Gleich zu Beginn kam der Krieg: Unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung Israels griffen die Armeen seiner arabischen Nachbarn den jungen jüdischen Staat an. Damit wurde aus den lokalen Gefechten zwischen jüdischen und arabischen Milizen ein offener Krieg. Es sollte nicht der einzige bleiben. Welche Ereignisse führten zu dieser anscheinend unversöhnlichen Feindschaft? Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, lange vor der Gründung Israels.
Das Territorium, auf dem heute Israel und die von ihm besetzten Gebiete liegen, gehörte bis zum Ersten Weltkrieg zum Osmanischen Reich, das die Region 1516 besetzt hatte. Ende 1917 eroberten britische Truppen das Land. Die Briten hatten zuvor den unter osmanischer Herrschaft lebenden Arabern im Nahen Osten die Unabhängigkeit versprochen, um sie als Verbündete im Kampf gegen die Osmanen zu gewinnen. Zugleich hatten sie in der Balfour-Deklaration den Juden eine nationale Heimstatt in Palästina zugesagt.
Doch die Briten, die in Palästina zunächst eine Militärverwaltung einrichteten, hatten ihre eigenen Pläne. Schon 1916 hatten sie in einer geheimen Übereinkunft mit den Franzosen – dem berüchtigten Sykes-Picot-Abkommen – das Vorgehen nach der absehbaren Niederlage des Osmanischen Reiches koordiniert. Dessen nahöstliche Konkursmasse sollte zwischen den beiden Mächten verteilt werden: Das spätere Jordanien, der Irak sowie Kuwait sollten zur britischen Einflusssphäre gehören, Syrien und der Libanon zur französischen. Für das später Palästina genannte Gebiet war eine internationale Verwaltung vorgesehen.
Diese Aufteilung nahm in groben Zügen die Grenzen der Völkerbundsmandate voraus, die nach dem Krieg an Grossbritannien und Frankreich übertragen wurden, wobei Palästina aber unter britische Kontrolle gelangte – in Form des Völkerbundsmandats für Palästina. Dessen Territorium wurde kurz darauf um Transjordanien (heute Jordanien) erweitert, das aber als Emirat weitgehend innere Autonomie genoss und von Cisjordanien geschieden verwaltet wurde. Damit durften jüdische Einwanderer ins Mandatsgebiet sich nur noch westlich des Jordans – in Cisjordanien – niederlassen.
Das Mandat verpflichtete London dazu, die «Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina» zu unterstützen – ohne dass dabei aber «die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina» beeinträchtigt würden. Die Briten sollten also ein Omelett machen, ohne dafür Eier zu zerbrechen.
Damals lebte eine jüdische Minderheit neben einer arabischen Mehrheit in Palästina (der Begriff «Palästinenser» war für die arabische Bevölkerung damals noch nicht üblich). Die Juden waren in ihrem Stammland in der Minderheit, seitdem römische Legionen den Bar-Kochba-Aufstand um 136 n. Chr. niedergeschlagen und Teile der jüdischen Bevölkerung vertrieben hatten. Gleichwohl hielt sich jüdisches Leben in Palästina auch nach der Eroberung durch die Araber um 636, verstärkt durch die sporadische Einwanderung von jüdischen Wallfahrern aus Europa und die Ansiedlung von Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien vertriebenen sephardischen Juden. Doch die grosse Mehrzahl der Juden lebte nach wie vor in der Diaspora.
Seit den frühen 1880er-Jahren nahm die jüdische Bevölkerung in Palästina jedoch wieder deutlich zu. Grund dafür war die Einwanderung aschkenasischer Juden – jener Juden, die seit Jahrhunderten in Mittel- und Osteuropa lebten. Ein Teil dieses Judentums hatte unter dem Eindruck nahezu permanenter Verfolgung und Unterdrückung das europäische Konzept des Nationalismus übernommen: Der Zionismus – der Begriff leitet sich ab von Zion, dem Tempelberg in Jerusalem – sah in der Gründung eines jüdischen Staats die Lösung für die prekäre Lage der Juden. Er nahm dabei aber auch eine religiöse jüdische Traditionslinie auf, in der die Rückkehr nach Zion, ins «Heilige Land», ersehnt wurde.
Der moderne, rassistisch statt religiös begründete Antisemitismus in West- und Mitteleuropa trug seinerseits dazu bei, den Zionismus als Ausweg populär zu machen. In Russland führten staatlich geförderte Pogrome von 1882 bis 1903 zu einer fluchtartigen Auswanderung von Juden, von denen aber nur ein kleiner Teil nach Palästina kam. Im Zuge dieser ersten sogenannten Alija kamen etwa 30'000 Einwanderer ins osmanische Palästina. Viele dieser Einwanderer kauften Land und gründeten landwirtschaftliche Siedlungen, zum Teil mit finanzieller Unterstützung durch zionistische Gönner.
