Die Bundesanwaltschaft (BA) hat gegen drei Personen und das Rohstoff-Unternehmen Trafigura Beheer BV Anklage eingereicht. Es geht um Korruptionszahlungen. Das Bundesstrafgericht muss erstmals die Verantwortung eines Unternehmens bei der Bestechung fremder Amtsträger beurteilen.
Die BA eröffnete wegen Verdachts auf Bestechung fremder Amtsträger und Geldwäscherei im Zusammenhang mit möglichen Korruptionszahlungen an angolanische Amtsträger im Juli 2020 eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt. Die geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung der BA hervor. Im August 2021 wurde die Strafuntersuchung auf den ersten Beschuldigten ausgeweitet.
Die BA schreibt, es handle sich dabei um den ehemaligen Geschäftsführer und das Verwaltungsrats-Mitglied von Sonangol Distribuidora SA, der Tochtergesellschaft des staatlichen Erdölkonzerns von Angola (Sociedade Nacional de Combustiveis de Angola EP, Sonangol).
Zwischen Januar und März 2023 wurde die Untersuchung wegen Verdachts auf Bestechung fremder Amtsträger auf einen ehemaligen Intermediär der Unternehmensgruppe Trafigura in Angola und auf den ehemaligen Geschäftsführer und Mitglied des Management Board von Trafigura Beheer BV, sowie auch auf das Unternehmen selbst ausgeweitet.
Wie die BA ausführt, war die in den Niederlanden domizilierte Trafigura Beheer zwischen 2009 und 2011 die Referenz-Muttergesellschaft des Rohstoff-Handelsunternehmens Trafigura. Sie verfügte über Niederlassungen in Genf und Luzern. Zu dieser Zeit war die Unternehmensgruppe Trafigura insbesondere in Angola in den Bereichen Schiffscharterung und -bunkerung tätig.
Ihre wichtigste Kontrahentin war die angolanische Regierung beziehungsweise Sonangol EP und deren Tochtergesellschaften, insbesondere Sonangol Distribuisora SA, die für den Vertrieb und die Vermarktung von Erdölprodukten zuständig war.
Laut Anklageschrift soll der erste Beschuldigte zwischen April 2009 und Oktober 2011 in seiner Funktion als angolanischer Amtsträger nicht gebührende Vorteile in Form von Geldüberweisungen von rund 4,3 Millionen Euro auf eine Bankbeziehung in Genf, Barzahlungen von insgesamt 604'000 US-Dollar in Angola sowie Hotelübernachtungs- und Verpflegungskosten von 800 Franken in Zusammenhang mit einem Aufenthalt in Genf angenommen haben.
Der zweite Beschuldigte, der über ein Offshore-Unternehmen als Intermediär der Unternehmensgruppe Trafigura agierte, bei der er früher angestellt war, soll zwischen August 2009 und Oktober 2011 einen Teil der genannten Summen zugunsten des angolanischen Amtsträgers in Form von Überweisungen von 3,9 Millionen Euro auf ein Konto in Genf und die Barzahlungen in US-Dollar in Angola gewährt haben.
Der dritte Beschuldigte soll in erster Linie in seiner Funktion als Führungskraft der Unternehmensgruppe Trafigura von Genf aus zwischen Juli 2009 und Oktober 2011 einen Teil der oben genannten Summen gewährt haben. Alternativ wird ihm vorgeworfen, diese nicht gebührenden Vorteile durch Unterlassung zugelassen zu haben.
Als Gegenleistung für die oben genannten Gelder soll der angolanische Amtsträger die Interessen der Unternehmensgruppe bevorzugt haben. Dank der Einkünfte aus diesen Verträgen soll die diese Gewinne von bislang 143,7 Millionen US-Dollar erzielt haben.
Die BA wirft Trafigura Beheer vor, nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen zu haben, um das Begehen von Straftaten mit aktiver Bestechung fremder Amtsträger zu verhindern.
Die internen Vorschriften der Unternehmensgruppe Trafigura sollen nicht den internationalen Standards zur Korruptionsprävention entsprochen haben. Dieses Risiko sei umso grösser gewesen, da die Unternehmensgruppe in Verbindung mit einem staatlichen Unternehmen in Angola stand und sich für die Entwicklung ihrer Geschäfte in diesem Staat an Intermediäre wandte. Diese sogenannte Desorganisation soll sich bis in die oberste Hierarchiestufe des Unternehmens gezeigt haben.
Die Trafigura Beheer will sich vor Gericht gegen die an ihre Adresse gemachten Vorwürfe verteidigen, wie das Unternehmen in einer am Mittwoch veröffentlichten Medienmitteilung schreibt. Der ebenfalls angeklagte frühere Geschäftsführer weise alle Vorwürfe zurück. (sda)