Als mögliche Moderatorin einer neuen Vorabend-Talkshow steht dabei ausgerechnet Maria Bartiromo zur Diskussion. Zusammen mit Jeanine «Judge» Pirro ist sie ein Trump-Groupie der übelsten Art und wird ebenfalls von Smartmatic angeklagt.

Und das ist nur der zweite Anzug bei Fox News. Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham, die eigentlichen Stars des Senders, haben gar noch einen Zacken zugelegt. Täglich bashen sie die Kollegen der Mainstream-Medien, prügeln auf den angeblich dementen Präsidenten Joe Biden ein, beschwören eine sich entwickelnde sozialistische Dystopie der Demokraten herauf und warnen, dass die Tech-Oligarchen bald das Land beherrschen werden.

Der Impeachment-Prozess wurde von Fox News weitgehend ignoriert, da er angeblich verfassungswidrig sei. Doch angesichts der eindrücklichen Gewalt-Videos, die erstmals zu sehen waren, stellt sich auch die Frage, die der renommierte Historiker Max Boot in der «Washington Post» wie folgt formuliert:

«Donald Trump wird nun der Prozess gemacht, weil er zu einem Aufstand aufgerufen hat. Aber was ist mit seinen Kollaborateuren? Fox News, Newsmax, One America News und anderen rechtsextremen Medien, die alle die Lüge, die zum Aufstand geführt hat, unablässig wiederholt haben.»

In der «New York Times» zitiert derweil Kolumnist Nicholas Kristof den Präsidenten von Media Matters for America, Angelo Carusone, wie folgt:

«Fox News ist kein News-Sender. Es ist Propaganda, angereichert mit politischem Dreck. Wenn die Leute das wollen, dann müssen sie auch dafür bezahlen.»

Caruso spielt damit auf die Art und Weise an, wie die Kabel-Sender in den USA finanziert werden. Den grössten Teil ihrer Einnahmen erhalten sie von den Kabelgesellschaften. Bei Fox News sind diese Gebühren der wichtigste Teil des Umsatzes, weit mehr als das Werbegeschäft. Das bedeutet jedoch, dass jeder Benützer des amerikanischen Kabel-TVs Fox News jährlich mit rund 20 Dollar unterstützt, auch wenn er den Sender niemals anschaut.

Diese Art von Zwangsgebühren wollen Caruso & Co unterbinden und Fox News dort treffen, wo es am meisten weh tut, beim Geld. Diese Gebühren müssten auseinander gefädelt werden, fordert Caruso. Die Menschen sollten nur für das bezahlen, was sie auch wollen.

FILE - MSNBC television anchor Rachel Maddow, host of the Rachel Maddow Show, moderates THE "Perspectives on National Security" panel on Oct. 16, 2017, in Cambridge, Mass. Maddow and Mary Tr ...
Profitiert ebenfalls von den Zwangsgebühren: MSNBC-Moderatorin Rachel Maddow.Bild: keystone

Auch CNN und MSNBC werden so finanziert, auch wenn sie deutlich weniger Geld von den Kabelgesellschaften erhalten. Das von Caruso vorgeschlagene Vorgehen ist daher problematisch. Fox-News-Zuschauer unterstützen ebenfalls die ihnen verhassten TV-Stationen.

Eine andere Möglichkeit, Fox News abzustrafen, sind Anzeigenboykotte. Auch wenn wichtige Inserenten gelegentlich Tucker Carlson oder Laura Ingraham meiden, ist ein solcher Boykott noch nie wirksam gewesen.

Dass der Staat Fox News zensuriert, ist unwahrscheinlich. Es gibt zwar ein Urteil des Supreme Court, das besagt, man könne die Meinungsfreiheit einschränken, falls «zu rechtswidrigen Aktionen aufgerufen» werde. Damit dieses Urteil auch angewendet werden kann, müssten Fox-News-Moderatoren direkt zu Straftaten auffordern.

Die liberalen Kommentatoren haben zudem verständlicherweise Beisshemmungen. Sie wollen auf keinen Fall die Meinungsfreiheit antasten. «Ich bin ein überzeugter Verfechter des ‹Markplatz der Ideen›, stellt Kristof fest. «Und ich denke, es gibt tatsächlich die Gefahr einer liberalen Monokultur an den Universitäten und den Medien.»

Tatsächlich wird die «New York Times» gerade in diesen Tagen von einem solchen Vorfall durchgeschüttelt. Der renommierte Reporter Donald McNeil wurde entlassen, weil er angeblich das N-Wort benutzt haben soll. Bereits vor Jahresfrist hat die Kolumnistin Bari Weiss unter Absingen wüster Lieder die Redaktion verlassen. Sie hatte sich über eine angebliche Cancel-Kultur ihrer jüngeren Kollegen beklagt.

