Was bedeutet die Geiselnahme in Sydney für die Marke Lindt?
Stefan Vogler: Eigentlich nur eine Steigerung des Bekanntheitsgrads weltweit. Das Ereignis ist natürlich tragisch, aber das Unternehmen hat exzellent reagiert.
Nämlich?
Während der Geiselnahme selbst hat sich Lindt zurückgehalten. Im Anschluss hat das Unternehmen eine Medienmitteilung verschickt, in der es Empathie zeigt und den Betroffenen Hilfe in Aussicht stellt – was nicht selbstverständlich ist. Der Konsument wird das vor allem positiv auffassen.
Bleibt nicht trotzdem ein negativer Beigeschmack, wenn man jetzt an die Marke denkt?
Lindt ist hier wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Das Unternehmen kann rein gar nichts für diesen Vorfall und das ist den Menschen auch klar. Es ist etwas anderes, wenn eine Marke direkt in einen negativen Vorfall involviert ist.
Zum Beispiel?
Wenn Ölkonzerne wie Shell oder BP eine Naturkatastrophe verursachen, dann schadet das dem Unternehmen. Das Gleiche gilt für das Unglück der Costa Concordia. So etwas fällt auf die Firma zurück. Aber im Fall des Geiseldramas in Australien reden wir von einer ganz anderen Situation.
Der gesunde Menschenverstand der Konsumenten reicht also aus, um der Marke nicht zu schaden?
Genau. Wichtig bei solchen Vorfällen ist auch die Frage «Wie war der Zustand vorher?» Bei Lindt reden wir von einer sympathischen Marke mit einem unproblematischen Produkt, aus einem neutralen Land. Lindt ist weltweit auch eine hervorragende Visitenkarte für die Schweiz.
Also stellt der Vorfall – trotz der tragischen Ereignisse – eine Art Werbung für das Unternehmen dar?
In gewisser Weise profitiert Lindt davon. Damit eine Marke erfolgreich sein kann, braucht es zwei Dinge: Bekanntheit und Profilierung. In diesem Fall wurde die Bekanntheit gesteigert und dank der Reaktion der Firmenleitung wirkt sich der Fall auch positiv auf das Markenprofil aus.
Wird das Weihnachtsgeschäft vielleicht sogar profitieren?
Auf den Absatz bezogen wird der Vorfall keine Auswirkungen haben. Wegen dieser Geschichte wird nun nicht mehr oder weniger Schokolade gekauft.
Lindt ist gerade erst vor ein paar Tagen in die Schlagzeilen geraten, als mehrere Tonnen geklauter Lindor-Kugeln in Italien aufgetaucht sind.
So eine Geschichte ist typisch für ein Premiumprodukt: Es wird geklaut, um später auf dem «Graumarkt» verkauft zu werden. Für die Hersteller ist das ein grosses Problem, aber die Meldung an sich ist auch wieder mit einem positiven Attribut verknüpft: Es zeigt, dass das Produkt beliebt ist.