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«Brauchen Sonntagsverkauf!»: Globus-Chef warnt vor Einkaufstourismus

Interview

«Wir brauchen den Sonntagsverkauf!»: Globus-Chef warnt vor Einkaufstourismus

Franco Savastano nimmt die Politik in die Pflicht und blickt zuversichtlich auf das Weihnachtsgeschäft. Nur: Da wären noch die juristischen und wirtschaftlichen Problemen des österreichischen Globus-Inhabers René Benko.
09.11.2022, 06:2909.11.2022, 06:37
Benjamin Weinmann und Gabriela Jordan / ch media
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Franco Savastano
Franco SavastanoBild: pd

Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür. Wie lautet Ihre Prognose?
Franco Savastano: Ich bin zuversichtlich. Wir befinden uns mit Globus noch immer in einem Transformationsprozess nach dem Verkauf von der Migros 2020. Aus 42 Standorten haben wir 9 gemacht, setzen dafür aber konsequent auf ein einziges Konzept: Das Luxus-Warenhaus.

Und teure Jacken und Pullis sind in Krisenzeiten gefragt?
Ja, die Konsumentenstimmung mag gemäss Umfragen zwar schlecht sein. Aber dies zeigt sich in der Schweiz momentan noch nicht in den Verkaufszahlen. Zudem stellen wir europaweit fest, dass der Premium- und Luxusbereich stark zulegen. Bisher fehlte bei Globus aber das Angebotin diesem Segment. Viele Kundinnen und Kunden kauften in unserer Delicatessa-Abteilung für Hunderte von Franken Wein. Aber eine Etage weiter oben hatten wir Schirme für 19 Franken und Hemden für 69 Franken im Angebot.

Franco Savastano, CEO Globus
Seit 2019 leitet Franco Savastano die Globus-Warenhäuser. Zuvor war er Chef des traditionsreichen Jelmoli-Warenhauses an der Zürcher Bahnhofstrasse. 2020 wechselte die Globus-Gruppe den Besitzer: Die Migros verkaufte sie an die österreichische Signa-Gruppe sowie die thailändische Central Group. Seither ist Globus - zusammen mit La Rinascente in Italien, Illum in Dänemark, KaDeWe in Deutschland sowie Selfridges in Grossbritannien - Teil der grössten Luxuswarenhauskette der Welt.

Na und?
Mit unserer neuen Strategie sind wir dabei, das zu ändern. Stattdessen verkaufen wir auf dieser Fläche neu zum Beispiel Balenciaga-Schuhe für 800 Franken. Wir möchten kein Warenhaus des Bedarfs sein, sondern ein Warenhaus der Begehrlichkeiten. Wenn man nur Bedarf liefert, wird man austauschbar und ist dem Preiskampf ausgeliefert. Unser Ziel ist es, dass Globus die Luxus-Destination im Schweizer Detailhandel ist.

Mit dieser elitären Strategie verjagen Sie die Kundschaft mit dünnerem Portemonnaie.
Wir verzeichnen einen Umsatzzuwachs und dies, obwohl die Frequenz gesunken ist. Das heisst, weniger Kunden kaufen für mehr Geld. Das mittlere Preissegment ist in der Schweiz stark unter Druck, sei es bei den Hotels, Supermärkten oder Warenhäusern. Und dann gibt es Fünf-Sterne-Hotels oder Luxus-Warenhäuser wie Globus, und dort gibt es mehr Luft und mehr Potenzial. Auch die Zuwanderung hilft uns. Es leben heute mehr Leute in der Schweiz, die gerne Geld für schöne Ware und Marken ausgeben.

Die Reichen.
Das kann man so nicht sagen. Schauen Sie, wer die vielen Leute sind, die in langen Schlangen vor den Luxusmarkengeschäften stehen. Viele junge Frauen der Generation Z sparen heute zum Beispiel für eine teure Handtasche für mehrere hundert Franken. Aber sie behalten dann diese Tasche auch zehn Jahre lang, das ist auch nachhaltiger.

Als nicht besonders nachhaltig gelten Rabatt-Tage wie Singles Day und Black Friday. Macht Globus da mit?
Klar. Vor allem im Online-Geschäft muss man da mitmachen.

An einem Branchenanlass forderten Sie diese Woche von der Politik eine Liberalisierung der Öffnungszeiten. Was schwebt Ihnen vor?
Wir brauchen den Sonntagsverkauf! Sonst haben wir in den nächsten 15 Jahren echte Probleme, weil die Kundschaft ins Ausland abwandert. Das ist ein schleichender Prozess. Schauen Sie sich doch nur die Innenstädte an. Schon heute sieht man überall Leerstände. Niemand will menschenleere Einkaufsstrassen. Deshalb muss die Politik reagieren.

Das heisst konkret: 365 Tage, 24 Stunden - ständig geöffnet?
Nein. Aber rund 20 Sonntage pro Jahr, an denen wir öffnen dürften, wären ein Start. Zum Beispiel im November, Dezember, im August oder an Ostern. Viele Gemeinden, die als touristische Sonderzonen gelten, profitieren schon heute davon, so wie Zermatt, Crans Montana oder St. Moritz. Wieso soll dies nicht auch an den besten Lagen von Genf, Zürich und Luzern so sein? Sonntags sind dort die Strassen voll von Touristen, die gerne einkaufen würden. Aber sie stehen vor verschlossenen Türen.

