Egal ob in Games oder Trickfilmen, erst geschmeidige Bewegungen hauchen virtuellen Figuren Leben ein. Statt jede einzelne Animation mühselig per Maus am Computer einzugeben, soll das neuste Projekt der ETH Zürich vieles vereinfachen: ein Joystick. Allerdings nicht wie man ihn von Flugsimulatoren kennt, sondern ein Steuergerät, das im Baukastenprinzip auf unterschiedliche Bedürfnisse angepasst werden kann.
Entwickelt hat das wie ein Spielzeug anmutende Gerät ETH-Professorin Olga Sorkine-Hornungund und ihr Team mit der Unterstützung des Autonomous Systems Labors. Die Idee dazu entstand, als sie noch an der New Yorker Universität arbeitete. Aus Bequemlichkeit suchten Sorkine-Hornung und ihr Doktorand Alec Jacobsen nach einem besseren Verfahren für 3-D-Animationen, weil die Arbeit mit der Maus zu mühsam war. «Alec hatte die Idee, ein physisches Interface zu entwickeln. Das Ganze entstand zwar aus Bequemlichkeit, aber wir merkten schnell, dass das Problem auch Künstler und Designer betrifft», so die Forscherin.
Der Joystick besteht aus einer Sammlung von Teilen, die Gelenke repräsentieren. Sie können sich wie eine Schulter beugen und rotieren. In jedem Teil ist ein Sensor enthalten, der die Rotation spürt. «Die Gelenke lassen sich wie Lego-Teile zusammenstecken und kommunizieren miteinander. Die Informationen werden anschliessend per USB-Kabel an den Computer übertragen und von einer Software ausgelesen, die dann weiss, wie das Skelett oder die Form aussieht», sagt Sorkine-Hornung. Die Joystick-«Puppe» kann mit wenigen Griffen in unterschiedliche Formen wie einen Elefanten, einen Hund oder eine Lampe gebracht werden (siehe Video).
Seit drei Jahren arbeitet Sorkine-Hornung bereits am Projekt. Aus Mangel an entsprechenden Fachkräften hat der Joystick erst an der ETH Zürich Form angenommen. Mithilfe des Maschinenbau-Departements und Experten im Roboter-Bereich kam das Projekt rasch voran.
Potentielle Einsatzgebiete sieht Sorkine-Hornung nicht nur bei Designer von Games oder Trickfilmen, sondern auch in der Bildung: «In Bereichen, in denen es um die Vorstellungskraft geht, könnte unser Joystick die nötige Brücke zwischen Theorie und Praxis schaffen. Denkbar ist auch die Verwendung als Eingabegerät für Games. Sprich, wirklich einen Joystick daraus zu machen.»
Bei all den Möglichkeiten sind dem Gerät auch Grenzen gesetzt. 20 bis 30 Teile lassen sich zu verschiedenen Formen zusammensetzen, bevor die Schwerkraft einsetzt und das ganze zusammenfällt. Darum ist die ETH-Professorin in Gedanken bereits beim nächsten Modell: «Wir würden gerne ein neues Gerät entwickeln, um weniger eingeschränkt zu sein und die Gelenke besser repräsentieren zu können.»
Bis aus dem jetzigen Prototyp ein fertiges Produkt wird, vergehe noch mindestens ein Jahr, prognostiziert Sorkine-Hornung. Um den Herstellungspreis auf 500 Franken runterzubrigen und als kommerzielles Produkt attraktiv zu werden, braucht es eine Massenfertigung. Das aktuelle Modell stammt zum grossteil aus dem 3-D-Drucker und kostet wesentlich mehr.
Bereits jetzt sei das Interesse am modularen Joystick riesig. «Wir sind offen für alles. Durch das grosse Medieninteresse kriegen wir derzeit viele neue Anfragen», sagt Sorkine-Hornung. Auch die Gamebranche habe schon die Fühler ausgestreckt, allerdings noch keine Schweizer Vertreter, aber das ändert sich ja vielleicht bald.