Du bist reizbar, sensibel und würdest am liebsten auf etwas draufhauen. Sobald du jedoch was zu beissen kriegst, ist die Welt wieder im Reinen – kurz: Du warst «hangry». Die Wissenschaft hat diesen Zustand nun endlich auch ausserhalb von Laborversuchen beim Menschen nachgewiesen.
Die Forschenden um Viren Swami von der britischen Anglia Ruskin University (ARU) werteten die Angaben von über 60 erwachsenen Probanden aus, die über einen Zeitraum von 21 Tagen fünfmal am Tag per App nach ihrem Hungergefühl und Gefühlszuständen wie Ärger, Reizbarkeit und Vergnügen befragt wurden. Heraus kam, dass es in der Tat einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Hungergefühl und negativen Gefühlen gibt. Die Studie wurde im Fachjournal «Plos One» veröffentlicht.
So weit, so unspektakulär. Interessant ist, warum dieser Zusammenhang bestehen könnte. Hierzu hat Swami zwei Theorien:
«Es ist wahrscheinlich eine komplizierte Kombination aus beidem», sagte der Wissenschaftler zur Deutschen Presse-Agentur. Er gehe aber davon aus, dass psychologische Faktoren eine grössere Rolle spielten als der Blutzuckerspiegel, dessen Einfluss in diesem Zusammenhang von verschiedenen Studien angezweifelt worden sei.
Problematisch sind negative Gefühle, wenn man deren Ursache nicht erkennt. Denn dann fällt es umso schwerer, wieder zum Pfad der Glückseligkeit zurückzufinden. «Wenn ich wütend bin, muss ich nach der Quelle dieser Wut suchen», sagt Swami. Erkennst du also, dass du «hangry» bist, reicht ein kleiner Happen. So könne man seine Gefühle besser einordnen und die Situation besser meistern.
Es gibt jedoch auch Kritik an der Studie. Zum einen ist das Sample mit etwas über 60 Probanden relativ klein. Ausserdem sei es schwer, in diesem Zusammenhang Ursache und Wirkung klar zu trennen. Hunger könne ein Ausdruck von Ärger sein, sagte der emeritierte Professor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie Johann Christoph Klotter von der Hochschule Fulda zur dpa.
(leo mit Material der sda und dpa)