Schätzungen zufolge wird sich die Anzahl der über 60-Jährigen weltweit in den nächsten 26 Jahren (bis 2050), mehr als verdoppeln. Basierend auf einer Studie von S&P (2023) über 81 Länder würde die typische Regierung ohne Reformen der Rentensysteme bis 2060 ein Defizit von 9,1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verzeichnen, verglichen mit 2,4 % im Jahr 2025. Wir leben immer länger, über ein Viertel unseres Lebens wird im Ruhestand verbracht. Aber dank medizinischem Fortschritt sind wir auch immer gesünder und könnten so auch länger arbeiten.
In Japan, dem Spitzenreiter in Sachen Lebenserwartung, ist es bereits Realität, dass ein Viertel der Pensionierten auch nach der offiziellen Pensionierung berufstätig ist. Besonders auffällig ist dies bei den 65- bis 69-Jährigen, von denen jede zweite Person noch einer Arbeit nachgeht. Bei uns in der Schweiz lag das durchschnittliche Renteneintrittsalter 2022 bei 64,8 Jahren, etwa ein Drittel der Menschen sind mit 65 Jahren beruflich aktiv (BFS), und rund 10 % üben sogar noch über das reguläre Rentenalter eine Beschäftigung aus (Statista).
Das Leben verändert sich und die Distinktion zwischen den drei Lebensabschnitten Kindheit, Berufsleben, Alter weicht sich zunehmend auf.
Eine Studie von SwissLife (2021) zeigt, dass sich fast die Hälfte der befragten 55-70-Jährigen (49 %) vorstellen können, länger zu arbeiten, oder dies bereits tun, wenn es die Gesundheit zulässt und die Arbeit wertgeschätzt wird. Gemäss der Studie arbeiten zwei Drittel der Erwerbstätigen im Rentenalter, weil sie dies gerne tun. Andere wiederum würden gerne weiterarbeiten, erhalten aber die Möglichkeit nicht.
«Ich hätte mir sehr gewünscht, mit 55 oder 57 noch einmal etwas Neues machen zu können, anstatt irgendwie in der Warteschlaufe für die Pensionierung gefangen zu sein. Gefragt habe ich, aber der Arbeitgeber hatte kein Interesse» sagt dazu meine Nachbarin, heute 66.
Im Januar 2024 erhöhte sich die Anzahl der arbeitslosen Menschen im Alter von 50-64 Jahren um 1’683 Personen (+5,6 %) auf total 31'807 (SECO).
Dabei können Menschen mit Erfahrung weiter viel geben und in Zeiten des Fachkräftemangels auch einen wertvollen Beitrag zur Produktivität und Innovation leisten. Daten zeigen schon heute, dass Start-Up-Gründer:innen im mittleren Alter um die 45 erfolgreicher sind. Mit zunehmender Gesundheit ist auch später noch viel möglich, so gibt es z.B. verschiedene Beratungen und Portale für die Karriere nach der ordentlichen Pensionierung. Selbstverständlich eignen sich nicht alle Berufe für die mögliche Weiterarbeit bis ins hohe Alter. Gemäss der Studie arbeiten v.a. Selbstständige, Landwirte, Freiberufler wie Architekten und Ärztinnen sowie Geschäftsinhaber:innen über das ordentliche Rentenalter hinaus. Egal welche neuen Horizonte man anstreben möchte, je mehr frühzeitig über die Langlebigkeit der Finanzen nachgedacht wird, desto mehr Freiheiten besitzen ältere Menschen in der Zukunft.
Weiterarbeit nach dem ordentlichen Pensionsalter, wenn es die Gesundheit und Energie zulässt, hat weitreichende Vorteile, die weit über die finanzielle Sicherung des Lebensstandards und eine mögliche ökonomische Notwendigkeit hinausgehen: Persönliche Erfüllung, Weitergabe von Erfahrung und Knowhow in Form von z.B. Mentoring oder Projektarbeit können einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten und schliesslich auch gesundheitliche Vorteile bringen. So tragen z.B. die aktive, geistige Beschäftigung und soziale Interaktion positiv zum Wohlbefinden bei.
Wenn wir, wie gerade jetzt, darüber debattieren und abstimmen, ob wir das Rentenalter anheben, dann sollten wir auch darüber diskutieren, wie wir Rahmenbedingungen schaffen können, in welchen eine Weiterarbeit und der Aufbau unserer Finanzen für ein Leben bis 100 zielführend möglich ist.
Dazu gehören die Möglichkeit für moderne Teilzeit-Arbeitsmodelle und Anbindung an Vorsorgesysteme auch mit tieferen Beträgen, Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten, aber auch Rentensysteme, welche die Weiterarbeit als auch den Berufswiedereintritt nach z.B. einer Care-Pause entsprechend unterstützen und z.B. Aufstockungen auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich machen.
Unabhängig davon, wie schnell oder langsam die Vorsorgesysteme reformiert werden, um für ein Leben bis 100 gerüstet zu sein, ist ein zukunftsorientierter Finanzplan ein Enabler der Freiheit, schafft Raum für Kreativität und Möglichkeiten zum Ausleben von Träumen, Beruflichen und Privaten.
Hier meine (evergreen) fünf Essentials für die Langlebigkeit deiner Finanzen:
Wie seht ihr das mit der Langlebigkeit der Finanzen? Könnt ihr euch vorstellen, länger als bis 65 zu arbeiten? Und wie bereitet ihr euch darauf vor?
Von meinen älteren Bekannten arbeiten die meisten im Rentenalter noch. Eine ehemalige Lehrerin gibt Flüchtlingen ehrenamtlich Deutschunterricht. Ein Chemiker berät Start-Ups. Ein Programmierer arbeitet um die 60 %, aber flexibel. Einige engagieren sich in Verwaltungsräten oder betreuen weiterhin wichtige Kunden.
Arbeiten ist kein Problem. Jeden Tag pünktlich im Büro sein zu müssen, das will man irgendwann nicht mehr.