ARCHIVBILD ZUM VERKAUF DER WARENKETTE GLOBUS AN DIE THAI CENTRAL GROUP UND DIE SIGNA-GRUPPE, AM DIENSTAG, 4. FEBRUAR 2020 - Globus Filiale in Zuerich am Freitag, 12. Mai 2017. Die Migros legt ihre Mod ...
Bild: KEYSTONE

Eine Öffnung vom Sonntag könnte aber auch bloss zu einer Verlagerung der Umsätze führen.
Nein, das glaube ich definitiv nicht. Wie gesagt, der Bedarf ist nur schon bei den Touristen gross. Aber auch viele Einheimische würden beim Sonntagsbummel in der Stadt wohl noch einen Spontaneinkauf erledigen. Die italienische Warenhauskette Rinascente, die wie wir zur Signa-Gruppe gehört, hat 360 Tage im Jahr geöffnet und dort ist der Sonntag der zweitwichtigste Verkaufstag. Und in Mailand sind die Schweizer die zweitgrösste Käufergruppe.

Mit wie viel Mehrumsatz rechnen Sie mit 20 Sonntagen?
5 Prozent dürften es sicher sein.

Fakt ist, dass damit der Druck auf die Angestellten, sonntags zu arbeiten, erhöht würde.
Falsch. Viele unserer Angestellten würden gerne an mehr Sonntagen arbeiten, weil sie dann einen Sonntagszuschlag erhalten. Die Zeiten und Einkaufsgewohnheiten haben sich nun mal geändert. Schliesslich kaufen wir alle ja online auch sonntags ein. Und unsere Angestellten müssten nicht mehr Stunden arbeiten, sondern wir müssten mehr Leute einstellen.

Ist das nicht einfach ein Hilferuf von Globus, nachdem Sie das Filialnetz massiv zusammengestrichen haben?
Überhaupt nicht. Auch Zürich Tourismus steht hinter dieser Forderung. Eine Liberalisierung ist essenziell für den Detailhandel und damit auch für die Belebung der Innenstädte.

Ist Globus denn aktuell profitabel?
Wir werden bis Ende Jahr profitabel sein. Unser Onlineshop ist jetzt schon profitabel. Und wir werden in den nächsten Jahren 300 Millionen Franken in Globus investieren, alleine 150 Millionen in Umbauten wie in Zürich, Basel oder Genf.

ARCHIV - 11.01.2017, Berlin: Rene Benko, österreichischer Immobilien-Unternehmer und Inhaber von Karstadt und der KaDeWeGroup, zur Nacht der Süddeutschen Zeitung 2017 in den Palazzo Italia. Der österr ...
Der österreichische Milliardär René Benko ist Mitbesitzer von Globus - und im Visier der Justiz in seiner Heimat.Bild: dpa-Zentralbild

Dennoch: Ihr Besitzer, der österreichische Investor René Benko von der Signa-Holding, ist derzeit mit mehreren Problemen konfrontiert. Die Justiz ermittelt wegen Bestechung, und bei seinen Galeria-Karstadt-Kaufhof-Warenhäusern drohen massive Verluste und Schliessungen im Rahmens eines Schutzschirmverfahrens. Wie gross ist die Verunsicherung bei Ihnen?
Beides hat keinerlei Einfluss auf Globus. Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen Herrn Benko persönlich, der die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Übrigen entschieden als falsch zurückweist, und nicht gegen Signa, irgendein Signa-Unternehmen oder ein Organ der Signa. Signa Retail als Co-Gesellschafter von Globus zusammen mit Central Group sind daher in keiner Weise betroffen. Globus und Galeria hatten nie etwas miteinander zu tun und daher hat das Schutzschirmverfahren keinerlei Einfluss auf Globus.

Wie oft sprechen Sie mit ihm?
Mein Ansprechpartner ist der Globus-Verwaltungsrat.

Globus ist Benko.
Wie gesagt: Globus gehört der Signa zusammen mit der thailändischen Central Group.

Und wie sieht Ihre Prognose für das kommende Jahr aus - folgt der grosse Konsumeinbruch, wie er von manchen Branchenvertretern befürchtet wird?
Das glaube ich nicht. Es gibt immer wieder Krisen, aber wir sind langfristig sehr gut aufgestellt.

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99 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maranothar
09.11.2022 08:36registriert Juni 2016
Sonntagsverkauf als Standard? Da hätte ich ein paar Ideen:
- Anständige Löhne zahlen + Sonntagszuschlag
- Mehr Angestellte einstellen, damit die bestehenden nicht Überstunden machen müssen bis sie umkippen.
- Betreuungsangebote für Familien müssen vorher bestehen.


Hab ich etwas vergessen oder hat sonst noch jemand eine Idee?
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Quiiebong
09.11.2022 08:45registriert September 2018
Diese Lüge von mehr Personal einstellen macht mich einfach nur wütend!
Ich kann mich gut erinnern, was passiert ist als der Supermarkt im Quartier die Abendöffnungszeit um eine Stunde verlängert hat: Niemand zusätzliches zu sehen, nur frustrierte und gestresste Mitarbeitende, die noch üblere Arbeitspläne als zuvor hatten. Keine Interpretation, sie haben miteinander darüber gesprochen.
Personal ist fast immer der kostenintensivse Posten in den Betriebskosten und da wird gespart und die eh schwammigen Gesetze bis zum Anschlag ausgereizt!
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MissPiggy
09.11.2022 07:02registriert Januar 2021
Solange es keine Betreuungsangebote für Kinder gibt, deren Eltern am Wochenende/Feiertagen arbeiten müssen, solange darf es keine regelmässige Sonntagsverkäufe geben! Nicht jede*r hat eine Familie die mal Kinder hüten könnte.
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