Es ist bekannt: Kühe sind Dreckschleudern. Sie rülpsen und furzen – ungefähr alle 40 Sekunden. Dabei stossen die Vierbeiner, je nach Art und Haltung, täglich bis zu 500 Liter Methan aus. Ein Gas, das zu den aggressivsten Treibhausgasen überhaupt gehört. Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) entspricht der Methan-Ausstoss der Wiederkäuer in der Schweiz jährlich 2,5 Millionen Tonnen CO₂, dies sind rund 45 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen CO₂-Emissionen.
In den vergangenen Jahren geriet das Vieh und mit ihm die Landwirtschaft deshalb als Klimakiller Nummer eins arg in Verruf. Über ein Fünftel des Treibhauseffektes wird dem Methan zugeschrieben – Tendenz steigend. Schuld daran sind auch die Konsumenten. Weil die Menschen überall auf der Welt mehr und mehr Fleisch essen, steigt die Methankonzentration in der Atmosphäre stetig.
Um den Ausstoss des vom Vieh verursachten Treibhausgases zu verringern, arbeiten Forscher und Industrie daran, die Bildung von Methan im Vormagen der Wiederkäuer zu verringern.
In der Schweiz forscht insbesondere die ETH Zürich an Fütterungsmassnahmen und spezifischen Futterzusätzen für Kühe. Diese Zusätze sollen die Methanemission verringern, ohne jedoch die Verdauung der Kühe zu beeinträchtigen.
Erste Forschungsergebnisse vom Institut für Agrarwissenschaften zeigten, dass die Zugabe eines bestimmten Tanninpulvers die Methanproduktion um 30 bis 40 Prozent reduzieren kann. Es existieren aber auch Nebenwirkungen: Durch den Einsatz der Methan hemmenden Zusätze kann die Faserverdauung beeinträchtigt werden, was die Milchleistung drosselt.
Um den Schweizer Bauern den Einsatz dieser Futterzusätze dennoch schmackhaft zu machen, arbeitet die Stiftung Klimaschutz und CO₂-Kompensation, kurz Klik, mit dem Emissionsreduktions-Unternehmen South Pole Carbon zusammen. Gemeinsam entwickeln sie ein Programm zur «Methanreduktion durch spezielle Tierfütterung». Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen, soll aber im Spätsommer Gestalt annehmen.
Die Strategie sieht so aus: «Bei einer flächendeckenden Anwendung des Futtermittelzusatzes können laut unserer Schätzung mehrere hunderttausend Tonnen CO₂-Emissionen vermieden werden», sagt Florian Heeb. Diese Schätzung ist laut dem Leiter Klimaschutzprojekte bei South Pole Carbon jedoch stark davon abhängig, wie schnell und flächendeckend die Landwirtschaftsbetriebe erreicht werden können.
Das Unternehmen arbeitet dazu mit Agolin zusammen. Das Lausanner Start-Up hat einen Futtermittelzusatz entwickelt, der durch verschiedene pflanzliche Wirkstoffe, unter anderem auch Tannin, die Methanemissionen der Wiederkäuer deutlich reduziert: «Die detaillierte Wirkung dieses Futtermittelzusatzes wurde im Rahmen des EU-Forschungsprojektes ‹SMEthane› nachgewiesen», betont Heeb.
Im Rahmen einer Vorprüfung erhielt die Firma «grundsätzlich positives Feedback» vom Bafu, erklärt Heeb. «Der Prozess sollte im Spätsommer abgeschlossen sein. Dann müssen wir uns überlegen, wie wir das Produkt vertreiben und promoten.»
Dafür arbeitet das Unternehmen eng mit der Plattform Agrocleantech zusammen, «die solche Technologien pushen», wie Heeb sagt. Die Plattform vernetzt die wichtigsten Akteure aus Forschung, Industrie und Landwirtschaft im Bereich der Energiewirtschaft. Als Partner fungieren Fenaco und der Schweizerische Bauernverband.
Beim Schweizer Bauernverband gibt man sich aber noch zurückhaltend: Futtermittelzusätze müssten gezielt eingesetzt werden, sagt ein Sprecher. Zudem dürften keine Rückstände in den Lebensmitteln nachweisbar sein und die Zusätze Tier und Umwelt nicht gefährden. Beim Verband werde diese Methode zurzeit kaum diskutiert.
Grund dafür dürfte mit grosser Wahrscheinlichkeit die Finanzierung des Futtermittelzusatzes sein. Zwar kann jeder Bauer das Produkt bereits heute bestellen, muss es aber selbst berappen. Ein schlechter Deal für die Landwirte. Deshalb habe man die Zusammenarbeit mit der Stiftung Klimaschutz und CO₂-Kompensation gesucht, sagt Heeb.
Das Budget der Stiftung beträgt rund eine Milliarde Franken und speist sich aus den staatlichen verordneten CO₂-Abgaben. Wird das Programm vom Bafu validiert und durch die Stiftung finanziert, entstünden für den Bauer keine zusätzlichen Kosten. Erst dann dürfte die Reduktion des Methanausstosses für die Landwirtschaft interessant werden.
Eine weiterführende und interessante Lektüre gibt es hier.