Bis 1918 wuchs die jüdische Minderheit in Palästina auf rund 66'000 Menschen an (gut 10 % der Gesamtbevölkerung). 1936 waren es bereits 370'000 (27 %), am Vorabend des Zweiten Weltkriegs dann 475'000 (rund 40 %). Zu dieser verstärkten Einwanderung trug der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland entscheidend bei. Obwohl die Briten als Mandatsmacht die jüdische Einwanderung ab 1939 stark einschränkten, kamen zehntausende von illegalen jüdischen Immigranten ins Land. Bis 1948 stieg die jüdische Bevölkerung auf etwa 650'000 bis 700'000 Menschen an.
Das Verhältnis der beiden Bevölkerungsgruppen – dem sogenannten Jischuv, also der jüdischen Gemeinschaft, und der arabischen Mehrheit – war zu Beginn nicht per se feindschaftlich, zumal die jüdische Einwanderung für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgte. Dieser lockte auch arabische Zuwanderer aus umliegenden Regionen an – im ersten Halbjahr 1934 sollen etwa mehr arabische Einwanderer nach Palästina gekommen sein als jüdische.
Ausdruck des relativ guten Verhältnisses war etwa das Faisal-Weizmann-Abkommen von 1919. Es bestimmte, dass die Staatsgrenzen für die beiden angestrebten Gemeinwesen – ein arabisches Königreich und ein jüdischer Staat – einvernehmlich festgelegt werden sollten. Die arabische Seite war also mit der Abtrennung eines jüdischen Staatswesens einverstanden, machte indes klar, dass dieser Vertrag nur wirksam sein konnte, wenn die Araber ihre Unabhängigkeit erhalten würden. Dies war mit der Einrichtung des Völkerbundsmandats für Grossbritannien allerdings nicht der Fall.
Das Verhältnis zwischen Juden und Arabern verschlechterte sich jedoch schnell. Einer der Gründe war der Umstand, dass die Einwanderer mehrheitlich Jiddisch sprechende aschkenasische Juden waren, die der arabischen Bevölkerung kulturell weit weniger nahe standen als die bereits im Land ansässigen Juden, die meist Ladino oder Arabisch sprachen. Religiöse Zwiste verstärkten die Animositäten: Besonders in Jerusalem liegen die Heiligen Stätten von Judentum und Islam teilweise unentwirrbar beieinander.
Hinzu kam, dass jüdische Einwanderer oft Land von Grossgrundbesitzern kauften, die zum Teil gar nicht in Palästina selber wohnten, und darauf landwirtschaftliche Kollektive gründeten. Die arabischen Pächter hatten das Nachsehen, zumal diese Kollektive vielfach ausdrücklich nur Juden aufnahmen. Verschärfend wirkte sich aus, dass die Pächter zwar oft nicht das Land besassen, wohl aber die Bäume – besonders Olivenbäume –, die darauf wuchsen. Diese Form von Besitzrecht verstanden die neuen Eigentümer nicht, oder sie waren nicht gewillt, sie zu akzeptieren.
Die Feindseligkeit führte schnell zu Gewalt: Schon 1920, im direkten Vorfeld der Konferenz von Sanremo, an der die Übergabe Palästinas als Völkerbundsmandat an Grossbritannien besiegelt wurde, brachen erste arabische Unruhen aus. 1929 kam es zum Massaker von Hebron, bei dem die gesamte, seit Jahrhunderten dort ansässige jüdische Bevölkerung aus der Stadt vertrieben wurde. Die jüdische Seite versuchte sich mit paramilitärischen Verbänden zu schützen; 1920 wurde die Hagana gegründet, aus der später die israelische Armee hervorgehen sollte.
Die beiden verfeindeten Nationalbewegungen der Araber und Juden bekämpften sich nicht nur gegenseitig, sondern in unterschiedlichem Masse auch die britische Mandatsmacht. Zwischen 1936 und 1939 erschütterte der Grosse Arabische Aufstand (Thawra) Palästina, der sich gegen Juden wie Briten gleichermassen richtete und von der Mandatsmacht nur mit Mühe unter Kontrolle gebracht werden konnte. Erstmals mischte sich nun die arabische Welt in den Konflikt im Mandatsgebiet ein; Freiwillige aus Syrien, Transjordanien und dem Irak unterstützten die Aufständischen.
Die Juden ihrerseits bildeten mit der Irgun und der Lechi terroristische Gruppen. Diese griffen nicht nur arabische Ziele an, sondern auch britische, da die Mandatsmacht ab 1939 die jüdische Einwanderung begrenzte, um Forderungen der arabischen Seite entgegenzukommen. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg attackierten diese Gruppen die Mandatsmacht massiv und verübten zum Teil verheerende Anschläge, etwa 1946 auf das King David Hotel in Jerusalem, in dem sich Büros des Generalstabs der britischen Armee für Palästina befanden.
