Uber ist das Schreckgespenst der Taxibranche: Mit einer tollen App und günstigen Preisen stellt der US-Konzern den Markt auf den Kopf. Es ist das Musterbeispiel einer disruptiven Innovation. Doch auf der Überholspur bleibt keine Zeit, sich auszuruhen. Das Unternehmen könnte innerhalb weniger Jahre selbst von der nächsten Entwicklung verdrängt werden: von selbstfahrenden Autos.
Das Kerngeschäft von Uber ist die Vermittlung zwischen Chauffeuren und Fahrgästen. Was jedoch, wenn es den Chauffeur gar nicht mehr braucht? Verschiedene Unternehmen tüfteln an selbstfahrenden Autos, an vorderster Front Google: Der Internetgigant will 2020 die ersten autonomen Fahrzeuge auf den Markt bringen.
Uber will diesen Trend nicht verpassen. Im Februar wurde bekannt, dass der Konzern in Pittsburgh in Zusammenarbeit mit der Carnegie Mellon University ein Zentrum zur Erforschung von Sicherheit, Mapping und autonomer Systeme eröffnet hat. Diese Woche hat ein Reporter der «Pittsburgh Business Times» ein mit Sensoren bestücktes Auto von Uber auf der Strasse fotografiert.
Das fotografierte Auto sei nicht selbstfahrend, betont Uber. Aber es ist kein Geheimnis, worauf die Forschungsarbeit hinausläuft. CEO Travis Kalanick ist ein erklärter Fan von Autos ohne Chauffeur – nicht zuletzt aus finanzieller Sicht. «Eine Fahrt mit Uber ist nicht wegen des Autos teuer, sondern wegen des anderen Typen im Auto», sagte er 2014 an einer Konferenz. «Wenn kein anderer Typ im Auto sitzt, dann wird Uber günstiger, als einen eigenen Wagen zu besitzen.»
Dass sich Uber in einem Feld betätigt, in dem der enge Verbündete Google an vorderster Front mitmischt, ist kein Zufall. Die Zeichen mehren sich, dass sich Uber langsam aber sicher von seinem Hauptinvestor Google lösen will – und ein erbitterter Konkurrenzkampf droht.
Denn Google wiederum scheint an einem eigenen Fahrvermittlungsdienst zu arbeiten. David Drummond, ein hochrangiger Google-Manager, der im Verwaltungsrat von Uber sitzt, hat Uber gemäss Bloomberg darüber informiert. Auch sollen Uber-Manager Screenshots des Google-Dienstes gesehen haben, berichtet ein namentlich nicht genannter Insider.
Kaum Zweifel an Ubers Plänen, auf eigenen Beinen zu stehen, lässt das Interesse an Nokias Kartendienst «Here». Einem Bericht der «New York Times» zufolge ist Uber bereit, bis zu drei Milliarden Dollar dafür zu bezahlen – auch BMW, Audi und Mercedes-Benz und Facebook sollen interessiert sein. Momentan verlässt sich Uber voll und ganz auf Google Maps, was zu einer Abhängigkeit führt.
Here gilt als grösster Konkurrent von Google Maps und aktualisiert sein Kartenmaterial laufend aus 80'000 Quellen. Das System hat weltweit einen Marktanteil von 80 Prozent bei eingebauten Auto-Navigationssystemen. FedEx, Amazon, Microsoft, Yahoo, Audi, BMW, Daimler, General Motors und Honda setzen bereits auf die Geodaten von Here. Nokia will den Kartendienst wegen einer Umstrukturierung verkaufen.
Ein Forschungszentrum eröffnen und einen erstklassigen Kartendienst kaufen: Das sind teure Angelegenheiten. Aber Uber dürfte es sich leisten können. Das Unternehmen hat 4,9 Milliarden Dollar an Risikokapital beschafft und wird auf einen Wert von 41 Milliarden Dollar geschätzt.
Die Rivalität zwischen Uber und Google bahnte sich zunächst nur hinter den Kulissen an. Die Unternehmen hüllen sich in Schweigen, was das Thema anbelangt. Aber es ist offensichtlich: Beide beackern je länger je mehr dasselbe Feld. Irgendwann wird es zum Showdown kommen.
Und da wird Uber nicht gegen seinen einstigen Ziehvater ankommen. Google hat bei der Forschung mit fahrerlosen Autos fünf Jahre Vorsprung. Google hat immer noch das beste Kartensystem. Google ist um ein vielfaches mächtiger als der Senkrechtstarter.
Und Uber wird auf die harte Tour erfahren, wie es ist, von einer disruptiven Kraft weggeschwemmt zu werden.