In Schweizer Supermärkten wimmelt es von verfälschtem Honig. Das zeigt eine DNA-Analyse im Auftrag von «Kassensturz». 17 von 20 untersuchten Honigen wiesen Spuren von Verunreinigungen auf. Einzig der Honig aus Schweizer Produktion schnitt im Test positiv ab. Wird in der Schweiz der Honig also nicht verfälscht?
Aber erst einmal von vorne.
Das Honiggeschäft ist so klebrig wie der Honig selbst. Seine Süsse macht ihn zu einem leichten Opfer von Panscherei. Bienenhonig gilt als eines der am häufigsten gefälschten Lebensmittel, da er aufgrund seines hohen Zuckeranteils leicht mit günstigeren Süssungsmitteln, wie Zuckerrübensirup, gestreckt werden kann.
«Von blossem Auge sind Verunreinigungen nicht zu erkennen», sagt Mathias Götti Limacher, Geschäftsführer des Imkerverbandes BienenSchweiz, gegenüber watson. Die Flüssigkeit selbst sei kein Indiz. «Es gibt Honigsorten, die flüssig bleiben, wie etwa der Akazienhonig. Blütenhonig hingegen kristallisiert relativ schnell und wird dabei fest.» Auch lassen sich die Verunreinigungen nicht durch den Geschmack identifizieren. Honig ist ein naturbelassenes Produkt, das stark von der Herkunft und den Blütenarten abhängt, was den Geschmack variiert.
Selbst mit modernen Analysen sind die Verfälschungen schwer zu ermitteln, so der Experte. Fälscher entwickeln ständig neue Methoden, um gängige Tests zu umgehen. «Das Geschäft ist so lukrativ, dass sie viel dafür investieren, immer einen Schritt vorauszusehen. Genauso wie beim Doping im Sport.»
Die Honige, die im Schweizer Detailhandel erhältlich sind, wurden im Auftrag von «Kassensturz» mit einer neuen, noch nicht akkreditierten Methode aus einem Labor in Estland getestet. Dabei werden über zehn Millionen DNA-Sequenzen aus Honigproben mit verschiedenen Computermodellen ausgewertet. Das Labor erkennt Verfälschungen, wenn DNA-Spuren von Pathogenen und Parasiten der Honigbienen sowie Bakterien, Pilzen, Tieren und auch Menschen teilweise fehlen. Denn im «authentischen Honig» sind diese nachweisbar.
Das Labor wird allerdings von einigen Fachleuten dafür kritisiert, dass die Trainingsdaten für seine Analyse hauptsächlich aus europäischen Honigproben stammen. Dies könnte die Genauigkeit und Anwendbarkeit des Tests für Honige aus anderen Regionen beeinträchtigen.
Der Honigmarkt in Europa, insbesondere in der Schweiz, ist stark von Importen abhängig. In der EU wird fast genauso viel Honig importiert, wie Bienen auf dem Kontinent produzieren. In der Schweiz kann der Bedarf noch weniger gedeckt werden: Zwei Drittel stammen aus dem Ausland. Die Schweiz gehört weltweit zu den Spitzenreitern im Honigkonsum – mit jährlich 1,3 Kilo Honig pro Person.
Das Labor wertet nur die Schweizer Honige als authentisch. Wird hierzulande also nicht geschummelt?
In der Schweiz gibt es strenge Vorschriften für die Produktion und Deklaration von Honig, insbesondere durch das Lebensmittelgesetz und die Honigverordnung, so Götti Limacher. Diese legen fest, dass Honig weder mit Zucker noch mit anderen Zusatzstoffen gestreckt werden darf.
«In der Schweiz imkern über 18'000 Personen, die meisten davon als Hobby», sagt Götti Limacher. Es gebe viele Kontrollen, und die meisten Imkerinnen und Imker hätten kein Interesse daran, ihren Ruf zu gefährden. Natürlich kann es auch hier und da ein schwarzes Schaf geben.»
In der Schweiz werden Bienen zwar mit Zuckerwasser gefüttert, aber Zucker dürfe nicht in den Honig gelangen. Dafür entfernt man die Honigwaben vom Bienenstock und verwendet sie erst dann wieder, wenn die ersten Pflanzen blühen und die Bienen Nektar sammeln können. Manchmal könne es auch vorkommen, dass die Bienen im Sommer bei Kälteeinbrüchen mit Zuckerwasser gefüttert werden müssen. Die Honigproduktion müsse dann eingestellt werden. Wer Bienen unsachgemäss mit Zucker füttert, dem droht eine Verzeigung durch die Lebensmittelbehörde.
Mathias Götti Limacher erinnert sich an einen Fall im Kanton Zürich. Ein Schweizer Imker verkaufte europäischen Bienenhonig als Schweizer Produkt. Mittels Pollenanalyse könne man sehr schnell herausfinden, wo der Honig produziert wurde. Nach einem langwierigen Verfahren wurde der Mann 2018 per Strafbefehl wegen eines Verstosses gegen das Lebensmittelgesetz verurteilt.
Anders als der meiste Importhonig schmecke der Honig aus der Schweiz immer etwas anders. In den tiefergelegenen Regionen wird Honig im Frühjahr und Sommer geerntet. In diesen Zeiten blühen unterschiedliche Blüten, dies hat einen Einfluss auf den Geschmack.
Ein weiterer Faktor ist das Wetter: «Wenn eine Biene aufgrund von Kälteeinbrüchen oder unbeständigem Wetter mehr Nektar vom Löwenzahn aufnimmt, wird der Honig anders schmecken, als wenn die Biene sich ausgewogen von einer Vielzahl von Blumen ernähren kann», so der Bienenkenner.
Die Hersteller und Abfüller der meisten Importprodukte hingegen würden dafür sorgen, dass der Honig immer denselben Geschmack hat. Dafür werden Honige verschiedener Herkünfte entsprechend zusammengemischt.