Das HI-Virus besitzt ein Protein namens Nef, das ihm bei der Infektion von menschlichen Immunzellen hilft. Nun konnten zwei internationale Forscherteams zwei Eiweisse identifizieren, die Nef unterdrücken und für neuartige therapeutische Ansätze interessant sein könnten.
Die Wissenschaftler um Massimo Pizzato von der Universität Trento haben Nef in HI-Viren künstlich ausgeschaltet, um herauszufinden, welche Zellen für eine Infektion mehr oder weniger anfällig sind. Es zeigte sich, dass jene Zellen am wenigsten leicht infiziert werden, in deren Membranhüllen das Eiweiss SERINC5 in grossen Mengen vorhanden ist.
In anfälligen Zelllinien wurde das Protein hingegen nur in geringem Masse produziert, wie die Forschenden im Fachjournal «Nature» berichten. Da SERINC5 durch Nef unterdrückt werde, sei es ein vitales Element für HIV und den weiteren Infektionsverlauf, teilte die beteiligte Universität Genf am Mittwoch mit.
Sind SERINC5-Moleküle aber in grosser Zahl vorhanden, kann Nef nicht mehr entgegenwirken. Dadurch reduziert sich die Infektionsfähigkeit des HI-Virus deutlich. In einem zweiten «Nature»-Artikel bestätigt ein anderes Forscherteam diese Resultate sowohl für SERINC5 als auch SERINC3.
Den Mechanismus erklärt Pizzato wie folgt: Ein HI-Virus mit ausgeschaltetem Nef-Protein kann eine Immunzelle problemlos infizieren und das Virus reproduziert sich normal. Tritt es aber wieder aus, um eine weitere Zelle zu infizieren, nimmt es einen Teil der infizierten Zellmembran mit, um seine eigene Membran zu bilden.
Mit der Membran nimmt das Virus aber auch das Protein SERINC5 mit, das sich dort befindet. Will das Virus von da an eine weitere Zelle infizieren, fungiert SERINC5 wie ein Alarmsignal. Es warnt die betroffene Zelle vor der Ankunft des Erregers und macht sie weit weniger anfällig.
SERINC5 sei nicht der erste bisher entdeckte antiretrovirale Faktor, betonte Mitautor Federico Santoni von der Uni Genf. Aber der neue Mechanismus funktioniere ganz anders als die bisher entdeckten. Zudem sei SERINC5 stets in allen Immunzellen präsent. Weitere Untersuchungen müssten nun aufzeigen, wie diese Schwachstelle von HIV für neue therapeutische Ansätze genutzt werden könnte. (sda)