Wirtschaft
Schweiz

So anspruchsvoll sind die Generationen Y und Z in Schweizer KMU wirklich

Arbeitsmarkt-Studie der AXA zeigt: Vorurteile gegenüber Generation Y und Z stimmt nicht immer.
Aus Sicht der Arbeitgeber haben junge Arbeitnehmerinnen und -nehmer nicht unbedingt höhere Ansprüche als ältere.Bild: Shutterstock

Haben jüngere Arbeitnehmende höhere Ansprüche? Die Resultate dieser Studie erstaunen

Eine neue Arbeitsmarktstudie der AXA hat untersucht, inwiefern sich die Ansprüche und Bedürfnisse der jüngeren Generation von denen der älteren Generation unterscheiden. Die Ergebnisse überraschen.
26.07.2024, 05:0026.07.2024, 16:40
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Der Tenor in der Gesellschaft zur Arbeitseinstellung der Generationen Y und Z lautet oft: faul, aber anspruchsvoll, wenig arbeiten, aber viel verdienen.

Eine neue Studie der AXA Versicherungen zum KMU-Arbeitsmarkt hat nun untersucht, inwiefern diese Vorurteile gegenüber der jüngeren Generationen tatsächlich zutreffen. Das Ergebnis dürfte einige überraschen.

Zur Studie
Für die Untersuchung befragte das Forschungsinstitut Sotomo 300 Schweizer KMU mit fünf und mehr Beschäftigen aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Datenerhebung erfolgte zwischen dem 5. und 13. Februar 2024 über das Unternehmenspanel von AmPuls. Die Studie hat untersucht, welche Ansprüche und Bedürfnisse die jüngere sowie die ältere Generation gemäss dem Arbeitgeber an die Berufswahl stellt.

Flexible Arbeitsbedingungen gegen Fachkräftemangel

Zunächst stellte die Studie fest: Der Fachkräftemangel bleibt auch 2024 ein grosses Problem für Schweizer KMU. Über 40 Prozent gaben an, dass dort die grösste Herausforderung liegt. Zudem spüren viele kleine und mittlere Unternehmen den andauernden Fachkräftemangel auch im Verhalten ihrer Angestellten. «Der anhaltende Fachkräftemangel verändert das Kräfteverhältnis am Arbeitsmarkt: Arbeitnehmende kennen ihren Wert und formulieren zusätzliche Erwartungen an künftige Arbeitgebende. Darauf müssen KMU zunehmend reagieren können, wollen sie ihre offenen Stellen besetzen», erklärt Michael Hermann, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Sotomo.

Das tun die KMU auch, und zwar gemäss Studie mit Lösungen wie dem Angebot von grösserer Flexibilität beim Arbeitspensum und der Arbeitszeit: Rund die Hälfte aller befragten Unternehmen (48 Prozent) gab demnach an, 2024 mehr Teilzeitstellen anzubieten, um genügend Mitarbeitende rekrutieren zu können. 47 Prozent bieten mehr Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung – wie Homeoffice oder Vertrauensarbeitszeit.

So anspruchsvoll sind Mitarbeitende unter 30

So weit, so erwartbar. Die Studie zeigt aber auch: Dass es in erster Linie die jüngere Generation ist, die Dinge wie Work-Life-Balance hoch gewichtet und ausschliesslich den «Foifer und s'Weggli» will, stimmt nur bedingt. Zwar deckt sich die Sicht der Unternehmen in vielen Aspekten mit der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Vergleich der Generationen zeigt aber, dass junge Arbeitnehmerinnen und -nehmer (unter 30 Jahren) nicht höhere Ansprüche haben dürften als die ältere Generation (über 30 Jahre). Oftmals hat die jüngere Generation sogar tiefere – zumindest nehmen das ihre Arbeitgeber so wahr.

Gewisse Ansprüche haben alle Generationen

Ein Drittel der befragten Arbeitgeber gab an, dass der jüngeren Generation Selbstverwirklichung wichtiger sei als der älteren Generation. Umgekehrt waren es nur 22 Prozent.

