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TTIP- oder für wie blöd halten uns Politiker?

Die neue Rechte protestiert in Zwickau gegen das geplante Freihandelsabkommen.
Die neue Rechte protestiert in Zwickau gegen das geplante Freihandelsabkommen.
Bild: EPA/DPA
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TTIP – oder für wie blöd halten uns Politiker und Ökonomen eigentlich? 

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa ist der sicherste Weg, den Westen in ein politisches Chaos zu stürzen. Deshalb muss die Übung abgebrochen werden.
03.05.2016, 12:1504.05.2016, 16:41
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Wer  derzeit auf YouTube «Russia Today» (RT) guckt, wird unschwer feststellen, dass vernichtende Berichte über das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa, TTIP genannt, ein Schwerpunktthema geworden sind. Dieselbe Erfahrung macht, wer auf Facebook die Einträge der Gruppe «Anonymous» verfolgt.  

Wo Putin-Trolls und Linke sich einig sind

RT und «Anonymous» sind Teil eines russischen Propagandafeldzuges gegen den Westen. Nebst übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge wie im Fall Lisa konzentrieren sich die Putin-Trolle derzeit auf das Freihandelsabkommen. Und wie bei der Flüchtlingshetze wissen sie genau, dass sie damit ins Schwarze treffen.  

Greenpeace-Direktorin Sylvia Borren präsentiert die geheimen Details der geplanten Freihandelsabkommen.
Greenpeace-Direktorin Sylvia Borren präsentiert die geheimen Details der geplanten Freihandelsabkommen.Bild: EPA/ANP

Freihandel ist in Verruf gekommen, dazu braucht es kein Leak von Greenpeace. Das Versprechen der Ökonomen klingt mittlerweile hohl. Anstatt mehr Wohlstand schauen für den Mittelstand unter dem Strich mehr Ungleichheit und mehr Unsicherheit heraus, anstatt sichere Jobs ein Absinken ins Prekariat.  

«Es gibt bald kein mechanisches oder physisches Ding mehr, das ein Mensch besser machen kann als ein Roboter.»
Tesla-Direktor Steve Jurveston

In den USA hat dieser Prozess bereits dramatische Ausmasse angenommen. Seit Nafta, das Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko, in Kraft ist, hat sich die Lage des weissen Mittelstandes dramatisch verschlechtert: Die Löhne stagnieren oder sinken, die Selbstmordrate ist auf einem Rekordhoch, erstmals ist die durchschnittliche Lebenserwartung rückläufig. Wer sich über den Triumphzug von Donald Trump wundert, lebt auf einem anderen Planeten: Drei Viertel seiner Fans sind überzeugt, dass das Leben in den letzten Jahrzehnten schlechter geworden ist.  

Lange war die Opposition gegen den Freihandel eine Sache von Linken und Umweltschützern. Inzwischen haben auch die neuen Rechten das Thema entdeckt. Ob Front National oder Alternative für Deutschland, ob Ungarn oder Polen: Überall prangern sie den Freihandel und den amerikanischen Kapitalismus an und stossen dabei auf immer mehr Zustimmung.  

Demonstration für das bedingungslose Grundeinkommen an der Zürcher Bahnhofstrasse. Roboter werden zu Rivalen im Kampf um Arbeitsplätze. 
Demonstration für das bedingungslose Grundeinkommen an der Zürcher Bahnhofstrasse. Roboter werden zu Rivalen im Kampf um Arbeitsplätze. Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts hatte der Freihandel seine Berechtigung. Damals spielte er sich in einem geordneten Rahmen ab. Heute ist er ausser Kontrolle geraten. Globalisierung bedeutet nun nicht mehr billigere Nahrungsmittel und bessere Smartphones, es wird übersetzt mit Steuervermeidung des neuen Geldadels und Ökodesaster.

