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Parlament lehnt Preisregulierungen bei Generika vorerst ab

Parlament lehnt Preisregulierungen bei Generika vorerst ab

09.12.2021, 13:4909.12.2021, 13:49
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THEMENBILD --- Medikamente, aufgenommen am 13. Juni 2013 in Zuerich. In der Schweiz sind die Medikamente nach wie vor teurer als im vergleichbaren Ausland. Bei den Generika betraegt der Preisunterschi ...
Generika-Preise sind in der Schweiz wohl nicht sinkenBild: KEYSTONE

Das Parlament will derzeit nichts wissen von einem Referenzpreissystem für Generika. Auch Massnahmen zur Kostensteuerung unter den Tarifpartnern sind vorerst vom Tisch. Differenzen zwischen den Räten verbleiben beim Beschwerderecht und Gewinnverbot für Krankenkassen.

Der Ständerat hat am Donnerstag als Zweitrat einer Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung mit 25 zu 10 Stimmen bei 6 Enthaltungen zugestimmt. Dieses weitere Paket zur Senkung der Gesundheitskosten geht zurück an den Nationalrat.

Nachdem das Parlament ein erstes Paket mit weniger umstrittenen Massnahmen beschlossen hat, erweist sich das zweite von drei Paketen als umstrittener. Kernpunkte des Entwurfs des Bundesrats sind die Einführung eines Referenzpreissystems für Generika, die Kostensteuerung durch die Tarifpartner und ein Beschwerderecht für Krankenkassenverbände bei den Spitalplanungen der Kantone.

Im Grundsatz war zwar im Ständerat unbestritten, dass die Kostendynamik im Gesundheitswesen gebremst werden muss. Generika seien in der Schweiz mehr als doppelt so teuer wie im Ausland, erinnerte Marina Carobbio Guscetti (SP/TI). Sie bezifferte das Sparpotenzial auf 300 bis 500 Millionen Franken. Wenn es jedoch um konkrete Massnahmen gehe, würden selbst «klein gebackene Brötchen» auf Widerstand stossen, bedauerte Peter Hegglin (Mitte/ZG).

Das Orakel bewahrheitete sich auch diesmal: Zwei wichtige Punkte sind nach der ersten Tour durch die beiden Kammern auch zum Leidwesen von Gesundheitsminister Alain Berset bereits beerdigt respektive verschoben.

Wie der Nationalrat lehnte es der Ständerat mit 24 zu 17 Stimmen bei zwei Enthaltungen erstens ab, ein Referenzpreissystem für Nachahmerpräparate zu schaffen. Wie die grosse Kammer schlägt er aber zwei Alternativen vor, die darauf abzielen, erst einmal mehr Generika zu verkaufen und nicht die Preise zu senken.

Alternative zu Referenzpreissystem

Er überwies dazu zwei Vorstösse, die einerseits Anreize abschaffen wollen, die für den Verkauf von Generika hinderlich sind. Andererseits sollen Apothekerinnen und Apotheker künftig leistungsorientiert abgegolten werden. Heute ist es so, dass Apotheker und Ärztinnen mehr daran verdienen, wenn sie Originalpräparate abgeben anstelle von Generika.

Beide Vorstösse könnte der Bundesrat nach Einschätzung der Mehrheit durch den Erlass von Verordnungen umsetzen.

Nur hauchdünn mit Stichentscheid von Ratspräsident Thomas Hefti (FDP/GL) sprach sich der Ständerat zweitens gegen die Aufnahme eines Artikels ins Gesetz auf, der die Tarifpartner zu Kostensteuerungsmassnahmen verpflichten wollte. Die Gegner argumentierten insbesondere formal.

Das sei eine Frage, die man besser im Zusammenhang mit den Beratungen zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei und dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats diskutiere, sagte Damian Müller (FDP/LU). Sonst verstosse man gegen die Einheit der Materie und breche inhaltlich ein zentrales Element zur Initiative heraus, sekundierte Parteikollege Josef Dittli (UR).

Auch die grosse Kammer hatte den gleichen Beschluss zur Kostensteuerung im Oktober 2020 lediglich mit einer Stimme Unterschied gefällt. Damit gibt es auch hier keine Differenz mehr, und die Massnahme ist vorerst vom Tisch respektive verschoben.

Erneut befassen muss sich der Nationalrat dagegen mit dem Beschwerderecht für die Krankenkassenverbände gegen kantonale Spitalplanungen. Der Ständerat will den Versicherern ein solches im Gegensatz zur grossen Kammer einräumen. Der entsprechende Entscheid fiel allerdings auch in diesem Punkt nur mit Stichentscheid des Ratspräsidenten.

Hans Stöckli (SP/BE) wehrte sich vergeblich dagegen mit dem Argument, ein solches Beschwerderecht sei kein Beitrag zur Kostendämpfung, im Gegenteil: Es könne dazu führen, dass Planungen einstellt oder verzögert würden, und schaffe zudem Rechtsunsicherheiten.

Gewinnverbot für Versicherer

Unterschiedlich bleiben die Ansichten in den Räten auch bei der Frage, ob die Krankenkassen künftig in der obligatorischen Grundversicherung Gewinne erwirtschaften dürfen. Der Nationalrat hatte diese Möglichkeit ins Gesetz eingebaut. Der Ständerat will davon nichts wissen und beharrte ohne Gegenstimme auf diesem Gewinnverbot. Man dürfe den Versicherern auf keine Fall Gewinne in diesem Bereich ermöglichen, warnte Gesundheitsminister Berset vor einem Paradigmenwechsel.

Weiter hatte der Nationalrat die Möglichkeit von Parallelimporten von Generika eingeführt. Die vorberatende Kommission des Ständerats lehnte dies jedoch wegen Risiken für Patienten einstimmig ab. Der Ständerat folgte indes einstimmig einem Antrag seiner Kommission, im Heilmittelgesetz neu ausdrücklich festzulegen, dass Swissmedic bei der Zulassung von parallelimportierten Arzneimitteln Vereinfachungen vornehmen kann. (aeg/sda)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
09.12.2021 14:39registriert Oktober 2018
Die Lobbyisten haben wieder mal gute Arbeit geleistet…

So sinken die Gesundheitskosten nie…
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Töfflifahrer
09.12.2021 15:23registriert August 2015
Bürgerliches Parlament vs. Lobby der Pharma: Warum vs.? Die gehen doch Hand in Hand!
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Der Bundesrat will nach Informationen der «NZZ am Sonntag» den USA beim Export von Pouletfleisch in die Schweiz Zugeständnisse machen. Heute ist Geflügel aus den USA hierzulande tabu, weil die Tiere nach dem Schlachten zur Entkeimung in ein Chlorbad getaucht werden, wie die Zeitung schrieb. Sogenannte Chlorhühnchen dürfen in der Schweiz nicht verkauft werden. Das habe das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen bestätigt. Im Vertragsentwurf mit den USA steht, dass die Schweiz beabsichtige, «Massnahmen anzugehen, die den Marktzugang für US-Geflügelfleisch und -produkte einschränken», wie die Zeitung unter Berufung auf Quellen aus der Verwaltung schrieb. Die EU sei bei ihren Verhandlungen mit den USA bei der Lebensmittelsicherheit hart geblieben.
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