Erst Abstrich, dann Quarantäne: Ein positiver Coronatest kann zunächst beunruhigend wirken. Zwar wird ständig betont, dass eine Infektion für die meisten Menschen ungefährlich ist, trotzdem löst sie bei so manchen Betroffenen zunächst ein flaues Magengefühl aus.
Das liegt auch daran, dass vielen nicht bewusst ist, wie eine Sars-CoV-2-Infektion abläuft, wie hoch die Sterblichkeitsrate ausfällt oder was den Heilungsprozess beschleunigt. watson.de sprach deswegen mit Experten verschiedener Fachgebiete, um herauszufinden, wie man sich am besten vor einer Ansteckung schützen kann.
Mit dabei sind die beiden Hausärzte Jens Wasserberg und Wolfgang Kreischer, der Virologe Thomas Schulz und der Immunologe Carsten Watzl. Sie alle beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit dem Coronavirus.
Das Coronavirus wurde bereits einige Male mit anderen Erregern verglichen, etwa für Sars, Mers und Influenza. Die Antworten fielen bisher unterschiedlich aus. Unsere Experten sind sich in dem Punkt allerdings einig.
Carsten Watzl (Immunologe): «Was die Todeszahlen angeht, kann man schon mal sagen, dass das Coronavirus deutlich weniger tödlicher als Sars und Mers ist. Bei den Corona-Todesfällen kursieren gerade Zahlen zwischen einem und zwei Prozent. Da nicht genau bekannt ist, wie viele Menschen sich wirklich infiziert haben, würde ich sogar von einer kleineren Zahl ausgehen. Bei der Grippe liegt sie hingegen bei 0,1 Prozent. In diesem Bezug könnte man also eher sagen, dass das Coronavirus schlimmer als eine Grippe ausfallen kann. Weil die Zahlen allerdings nicht wirklich zuverlässig sind, ist die Aussage mit Vorsicht zu geniessen.»
Thomas Schulz (Virologe): «Infektionen mit dem neuen Sars CoV-2 verlaufen weniger schwerwiegend als Infektionen mit Sars oder Mers. Das Sars-Virus trat nur einmal im Winter 2002 auf. Dabei starben ungefähr zehn Prozent aller laborbestätigten Fälle. Die entsprechende Zahl für Mers kann sogar noch höher sein. Im Vergleich dazu sterben bei Sars-CoV-2 etwa zwei Prozent aller laborbestätigten Infektionen.
Die reale Todesrate liegt aber wahrscheinlich niedriger, da sicher nicht alle Infizierten entdeckt und im Labor auf das Virus getestet werden. Die Todesrate der saisonalen Influenza liegt deutlich unter einem Prozent. Da man die jedoch die tatsächliche Sterberate bei Sars-CoV-2 noch nicht kennt, ist der Vergleich mit der saisonalen Influenza etwas schwierig.
Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass Infektionen mit dem neuen Sars-CoV-2 Virus im Durchschnitt schwerer und häufiger mit tödlichem Ausgang verlaufen als die saisonale Influenza.»
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Da kann jeder bisher nur subjektiv drauf antworten. Meine Meinung ist, dass sich das Coronavirus in der Grössenordnung von den Dingen abspielt, die wir bisher auch kennengelernt haben. Das muss nicht schlecht sein. Es bedeutet lediglich, dass es keine völlig neuartige Bedrohung unbekannten Ausmasses darstellen könnte. Belege dafür gibt es aber nicht.»
Das Coronavirus führte auch zu Todesfällen. Leider ist das ein Fakt. Allerdings sind es verhältnismässig wenige, wie die Experten gerade schon erklärten. Weit mehr Menschen haben eine Infektion ohne Komplikationen überstanden. Bleibt also die Frage, wie hoch die Sterblichkeitsrate des Coronavirus wirklich ist. Laut unseren Experten ist das schwer zu sagen.
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Aus meiner Sicht ist es völlig unseriös, da einen Wert zu nennen. Die Daten dazu fallen zu unterschiedlich aus. In Deutschland werden zudem nur auf Zuruf Tests gemacht, wodurch nicht klar ist, wie viele Menschen das Virus haben. Rechnungen basieren also auf Schätzungen anhand gemachter Abstriche. In China gibt es Rechnungen, aber da ist die medizinische Versorgung wesentlich schlechter. Die Werte dort lassen sich kaum auf Europa übertragen.»
Carsten Watzl (Immunologe): «Wie gesagt, aktuell kursieren Zahlen zwischen einem und zwei Prozent. Da es allerdings nicht klar ist, wie viele Menschen den Virus unbemerkt in sich tragen, fällt die Zahl wahrscheinlich geringer aus.»
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): «Da kann man abschliessend noch nichts sagen. Zumindest höher als bei der Grippe. Die Sterblichkeit scheint unterschiedlich hoch zu sein, je nach Land: Der Iran hat die meisten Todesfälle im Verhältnis zu den Erkrankten.»
Nun ist es da: Das positive Corona-Ergebnis. In Quarantäne überlegst du dir, wie du das Virus wieder loswirst. Von effektiven Corona-Medikamenten hast du bisher noch nicht gehört. Damit bist du nicht allein. Unsere Experten erklären, warum, und was eventuell helfen könnte.
Thomas Schulz (Virologe): «Das ist noch unsicher. Die klinische Prüfung einiger gegen andere Viren entwickelter Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 dauert noch an.»
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): «Das weiss man noch nicht. Vermutlich helfen sogenannte Virustatika, die auch bei Aids und Gürtelrose zur Anwendung kommen. Sicher ist das aber nicht.»
