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Glace: Kultmarke Winnetou schickt ihren Häuptling in die Wüste

Die Kultmarke Winnetou schickt ihren Häuptling in die Wüste – doch der Name bleibt

Die Debatte um kulturelle Aneignung hat die Herstellerin der bekannten Glace zum Umdenken gebracht. Allerdings nur teilweise.
14.06.2023, 11:2914.06.2023, 12:14
Benjamin Weinmann / ch media
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Die Reismarke Uncle Ben's heisst heute Ben's Original. Die US-Pancake-Sirup-Marke Aunt Jemima gibt es heute unter dem Namen Pearl Milling. Der Grund: Im Zuge der der«Black Lives Matter»-Bewegung, die 2020 eine Debatte über den strukturellen Rassismus nach sich zog, sahen sich viele Konzerne gezwungen, ihr Markenportfolio zu überdenken. Denn darunter gab es Produkte, die mit diskriminierenden Logos und Namen Geld machten.

Die Winnetou-Glace im alten und im neuen Kleid.
Die Winnetou-Glace in der herkömmlichen Packung. Bild: zvg

In den Fokus der Debatte rückte dabei auch das Schweizer Kultglacé «Winnetou» des Herstellers Frisco, der zur Firma Froneri gehört, einem Joint-Venture, an dem Nestlé beteiligt ist. Im Juli 2020, während weltweit Menschen gegen Rassismus protestierten, gab Froneri gegenüber dieser Zeitung bekannt, dass man eine Namensänderung des Winnetou-Glacés im Zuge der Rassismus-Debatte prüfe.

Kein Häuptling, nur zwei Federn

Doch es blieb bei der Prüfung. «Nach internen Abklärungen belassen wir bis auf weiteres den Namen und die Verpackung», sagte eine Froneri-Sprecherin einige Monate später. Doch nun zeigt sich: Nicht alles bleibt beim Alten.

«Wir haben uns entschieden auf die diesjährige Glace Saison das Logo von Winnetou anzupassen», sagt eine Froneri-Sprecherin. «Entsprechend wurde das Indianergesicht mit Federschmuck entfernt und gegen eine Abbildung von zwei bunten Federn ausgetauscht.» Dieser Entscheid sei bereits vergangenes Jahr gefällt worden. Doch erst jetzt, bei den warmen Sommertemperaturen, dürfte die Kundschaft die Anpassung bemerken.

Die Winnetou-Glace im alten und im neuen Kleid.
So sieht das neue Logo der Winnetou-Glace aus – mit Federschmuck, aber ohne Häuptling.screenshot: migros.ch

Man sei sich bei Froneri der Diskussionen über Gleichberechtigung und allen sozialen Bewegungen bewusst, sagt die Sprecherin, und man sei verpflichtet entsprechend zu reagieren und zu handeln. «Gleichzeitig haben wir uns entschieden den ikonischen, fiktiven Markennamen Winnetou beizubehalten.» Man sei überzeugt, dass die Glace und die Marke mit dem neuen Auftritt weiterhin positiv wahrgenommen würden.

«Eine rassistische Geschichte»

Für Susan Arndt, Professorin für Anglistik und Kulturwissenschaften an der Universität Bayreuth, ist hingegen klar, dass nebst dem Design auch der Name verschwinden müsste, wie sie gegenüber CH Media im Sommer 2020 darlegte. «Ich bin selber mit den Winnetou-Filmen aufgewachsen und habe sie geliebt, aber bei Mays Erzählungen handelt es sich um eine Romantisierung einer in Tat und Wahrheit gewaltsamen rassistischen Geschichte.»

Winnetou werde als friedlicher Freiheitskämpfer dargestellt, der sich mit Old Shatterhand verbrüdert, sodass die weisse Leserschaft ihre Komfortzone nicht verlassen müsse, sagt Arndt. «Dass mit der Kolonialisierung von Nordamerika ein Genozid einherging, bei dem 80 bis 90 Prozent der ursprünglichen Bevölkerung ermordet wurden, wird komplett ausgeblendet.»

Nestlé änderte im Zuge der Debatte bereits andere Namen. In Australien reagierte der Westschweizer Konzern bei zwei Produkten. Die Snackprodukte «Red Skins» heissen nun «Red Ripper», und die «Chicos»-Snacks heissen inzwischen «Cheekies».

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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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John T. Ripper
14.06.2023 12:34registriert September 2022
Ich bleibe dabei: Dass kulturelle Aneignung rassistisch sein soll ist rassistisch und nicht umgekehrt..
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Yeah, right.
14.06.2023 14:47registriert April 2018
Man hätte gleich konsequent sein müssen und ein Bleichgesicht als Ersatz nehmen sollen. Mit Edelweisshemd und Alphorn. Und den Namen auf "Winterthur" ändern.
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mtr-vm-jbm
14.06.2023 13:06registriert Mai 2023
First world problems...
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