Vor dem Zuger Strafgericht hat der Staatsanwalt am Mittwoch aufgezeigt, wie aggressive Telefonverkäufer wertlose Aktien des Pharmaunternehmens Amvac an unerfahrene Investoren verkauften. Die Amvac-Gründerin habe auf diesem Weg «den goldenen Exit» aus dem erfolglosen Unternehmen gesucht, erklärte er.
Der Staatsanwalt forderte für die 49-jährige Ungarin wegen gewerbsmässigen eventualvorsätzlichen Betrugs und weiterer Delikte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren, weil sie den illegalen Effektenhandel organisiert habe. Die Deliktsumme des Falls wurde total auf 55 Millionen Franken beziffert.
Amvac war 2005 gegründet worden, sollte Heilmittel zur Marktreife bringen und ging 2016 konkurs. Für den Staatsanwalt ist es offensichtlich, dass beim Unternehmen und dem Aktienverkauf von 2012 bis 2015 einiges nicht mit rechten Dingen zuging.
Die Amvac sei unterfinanziert gewesen, habe sich über Jahre im Kreis gedreht und keines ihrer Ziele erreicht, sagte der Staatsanwalt. Es sei unwahrscheinlich gewesen, dass sie je einen Gewinn schreiben würde.
Weitere auffällige Punkte, die der Staatsanwalt anführte, waren, dass die Hauptbeschuldigte Aktien ohne Not verkaufte, und dies obwohl angeblich ein Börsengang bevorstand, oder dass sie die Aktien über einen dubiosen Telefonverkauf veräusserte und den Verkaufsorganisationen Provisionen von 60 Prozent bezahlte.
Die Hauptbeschuldigte habe den «goldenen Exit» aus dem Unternehmen um jeden Preis gesucht, sagte der Staatsanwalt. Sie habe sich nicht mehr um das riskante Amvac-Projekt kümmern, sondern mit dem Effektenhandel risikofrei viel Geld verdienen wollen.
Der Telefonverkauf der wertlosen Amvac-Aktien wurde von zwei mitangeklagten 33 und 48 Jahre alten Schweizern abgewickelt. Für sie beantragte die Staatsanwaltschaft 4.5 und 5 Jahre Gefängnis. Bei ihnen stehe als Delikt Wucher im Zentrum, weil sie die Investoren nicht beraten und stark übervorteilt hätten.
Die von den Mitangeklagten im Call Center beschäftigten Telefonverkäufer waren junge Menschen, die vom Effektenhandel nichts verstanden. Weil sie keinen oder einen sehr tiefen Basislohn hatten, mussten sie viele Verkäufe abschliessen.
Die Mitangeklagten stellten den Telefonverkäufern Gesprächsleitfäden zur Verfügung. Sie hätten dabei auf die Methoden der kriminellen Broker im Hollywoodfilm «Wolf of Wall Street» gesetzt, erklärte der Staatsanwalt.
Die Telefonverkäufer waren aggressiv, nötigend und belästigend. Sie hätten mit Sonderpreisen, einer letzten Chance, der baldigen Vervielfachungen des Aktienwerts gelockt, vor allem aber mit einem Börsengang oder einer möglichen Übernahme, erklärte der Staatsanwalt. Die Hauptbeschuldigte habe die Falschinformationen und Irreführung der Anleger geduldet. Es gebe Hinweise, dass sie auch die Quelle der unwahren Gerüchte gewesen sei.
Die Telefonverkäufer suggerierten ferner, dass die Investition risikofrei sei und dass die Erlöse in die Amvac fliessen würden. Tatsächlich sei der grösste Teil als Provisionen an die Verkäufer und an die Hauptbeschuldigte gegangen, sagte der Staatsanwalt.
Angeklagt ist wegen Gehilfenschaft ferner eine 61-jährige deutsche Anwältin. Für die einstige Weggefährtin der Hauptbeschuldigten forderte der Staatsanwalt eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 3 Jahren. (aeg/sda)