Bei Fox News ist man zum Gegenangriff übergegangen. Tucker Carlson etwa hat gestern Abend eine Tirade gegen die liberalen Medien losgelassen. Nachdem Trump nun von Twitter und Facebook verbannt worden sei, würden die Tech-Oligarchen – allen voran Jeff Bezos, dem bekanntlich die «Washington Post» gehört – alles daran setzen, alle ihnen unangenehmen Meinungen zu unterdrücken.

So wettert Tucker Carlson gegen die Cancel-Kultur.Video: YouTube/Fox News

Auch auf der Meinungsseite des «Wall Street Journal», einer Bastion der Konservativen, wird kräftig auf diesen Punkt gehauen. Unter dem Vorwand «Gefahr für die Demokratie» würden die Progressiven alles unternehmen, um die Konservativen mundtot zu machen, klagt Kolumnist Daniel Henninger. Er wähnt sich bereits auf dem Weg in eine Diktatur im Sinne von George Orwells «1984» und schreibt:

«Amerikaner durchleben derzeit eine Informations-Dystopie. Für einiges sind Donald Trump, (…), Rudy Giuliani und Sidney Powell (die durchgeknallte Trump-Anwältin, Anm. d. Verf.) verantwortlich. (…) Aber weit beunruhigender sind die ehemals liberalen Intellektuellen, Journalisten und wohlhabenden Eliten in den Städten, die sich vollkommen von den normalen Menschen in diesem Land entfremdet haben.»
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
«You're hired»: So berichteten die Zeitungen über Bidens Sieg
1 / 48
«You're hired»: So berichteten die Zeitungen über Bidens Sieg
Nach vier langen Tagen war am 7. November 2020 klar: Joe Biden wird 46. Präsident der USA. Donald Trump muss sein Amt per 20. Januar 2021 abgeben. Die US-Wahlen sind vorbei. So haben die Zeitungen rund um den Globus den Machtwechsel festgehalten.
quelle: image/watson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«The Hill We Climb»
Video: extern / rest
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
87 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Bibilieli
12.02.2021 19:23registriert September 2014
FOX News zu verbieten wäre in etwa gleich wirkungsvoll wie unliebsame Bücher auf einen Index zu setzen oder den Konsum von Suchtmitteln unter Strafe zu stellen. Solche Vorschläge zeugen vor allem von einem Mangel an Bereitschaft, sich unbequemen Diskussionen zu stellen. Zum Beispiel über die Tatsache, dass sich die sozialen Spannungen nicht lösen werden, solange das wirtschaftliche Ungleichgewicht so weiterwächst.
43643
Melden
Zum Kommentar
avatar
stadtzuercher
12.02.2021 19:30registriert Dezember 2014
Und bei NYTimes werden Journalisten entlassen, weil sie Republikanische Politiker zu Wort kommen lassen. Das Problem mieser Qualität und politischer Propaganda reicht von rechten bis linken Zeitungen.
35167
Melden
Zum Kommentar
avatar
ricardo
12.02.2021 19:16registriert Februar 2014
FOX News zu verbieten, kann kaum die Lösung sein. Sein Publikum würde dann einfach zu OAN (One America News) und NewsMax wandern, sofern es sich nicht ohnehin bereits dort aufhält. Diese beiden Sender sind sogar noch extremer und halten sich erst recht nicht an Fakten. Auf der anderen Seite ist es leider so, dass selbst die grossen Networks wie ABC, CBS und NBC nicht gerade mit einem qualitativ hochstehenden Programm auffallen würden. Von den einseitig gepolten Talk Radios und den Echokammern bei Social Media ganz zu schweigen.
20217
Melden
Zum Kommentar
87
Warum die Milliardäre jetzt Trump hofieren
Mark Zuckerberg, Jeff Bezos, Wall-Street-Bankers – alle spenden und kriechen vor dem wiedergewählten Präsidenten zu Kreuze.

Mark Zuckerberg ist nicht nur kürzlich nach Mar-a-Lago gepilgert und hat dort den Ring von Donald Trump geküsst, er hat auch eine schlappe Million Dollar für dessen Inaugurationsfeier springen lassen. Da mochte Jeff Bezos nicht hinten anstehen und zog mit dem gleichen Betrag mit, wie auch Sam Altman, der CEO von OpenAI. Auch Apple-CEO Tim Cook streicht dem wiedergewählten Präsidenten Honig um den Mund, genauso wie Sundar Pichai, sein Amtskollege bei Google.

Zur Story