Die Modebranche ist eine der grössten CO₂-Schleudern weltweit. Je nach Berechnungen stösst die Industrie jährlich zwischen 1,2 und 2 Milliarden Tonnen CO₂ aus. Das ist mehr als die internationale Luft- und Schifffahrt zusammen. 2,6 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs fliessen in den Baumwollanbau. Für die Produktion eines einzelnen T-Shirts braucht man durchschnittlich 2700 Liter Wasser.
Nachhaltigkeit war in der Textilbranche lange ein Fremdwort. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ging die Fashion-Produktion nur in eine Richtung: noch mehr, noch schneller, noch billiger. Doch seit etwa zehn Jahren formiert sich ein Gegentrend: Fair Fashion.
Die Nachfrage nach fair und möglichst nachhaltig produzierter Mode steigt. Die Kundschaft will wissen, wer wo und wie Kleidungsstücke produziert. Seit 2015 ist der globale Markt für ethische Kleidung um durchschnittlich 6,1 Prozent gewachsen. Bis 2025 rechnet das US-Marktforschungsinstitut «The Business Research Company» mit einer Wachstumsrate von 9,1 Prozent jährlich.
Und es sind nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten, die den Trend weiter ankurbeln. Auch Regierungen setzen verstärkt den Fokus auf eine ethische und nachhaltige Textilproduktion. In Frankreich sollen Modemarken und Geschäfte in Zukunft per Gesetz dazu verpflichtet werden, ihre Kleidungsstücke mit einem Umwelt-Score-Label zu versehen.
Je nach Umweltverträglichkeit soll das Kleidungsstück zwischen A (bester Wert) und E (schlechtester Wert) eingestuft werden. In die Bewertung fliessen neben dem CO₂-Fussabdruck, der Wasser- und Chemikalienverbrauch sowie die Recycelbarkeit ein.
Gleich geht es weiter mit der Story, aber vorab eine kurze Werbeunterbrechung:
Und nun zurück zu den Branchen, die in Zukunft nachhaltiger werden...
Und auch die EU-Kommission sagt Fast Fashion den Kampf an: Ende März 2022 legten die EU-Abgeordneten eine Strategie vor, die den Nachhaltigkeitswandel der Textilbranche massiv vorantreiben soll.
Bis 2030 sollen möglichst alle Kleidungsstücke aus recyceltem Material bestehen und frei von Mikroplastik sein. Zudem sollen Modegiganten ihre Kollektionen verringern und müssen Verantwortung für ihre Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette übernehmen. Die Chancen stehen gut, dass das EU-Strategiepapier vom Europarlament und seinen Mitgliedstaaten angenommen wird.
Sanfter Tourismus und «grüne Reisen» waren lange Nischenprodukte. Doch auch in der Reisebranche wird Nachhaltigkeit zunehmend wichtiger. Denn auch der Tourismus trägt einiges zur Klimaerwärmung bei.
Ein Hin- und Rückflug von Zürich nach New York stösst gemäss dem Klimarechner von MyClimate zwei Tonnen CO2 aus. Um den Planeten möglichst wenig zu belasten, dürfte der CO₂-Ausstoss pro Kopf aber höchstens bei 0,6 Tonnen liegen. Und zwar nicht nur beim Reisen, sondern insgesamt.
Gemäss dem Deutschen Bundesumweltamt ist der weltweite Tourismus für schätzungsweise acht Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Tendenz steigend.
Auch darum wollen immer mehr Gäste vor ihrer Buchung wissen, wie viel CO₂ ihr Trip ausstösst oder ob das Hotel, das sie beherbergt, ein sozialer Arbeitgeber ist.
Nebst den sich verändernden Wünschen der Kundschaft setzt auch die Reisebranche selbst vermehrt den Fokus auf Nachhaltigkeit. Der international tätige Schweizer Reisekonzern Hotelplan Group will laut eigenen Angaben noch mehr nachhaltige Angebote in seinem Produkteportfolio aufnehmen.
In Zukunft sollen die verursachten Emissionen einheitlich berechnet und der Kundschaft ausgewiesen werden. Noch fehlt ein internationaler Standard, der alle Elemente der touristischen Wertschöpfungskette abdeckt.
Genau an einem solchen Standard tüftelt derzeit die Nachhaltigkeitsinitiative Futouris zusammen mit dem Deutschen Institut für nachhaltigen Tourismus GmbH und weiteren Branchenakteuren. In Zukunft sollen alle Reisen mit einem Klima-Fussabdruck ausgewiesen werden können. Damit soll sich die Kundschaft vor einer Buchung über die Klima- und Sozialverträglichkeit der geplanten Ferien informieren.
In einer gross angelegten Studie identifizierte bei 24'055 befragten Personen die Buchungsplattform Booking.com Reisetrends. Die Hälfte der Befragten gab an, dass ihnen bei Reisen wichtig sei, dass ihr ausgegebenes Geld in die lokale Gemeinschaft zurückfliesst.
In einer Umfrage der Online-Plattform «Statista» zum Buchungs- und Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung, gaben 28 Prozent der Befragten an, dass sie den Zug benutzen, um nachhaltig zu reisen. Acht Prozent gaben an, dass sie nähere Reisedestinationen wählen, sechs Prozent reisen weniger.
Nachhaltigkeit ist nicht nur in der Fashion- und Reisebranche ein wichtiges Thema. Auch die internationalen Finanzmärkte beschäftigen sich zunehmend damit.
Gemäss Elgin Brunner, Leiterin Transformational Programmes bei WWF, finanziert die Schweizer Finanzindustrie eine Klimaerwärmung von vier bis sechs Grad Celsius. Investitionen von Schweizer Finanzinstituten verursachen gemäss Brunner schätzungsweise 1100 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr.
Die Branche kann im Umkehrschluss also auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen. Banken und Finanzinstitute können klimaneutrale Entwicklungen vorantreiben und können dafür sorgen, dass sie nicht an alten und ressourcenverschwendenden Infrastrukturen festhalten.
Am Klimagipfel 2021 in Glasgow schlossen sich weltweit führende Finanzinstitute zu einer Allianz zusammen. Ihr erklärtes Ziel: Klimaneutralität. 450 führende Finanzinstitute (darunter auch die Schweizer Grossbanken UBS und CS) aus 45 Ländern sind Mitglied und müssen bis 2030 vorweisen, wie sie massgeblich dazu beitragen wollen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Und auch in der Schweiz fällte der Bundesrat Mitte Juni 2020 einen Grundsatzentscheid. Geht es nach Finanzminister Ueli Maurer, soll der Schweizer Finanzplatz in Sachen Nachhaltigkeit führend werden.
Helfen soll dabei einerseits ein effektives Klassifikationssystem. Ein System also, das ermöglicht, nachhaltige von nicht-nachhaltigen Finanzprodukten zu unterscheiden. Dabei helfen könnten bestimmte Labels, die die Finanzprodukte ausweisen.
Trotz der nationalen und internationalen Bemühungen steht die Finanzbranche in Sachen Nachhaltigkeit erst am Anfang. Denn grüne, nachhaltige Geldanlagen machen erst zwei bis vier Prozent des Rentenmarktes aus.