Warum die Banken bei der Vergabe von Hypotheken auf die Bremse treten
Wer Wohneigentum besitzt, lebt seit Jahren in den besten von allen Welten. Die Hypothekarzinsen sind rekordtief, während die Mieten für Neuwohnungen in Rekordhöhen klettern. Doch wie alles hat auch diese Medaille zwei Seiten: Weil immer mehr Menschen Wohneigentum erwerben wollen, sind die Preise explodiert.
Ob eine Immobilienblase entsteht oder bereits da ist, darüber streiten sich die Experten seit Jahren. Tatsache ist, dass sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) bereits grosse Sorgen macht und in regelmässigen Abständen vor einem überhitzten Immobilienmarkt warnt.
Der Bundesrat hat im Februar 2013 antizyklische Kapitalpuffer in Kraft gesetzt. Und jetzt hat auch die Schweizerische Bankiervereinigung Massnahmen zur Selbstregulierung ergriffen.
Die Bankiers glauben an eine sanfte Landung
Konkret hat die Bankiervereinigung beschlossen, dass:
- die Frist für die Amortisation der Hypothekarschuld auf zwei Drittel des Belehnungswertes der Liegenschaft von bisher 20 auf 15 Jahre verkürzt wird,
- bei der Finanzierung von Immobilienkäufen das Niederstwertprinzip gilt. Das heisst, dass nicht ein geschätzter Wert, sondern der real erzielte Verkaufspreis als Grundlage gilt.
- Zweiteinkommen nur angerechnet werden dürfen, wenn Solidarschuldnerschaft besteht, das heisst, die Partner müssen sich verpflichten, sich gegenseitig zu unterstützen.
Bei der Bankiervereinigung glaubt man jedoch nach wie vor nicht an eine Immobilienblase. «Wir sehen eine natürliche Abkühlung der Preise und gehen von einer sanften Landung aus», erklärt Sprecherin Daniela Flückiger. Die Massnahmen seien daher eine Anpassung an die Marktverhältnisse.
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Der Nationalbank sind die Hände gebunden
Betrachtet man einzig die Kernzahlen der Schweizer Wirtschaft, dann hätte die SNB längst ihre Leitzinsen erhöhen müssen. Das wäre die wirksamste Massnahme gegen eine Immobilienblase. Steigen die Hypozinsen, wird der Erwerb von Wohneigentum weniger attraktiv und die Nachfrage nimmt ab.
Der SNB sind jedoch die Hände gebunden. Im derzeitigen Umfeld der Weltwirtschaft kann sie die Leitzinsen unmöglich erhöhen. Der Druck auf den ohnehin schon künstlich tief gehaltenen Franken würde damit noch grösser werden. Deshalb kann die SNB den Immobilienmarkt nicht über die Geldpolitik beeinflussen. Sie muss zu dem greifen, was im Jargon «Macroprudential Policy» genannt wird, will heissen: Sie müsste Massnahmen ergreifen wie Erhöhung des Eigenkapitals beim Häuserkauf, Verkürzung der Amortisation, etc.
Die Gretchenfrage: Wann steigen die Zinsen wieder?
Die SNB ist dabei in bester Gesellschaft. Weil die Leitzinsen am Boden sind, greifen die Zentralbanken rund um den Globus auf die «Macroprudential Policy» zurück. Die Gretchenfrage bei den Ökonomen lautet deshalb: Wann werden die Leitzinsen wieder steigen? Wie meist fallen die Antworten darauf sehr unterschiedlich auf.
Es gibt eine starke Ökonomen-Fraktion, die davon ausgeht, dass uns tiefe Zinsen noch lange erhalten bleiben. Der Grund liegt darin, dass sich ein paar Dinge grundsätzlich geändert haben:
- Die Menschen werden älter, und das verändert das Sparverhalten. Die Arbeit verschiebt sich in den Dienstleistungssektor, das verändert das Investitionsverhalten.
- Die Krise hat die Zentralbanken gezwungen, die Finanzmärkte mit billigem Geld zu fluten. Die hohen Staatsschulden verhindern heute, dass sie die Leitzinsen wieder anheben können, weil höhere Zinsen die Staatskassen sprengen würden.
- Ölproduzenten wie die Golfstaaten und aufstrebende Schwellenländer wie China haben nach wie vor grosse Sparüberschüsse und versorgen die Industrieländer mit billigem Geld.
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Wohneigentümer: Hütet euch vor der SNB
Die «tiefe Zinsen bis in alle Ewigkeit»-Theorie ist nicht unbestritten. So hat Mark Carney, Gouverneur der Bank of England, kürzlich gewarnt, dass er die Leitzinsen sehr viel schneller erhöhen könnte, als allgemein erwartet werde. Stephen Roach, Chefökonom von Morgan Stanley Asia, macht darauf aufmerksam, dass der Westen bald nicht mehr mit billigem Geld aus dem Osten rechnen kann. China will künftig seine Exportüberschüsse vermehrt dazu verwenden, die Binnennachfrage anzukurbeln.
Auch in der Schweiz müssen die Besitzer von Häusern und Eigentumswohnungen auf der Hut sein. Bei der erstmöglichen Gelegenheit wird die SNB ihre Leitzinsen erhöhen.