Die britische Mandatsmacht versuchte, der zunehmenden Gewalt beizukommen, indem sie den Konfliktparteien territoriale Kompromisse vorschlug. Bereits 1936 liess sie die sogenannte Peel-Kommission einen Teilungsplan ausarbeiten, der im Jahr darauf vorgestellt wurde. Er sah die Schaffung eines jüdischen Staates im Norden und eines bedeutend grösseren arabischen Staates im Süden vor, getrennt durch eine weiterhin britisch besetzte Zone, die Jaffa und Jerusalem umfassen sollte.
Während es im künftigen arabischen Staat und der britischen Zone nur eine kleine jüdische Minderheit gegeben hätte, wäre der jüdische Staat fast zur Hälfte von Arabern bewohnt gewesen. Die Kommission schlug daher einen Bevölkerungsaustausch vor. Die arabische Seite lehnte den Plan überwiegend ab, die jüdische Seite stimmte ihm überwiegend zu. Der Völkerbund empfahl den Briten die Ablehnung des Vorschlags, der darauf in der Tat fallen gelassen wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg neigte die britische Regierung immer mehr einem Rückzug aus Palästina zu – die Kosten für den Unterhalt des Sicherheitsapparats wurden zusehends unerträglich. Zudem war das vom Weltkrieg gebeutelte Empire in Indien mit einem noch viel bedeutenderen Krisenherd konfrontiert. Im Februar 1947 beschloss London, das Mandat im September gleichen Jahres an die UNO, die Nachfolgeorganisation des Völkerbunds, zurückzugeben. Ein Sonderausschuss sollte dann einen neuen Teilungsplan ausarbeiten – den berühmten UNO-Teilungsplan von 1947.
Dieser Plan sah die Schaffung eines jüdischen Staates vor, der die fruchtbar gemachte Küstenebene mit Galiläa und die Wüste Negev erhalten sollte und 56,47 Prozent des Mandatsgebiets (ohne Jordanien) umfasste. Der arabische Staat sollte West-Galiläa, Samaria und das Bergland von Judäa sowie das Gebiet um Gaza und einen Teil der Negev-Wüste erhalten. Die Stadt Jerusalem mit den Heiligen Stätten und den umliegenden Gemeinden sollte ein Corpus separatum bilden, eine internationale Zone unter UNO-Verwaltung. Die beiden Staaten wären in einer Zoll- und Währungsunion verbunden gewesen und hätten die Infrastruktur für Wasser, Energie und Verkehr gemeinsam betrieben.
Der von den Grossmächten unterstützte Teilungsplan wurde von der UNO-Vollversammlung angenommen. Die arabischen Mitglieder der UNO lehnten ihn jedoch ab, ebenso die arabische Bevölkerung im Mandatsgebiet, die einen jüdischen Staat mehrheitlich ohnehin prinzipiell ablehnte und den Plan als Katastrophe empfand, da der jüdische Staat mehr fruchtbares Land erhalten sollte. Im jüdischen Staat hätten ausserdem neben rund 500'000 Juden nicht weniger als 400'000 Araber gelebt, die mehrheitlich keineswegs Teil eines solchen Staates sein wollten. Auf der jüdischen Seite überwog indes die Zustimmung; vornehmlich nationalistische Gruppierungen wie die Irgun lehnten ihn ab, weil er ihnen nicht weit genug ging.
Die Briten mussten einsehen, dass keine Lösung gefunden worden war, die von beiden Seiten akzeptiert wurde. Schon die Peel-Kommission war zum ernüchternden Fazit gekommen: «Ein nicht beizulegender Konflikt ist zwischen zwei nationalen Gemeinschaften innerhalb der engen Grenzen eines kleinen Landes entstanden.» Grossbritannien kündigte den Rückzug aus dem Mandat an, der am 14. Mai 1948 um Mitternacht vollendet sein sollte.
Nun explodierte die Gewalt in Palästina und entwickelte sich zu einem arabisch-jüdischen Bürgerkrieg, der mehrere Hundert Opfer auf jüdischer, arabischer und britischer Seite forderte. Auf der arabischen Seite operierten hauptsächlich Bürgerwehren und die Armee des heiligen Kriegs, während der Jischuv über ein schlagkräftiges Netz von Paramilitärs und Milizen unter dem Dach der Hagana verfügte. Daneben griffen auch die Irgun und die Lechi in die Kämpfe ein – sie verübten im April 1948 das Massaker von Deir Yasin.
Die arabischen Staaten hatten schon vor der Annahme des Teilungsplans mit Krieg gedroht. Die Nachbarstaaten Palästinas – Ägypten, Jordanien, Syrien und der Libanon – sowie der Irak entschlossen sich, sofort nach dem Abzug der Briten anzugreifen. Als am 14. Mai 1948 die israelische Unabhängigkeit ausgerufen wurde und das britische Mandat endete, griffen sie den jüdischen Staat an. Damit wurde aus dem Bürgerkrieg der Palästinakrieg, der erste arabisch-israelische Krieg.