Die Kombination Globalisierung und Digitalisierung ist eine Zeitbombe

Die negative Stimmung gegen TTIP und andere Abkommen wird sich noch verstärken, denn der technische Fortschritt richtet sich ebenfalls immer mehr gegen den Mittelstand. So berichtet die «Financial Times» von einem Investitionsboom bei Robotern. Viele Menschen würden in den nächsten zwei bis fünf Jahren in Kontakt mit Robotern geraten, warnt Steve Jurveston, Direktor bei Tesla. «Es gibt bald kein mechanisches oder physisches Ding mehr, das ein Mensch besser machen kann als ein Roboter.» 

Die Kombination Globalisierung und Digitalisierung ist eine politische Zeitbombe, und die Zündschnur brennt bereits. Die Abstiegsängste des Mittelstandes lassen sich mit der Kombination von Fremdenhass und Raubtierkapitalismus bestens instrumentalisieren. Österreich wählt möglicherweise demnächst einen faschistoiden Präsidenten. In Polen und Ungarn ist die freie Presse auf dem Rückzug, in Deutschland die AfD auf dem Vormarsch. In der Schweiz sorgen derweil die Krawallbrüder der SVP für ein politisches Klima, das immer unerträglicher wird.  

Ökonomen müssen ihre Modelle wegschmeissen

Theoretisch sorgt Freihandel für mehr Wohlstand, und die klassischen Ökonomen werden nicht müde, uns vorzurechnen, um wie viele hundert Milliarden Dollar das globale BIP wachsen und wie viele Prozentpunkte die nationalen BIPs davon profitieren würden. Kein Mensch glaubt mehr an diese Zahlen. Wenn überhaupt jemand profitiert, dann eine schmale Elite. Der grosse Rest guckt in die Röhre.

Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Ökonomen ihre Theoriebücher und ihre heiss geliebten Modelle wegwerfen und einen Blick in die Realität wagen. Dann werden sie unschwer erkennen, dass wir nicht mehr Globalisierung, sondern mehr Regionalisierung brauchen. Die weltumspannenden Supply Chains haben ausgedient, die Wirtschaft muss wieder näher zu den Menschen gebracht werden. Wenn nicht, dann gnade uns Gott!

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129 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bürgerliche wollen nur Steuergeschenke für Reich
03.05.2016 12:49registriert Mai 2015
Herr Löpfe, ich denke Sie haben nicht Unrecht. Vor 20 Jahren habe ich an der HSG studiert und war angenehm überrascht, als der VWL-Dozent die sozialen Werke wie AHV, AL etc. als wichtige Säulen des Wohlstandes eines Staates deklariert hat. Aus Angst vor dem Kommunismus hatten Kapitalisten diese Systeme installiert, damit keine sozialen Unruhen entstehen. Kaum ist die UdSSR untergegangen, wurde in allen westlichen Staaten die sozialen Errungenschaften geschwächt. Auch in der Schweiz. Die SVP und FDP allen voran. Es ist gut, dass soziale Medien die Kraft haben, Habgier-Politik zu korrigieren.
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hansa0
03.05.2016 13:05registriert November 2015
Digitalisierung und damit Globalisierung ist Tatsache - TTIP ist dabei nur ein Verteilen des Kuchens zwischen Europäischen Autos und Amerikanischem Gen-Mais. Apropos Globalisierung: Watson ist ein gutes Beispiel: die lokal gedruckten Zeitungen sind passé zugunsten von Online Medien, die mit US Handy gelesen werden, welche wiederum von Chinesen gebaut sind. Die entsprechende Online Plattform wurde wahrscheinlich von Indern programmiert. Und darauf tummeln sich die Globalisierungsgegner...!
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Bijouxly
03.05.2016 17:21registriert Dezember 2014
Die Realität ist, dass auch der Mittelstand immer weniger bezahlen will. Wenn die Güter günstiger werden sollen, hat Regionalisierung keine Chance. Der Mittelstand will die ganzen Vorteile von Globalisierung und Handelsliberalisierungen, aber niemand will die Folgen davon. Also sollten die sich lieber alle selbst mal an der Nase nehmen, ob sie wirklich so gegen Globalisierung sind und mal schauen, woher die Mango und das Spielzeug kommt!
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