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Bei Virostatika, zu denen auch HIV-Medikamente gehören, gibt es bisher noch keinen Beweis, dass diese auch gegen das Coronavirus helfen. Ausserdem tragen viele Menschen das Virus, ohne dass sie Symptome entwickeln. Da würde es keinen Sinn machen, Medikamente zu verabreichen. Vor allem, weil Virostatika Nebenwirkungen haben, die nicht in Relation zur bisher vom Coronavirus ausgehenden Gefahr stehen. Zumal der Körper das Virus auch so in den Griff bekommt – also in den meisten Fällen.»
Es gibt bisher noch keine Medikamente, um das Coronavirus zu bekämpfen. Über die aktuellen Behandlungsmethoden sind sich unsere Experten einig: Es wird nicht das Virus selbst, sondern die möglicherweise ausgeprägte Erkrankung behandelt.
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Die Behandlung in einer Praxis orientiert sich an den Symptomen und den Beschwerden, die die Patienten haben. Bei Corona können sie die Patienten in zwei Gruppen einteilen. Zum einen wären da Leute, die Corona haben, aber dafür keine schweren Symptome, sondern lediglich eine leichte Grippe.
Die gehen bestenfalls nach Hause und versuchen niemanden anzustecken – eine richtige Therapie gibt es da nicht. Und dann wären da noch diejenigen, die schwere Symptome wie etwa eine Lungenentzündung ausprägen. Da behandeln wir die Beierkrankung. Für das Virus selbst gibt es bis heute keine spezifische Therapie.»
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): «Das hängt von den jeweiligen Beierkrankungen ab. Kommt es zu einer Bronchitis oder einer Lungenentzündung, behandeln wir entsprechend.»
Ob es demnächst Medikamente oder einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben wird, ist noch unklar, genauso wie wann die Mittel für die Bevölkerung zugänglich sein werden. Betroffene werden das Virus wohl aussitzen und sich gegen Beierkrankungen behandeln lassen müssen, sollten sie Symptome zeigen. Wie lange es dauert, bis der Virus den Körper wieder verlässt, erklären unsere Experten.
Thomas Schulz (Virologe): «Das hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Man ist dann nicht mehr ansteckend, wenn man kein Virus mehr ausscheidet. Dies kann mittels eines Labortests überprüft werden, allerdings gibt es wohl Fälle, bei denen sehr geringe Mengen an ausgeschiedenen Viren von einem derartigen Test nicht entdeckt wurden. Ein negatives Testergebnis schliesst also eine Infektiosität nicht mit absoluter Sicherheit aus.»
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): «Es ist zu vermuten, das ein bis zwei Wochen nach einer Erkrankung davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckung mehr stattfindet. Aber Achtung: Es gibt einen Hinweis, dass sich ein Mensch ein zweites mal angesteckt haben soll. Ob es allerdings eine Neuinfektion oder er lediglich nicht auskuriert war, wurde nicht geklärt.»
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Das richtet sich auch nach dem Ende der Quarantänezeit. Normalerweise wird geschaut, wie lange ein Neuinfizierter braucht, bis er wieder gesund wird. Das fällt bei jedem unterschiedlich aus. Bei einem normalen Verlauf würde ich von zwei, drei Wochen ausgehen. Bei Komplikationen kann es natürlich länger dauern. Ist der Infekt ausgesessen, kann man davon ausgehen, dass ein Betroffener nicht mehr ansteckend ist.»
Kaum ist eine Infektion überstanden, bleibt bei so manchen die Angst vor einer weiteren. Wann letztlich ein Immunschutz vor dem Coronavirus besteht, ist noch nicht geklärt. Auch unsere Experten sind sich da unsicher.
Carsten Watzl (Immunologe): «Wir wissen es noch nicht. Traditionell ist es so, wenn man eine Virusinfektion durchgemacht hat, also das Virus vom Immunsystem bekämpft wurde, bleiben Gedächtniszellen zurück. Sobald das gleiche Virus wiederkommt, sorgen sie dafür, dass man geschützt ist. Ich gehe davon aus, dass das beim Coronavirus auch so sein wird. Es gibt ein, zwei Berichte, die besagen, dass es Menschen gab, die nach einer Infektion eine weitere bekamen. Diese Fälle müssen aber noch richtig untersucht werden, da es gut sein kann, dass die erste Virusinfektion noch gar nicht vorüber war.»
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): «Das ist noch nicht bekannt.»
Jens Wasserberg (Hausarzt): «Da gibt es verschiedene Erkenntnisse. In Japan geht man etwa davon aus, dass das Virus nach drei Wochen ausgesessen ist und ein Infizierter dann keine Gefahr mehr darstellt. In Deutschland wurde eine Quarantäne schon nach zehn Tagen aufgehoben. Da das mit den Neuinfektionen noch nicht sicher ist, kann man nur schwer sagen, ob ein kurierter Patient, darauf immun ist.»
Unsere Experten sind bei einem Grossteil der Fragen einig. Sie können zwar nicht alles vollständig klären. Das liegt allerdings auch daran, dass es bisher noch viele offene Fragen zum Virus gibt. Sie machen dennoch deutlich, dass eine Infektion für die meisten erstmal nichts Schlimmes bedeuten muss und Heilung sehr wahrscheinlich ist.
Wenn du also erfährst, dass du dich mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt hast: Bewahre bitte Ruhe. Im Notfall gibt es ausreichend gut ausgebildetes Fachpersonal, das dir helfen kann. Solltest du dir unsicher sein, ob du dich mit dem Virus angesteckt hast, ruf bitte bei deinem Arzt an, bevor in die Praxis gehst. So vermeidest du weitere Ansteckungen.