Verrückt nach Schneeglöckchen – grosse Summen für kleine Blüten
Das Schneeglöckchen kämpft sich durch den Schnee und streckt als erste Blume sein Köpfchen aus dem weissen Boden. Die frühe Blüte repräsentiert Hoffnung und Durchhaltevermögen inmitten von Widrigkeiten.
Die Stärke der Pflanze liegt in ihrer Zwiebel, die während der Wintermonate tief im Boden Energie speichert. Diese Reserven ermöglichen dem Schneeglöckchen, selbst bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt seine zarten Blätter durch den harten Boden zu drücken.
Die zarten Blüten entzücken nicht nur, sie haben auch Suchtpotenzial. Diese Obsession hat sogar einen Namen: Galanthomanie. Menschen, die eine suchtartige Faszination für Schneeglöckchen hegen, geben oft beträchtliche Summen aus, um die seltensten und begehrtesten Exemplare zu sammeln. Eine einzelne Zwiebel eines besonders einzigartigen Schneeglöckchens kann mehrere hundert, manchmal sogar tausende von Franken kosten.
Ein Galanthophiler bezahlte 2024 bei einer Schneeglöckchen-Auktion 2500 Dollar für eine einzige Zwiebel. Die Auktion weckte Erinnerungen an das sogenannte Tulpenfieber – die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte im 17. Jahrhundert.
Der Begriff Galanthophiler geht zurück auf den britischen Gärtner E. A. Bowles (1865–1954), der einen ebenfalls begeisterten Schneeglöckchenliebhaber in einem Brief mit «Sehr geehrter Galanthophile» ansprach.
Bowles’ Wortschöpfung liess die Leidenschaft so richtig blühen – heute findet man die Liebhaber von Schneeglöckchen, botanisch Galanthus, abgeleitet vom griechischen gála für Milch und ánthos für Blüte, nicht nur in England, sondern überall auf der Welt. Heimisch ist die Blume in Europa und Vorderasien.
Dass die Schneeglöckchen-Leidenschaft ausser Kontrolle geraten kann, liegt nicht zuletzt an der Vielfalt und den unzähligen Sorten von Schneeglöckchen. Während es 20 wilde Arten gibt, die unter Artenschutz stehen, schätzt man, dass der Mensch mittlerweile rund 2000 weitere Sorten gezüchtet hat.
Im Schneeglöckchenland England ist die Blume tief in der Kultur verwurzelt. Im 19. Jahrhundert schmückten Schneeglöckchen die Wege zu den Toilettenhäuschen auf Friedhöfen, sodass diese in der dunklen Jahreszeit von weissen Blüten erleuchtet wurden. Viele dieser Friedhöfe beherbergen heute seltene Sorten und organisieren sogenannte Schneeflöckchen-Safaris.
In der Schweiz muss man sich bisher mit einer Wildsafari begnügen, um die Schneeglöckchen in freier Wildbahn zu entdecken.