Wenn Sie sich über einen Millionär informieren möchten, der als Banker für den Ausbruch der weltweiten Wirtschaftskrise mitverantwortlich sein soll, dann werden Sie gewisse Webseiten bei Google nicht mehr finden. Wie die britischen Nachrichtenhäuser BBC und The Guardian berichten, hat die Suchmaschine angefangen, auf Antrag Webseiten aus dem Suchindex zu entfernen.
Mit diesem Schritt reagiert Google auf das «Recht auf Vergessenwerden», welches dieses Jahr von europäischen Richtern ausgesprochen wurde. Wie BBC berichtet, hatte Google das britische Nachrichtenhaus am 2. Juli über die Löschung des Artikels «Merrill's Mess» aus dem Suchindex informiert. Dieser Blogbeitrag befasst sich mit Stan O'Neal, dem Vorsitzenden der Bank Merrill Lynch.
Im Mai 2014 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Personen ein «Recht auf Vergessenwerden» haben, wenn es sich um persönliche Informationen handelt. Für die weltweit grösste Suchmaschine Google bedeutete dieser Entscheid, dass sie Personen die Möglichkeit geben muss, einzelne Webseite aus der Suche zu entfernen.
Wie Tech Times berichtet, haben seit der Einführung des Gesetzes über 50'000 Einzelpersonen einen Antrag auf Löschung gestellt. Google selbst bestätigte bisher keine Zahlen, liess aber verlauten, dass Parlamentsmitglieder und Berühmtheiten Löschanträge gestellt hätten. Das Unternehmen wollte die Begründung bei konkreten Löschungen nicht nennen, es versuche aber in der Einzelprüfung der Anträge eine Balance zwischen «Persönlichkeitsrechten und dem öffentlichen Recht auf Wissen und Informationen» zu halten.
Ein Sprecher der BBC kritisierte die Praxis von Google: «Wir sind überrascht, dass das die Folge des EuGH-Urteils ist und beunruhigt über die Auswirkungen der Löschung von dieser Art von Informationen.» Martin Clarke von Daily Mail bezeichnete die Löschungen als «Zensur» und verglich die Löschung von Webseiten aus dem Suchindex mit dem Verbrennen von Büchern.
Bisher ist nicht bekannt, ob Schweizer Webseiten ebenfalls von der neuen Löschpraxis betroffen sind. Die Zensur auf den europäischen Googleversionen lässt sich aber nach aktuellem Stand umgehen, in dem man die US-amerikanische Sprachversion verwendet. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales bezeichnete diese Tatsache als Grund, wieso die Praxis «zum Scheitern verurteilt» sei.