Schweiz
Abstimmungen 2024

Parlamentarier wehren sich in offenem Brief gegen BVG-Fehlinformationen

Parlamentsmitglieder wehren sich in offenem Brief gegen BVG-Fehlinformationen

Abstimmungskämpfe werden mit harten Bandagen geführt, zuweilen wird die Wahrheit arg strapaziert. Die aktuelle Debatte über die Reform der beruflichen Vorsorge habe aber eine neue Dimension erreicht, findet eine klare Mehrheit der Ständerätinnen und Ständeräte der Sozialkommission – und wenden sich an die Öffentlichkeit.
31.08.2024, 08:16
Anna Wanner / ch media
Mehr «Schweiz»

Beispiele von allzu optimistischen, allzu negativen oder gar irreführenden Kampagnen zu Abstimmungsvorlagen gibt es viele. Zur Einführung einer 13. AHV-Rente erklärten die Initianten, eine Zusatzfinanzierung brauche es nicht. Bei Steuervorlagen verschätzen sich die Behörden teilweise um Milliardenbeträge.

Es gehört zu Abstimmungskämpfen dazu, die eigenen Argumente derart zuzuspitzen, dass sie die Wahrheit ritzen. Nun aber sind die Gegner der Pensionskassenreform zu weit gegangen - zumindest wenn man den offenen Brief der neun aktiven und früheren Mitglieder der Gesundheits- und Sozialkommission liest, welche die Reform ausgearbeitet haben.

Ein Abstimmungsplakat wirbt fuer ein Nein zur Aenderung des Bundesgesetzes ueber die Reform der beruflichen Vorsorge BVG, welche am 22. September 2024 zur Eidgenoesschen Abstimmung kommt, am Dienstag, ...
Das Argument der Gegner der Pensionskassenreform ist einfach verständlich. Zu einfach?Bild: keystone

Es gehöre zur direkten Demokratie, dass Abstimmungskämpfe «intensiv» geführt werden, schreiben Ständerätinnen und Ständeräte von SVP, FDP, Mitte und Grünen. «Was wir aktuell erleben, hat aber eine neue Dimension.» Aufreger sind die Zahlen zu den Pensionskassenrenten, welche die Gegner für die Kampagne verwenden und sich vor zwei Wochen «als offenkundig falsch und irreführend» herausstellten.

Die Gewerkschaften halten aber an der Interpretation fest, dass die Reform bei der Mehrheit der über 50-Jährigen zu einer Rentensenkung führe. Das ist genau der zweite Kritikpunkt der Sozialpolitikerinnen, wie sie im Brief schreiben: «Anstatt sich öffentlich für die Falschinformationen zu entschuldigen, stellen sie vier Wochen vor der Abstimmung die Zahlen des Bundesrats infrage. Zahlen, die sie notabene in ihren Argumentarien bis heute selbst verwenden.»

Tatsächlich hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund am Dienstag eigens zu einer Pressekonferenz eingeladen, um dem Bundesamt für Sozialversicherung bei den berechneten Beispielen Irreführung zu unterstellen. Dass es sich immer um Modellrechnungen und keine realen Rentenentwicklungen handelte, hat nie jemand bestritten - bis die Gewerkschaften das monierten.

Kommission wehrt sich gegen Vorwurf der unsorgfältigen Arbeit

Vor allem aber wehren sich die Unterstützer der Reform gegen die Behauptung der Gewerkschaften, dass heutige Rentnerinnen und Rentner negativ von der Reform betroffen sind. «Das ist nachweislich falsch», steht im offenen Brief. «Alle laufenden Renten sind gesichert. Sie bleiben unangetastet.»

Die Verwaltung wollte nicht direkt auf die Angriffe der Reformgegner reagieren. Jetzt springt ihr die Sozialkommission zur Seite. Die Vorlage sei herausfordernd, die Änderungen wirkten sich sehr individuell auf die Renten aus, und die Zusammenhänge der Massnahmen seien komplex, heisst es im Brief. Die Sozialpolitiker erklären, die BVG-Reform sei ein gutschweizerischer Kompromiss. «Kaum jemand ist restlos glücklich, aber unter dem Strich überwiegen die positiven Aspekte klar.» Dazu zählen sie eine höhere Rente für Teilzeitangestellte und tiefe Einkommen, eine stabile Finanzierung der zweiten Säule sowie bessere Chancen für ältere Erwerbstätige.

Letztlich reagieren die Sozialpolitiker auch auf einen impliziten Vorwurf der Gegner, die Auswirkungen der Reform zu wenig beachtet zu haben. Dabei haben sie in 40 Berichten und zig Sitzungen alle möglichen Modelle gerechnet, bis sie das angeblich beste gefunden haben. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
152 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Fklroo
31.08.2024 09:13registriert November 2019
Zeigt einmal mehr, dass die 2.Säule so konzipiert ist, dass kein Schwein den Durchblick hat.
Ich frage mich langsam wirklich - hat der Staat überhaupt noch die Kontrolle darüber, was die PKs mit unserem Ersparten anstellen? Ernst gemeinte Frage?

"Fragen sie ihre Pensionskasse" ja genau Frau Bundesrätin. Meine PK kann/will mir nicht mal die Berechnung, aus welcher sich der Überobl. Teil ergibt, vorlegen.
13210
Melden
Zum Kommentar
avatar
Chnebeler
31.08.2024 09:30registriert Dezember 2016
Sorry liene befürworter aber ihr seid auch nicht ehrlich.
Ich habe den Arbeitnehmerverteter meiner PK kontaktiert um konkretere Informationen zu den Auswirkungen auf unsere PK zu erhalten.
Sein kurzes Fazit ist, es ist zu viel unklar und von der Umsetzung abhängig ume eine zuverlassige Aussage zu machen.

Daher ist für mich klar, bei der PK ist viel zu viel Geld im Spiel um die Katze im Sack zu kaufen. Daher kann ich nur ein Nein einlegen.
12111
Melden
Zum Kommentar
avatar
_kokolorix
31.08.2024 09:37registriert Januar 2015
Wenn man ein System nur kompliziert genug aufgleist, dann kann niemand mehr sagen wie es reagiert, wenn man an den Stellschrauben dreht.
Das ist ein bewusst eingebautes Übel aller bürgerlichen Konstrukte. Vom Gesundheitswesen, über die Energieversorgung bis zu den Pensionskassen hat unser bürgerlich dominiertes Parlament bürokratische Monster erschaffen, in deren Verwaltung Milliarden versickern.
Ich kann nicht verstehen, dass jemand, der nicht von der Börsensause lebt, diese Schaumschläger noch wählt. Aber wer versteht schon die Menschen. Schliesslich hat putin auch eine stabile Mehrheit …
10414
Melden
Zum Kommentar
152
Effretiker Hausarzt (87) soll Partnerin getötet haben
Eine 82-jährige Frau lag am frühen Freitagmorgen in Effretikon leblos in einer Wohnung. Die Kantonspolizei Zürich geht von einem Tötungsdelikt aus. Sie nahm den Lebensgefährten der Frau fest.

Kurz nach 03.30 Uhr meldete ein 87-jähriger Mann der Einsatzzentrale von Schutz & Rettung Zürich, dass seine Lebenspartnerin nicht mehr atme. Die Polizisten und der Rettungsdienst fanden in der Wohnung eine leblose Frau, wie die Kantonspolizei Zürich am Freitag mitteilt.

Zur Story