«In der Wahrnehmung der Arbeitgebenden werden Ansprüche wie Selbstverwirklichung und Weiterbildungsmöglichkeiten klar der jungen Generation zugeschrieben.»
AXA-Studie

Allerdings zeigt die Studie auch auf: Ältere Generationen haben gleichermassen Ansprüche. So sind eine gesunde Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeitmodelle und flache Hierarchien gemäss der Arbeitgeber für die zwei Altersgruppen praktisch gleich wichtig – also egal, ob über oder unter 30-jährig.

Ältere wollen mehr Lohn und Wertschätzung

Den deutlichsten Unterschied gibt es laut den KMU beim Lohn als Entscheidungsfaktor. Die Ergebnisse zeigen, dass älteren Generationen die Entlöhnung wichtiger ist als der jüngeren Generation (50 Prozent versus 24 Prozent). Ältere Arbeitnehmerinnen erwarten also mehr materielle Anerkennung für ihre Arbeit als die Generationen Y und Z.

Ebenfalls häufiger von der älteren Generation gefordert sind gemäss den Angaben der KMU immaterielle Aspekte wie Wertschätzung (54 Prozent versus 15 Prozent), Teamgeist (46 Prozent versus 13 Prozent) und Umgangsformen (34 Prozent versus 12 Prozent).

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung zeigen die Ergebnisse der befragten KMU also, dass junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger Gegenwert für ihr Engagement verlangen.

Junge Generation leistet weniger und ist illoyaler

In einem Punkt bestätigt die Studie aber das Klischee der «faulen Jungen». Die befragten Unternehmen geben an, dass es eher die Jungen sind, die weniger leisten und nur «Dienst nach Vorschrift» machen. Die jüngere Generation zeigt demnach auch weniger Verantwortungs- und Leistungsbereitschaft als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen.

«Die Unternehmen teilen also das gängige Klischee, dass junge Arbeitnehmende weniger arbeitsam sind als ältere Arbeitnehmende.»
AXA-Studie

Grosse Unterschiede gibt es auch bei der Bewertung der Loyalität gegenüber dem Unternehmen.

«Umfragen zeigen, dass jüngere Mitarbeitende schneller bereit sind, die Stelle zu wechseln, als ältere. Das widerspiegelt sich auch in den Umfrageergebnissen. Gleichzeitig sollte diese Wahrnehmung etwas relativiert werden, schliesslich hatten jüngere Mitarbeitende weniger Zeit, ihre Loyalität gegenüber dem Unternehmen zu beweisen als langjährige Mitarbeitende.»
Michael Hermann, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Sotomo.

Zum Schluss wollte die Umfrage noch herausfinden, ob die jüngere Generation häufiger mit psychischen Erkrankungen auffällt. Eine Mehrheit der KMU (53 Prozent) stellt hinsichtlich dieser Frage keinen Unterschied zwischen den Altersgruppen fest. Psychische Krankheiten wirken sich demnach unabhängig der Generationen auf das Arbeitsleben aus.

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Glücklich
26.07.2024 06:19registriert August 2022
‚Grosse Unterschiede gibt es auch bei der Bewertung der Loyalität gegenüber dem Unternehmen‘

Tja, Loyalität kriegt man halt nicht mehr geschenkt.

Viele vor allem grössere Unternehmen sind heute nur noch daran interessiert, Kosten zu optimieren, der Mitarbeiter eine Nummer welche jederzeit ausgewechselt werden kann. Warum also sollte der Mitarbeiter, wenn er die Möglichkeit hat, nicht auch optimieren, mehr Verdienst, neues Wissen usw.. Dies sind halt häufig die direkten ‚Folgen’ eines Stellenwechsels.
22010
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Gina3
26.07.2024 06:29registriert September 2023
„ Die Studie hat untersucht, welche Ansprüche und Bedürfnisse GEMÄSs DEM ARBEITGEBER die jüngere sowie die ältere Generation an die Berufswahl stellt.“
Das ist ein bisschen so, als ob man meinen Nachbarn fragen würde, was ich von meinem Gemüsegarten halte... Konnte Sotomo nicht die direkt Betroffenen befragen? Die Angestellten?
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Bergblümchen95
26.07.2024 06:11registriert März 2024
Ist ja nicht zuviel verlangt, einen Lohn zu bekommen von dem man leben kann und Homeoffice geht heute Problemlos, viele Chef sind einfach zu misstrauisch.
12426
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