Im frühen Winter des Jahres 1632 gab die Dünnern, ein kleiner Nebenfluss der Aare im Solothurner Jura, einen schrecklichen Fund frei. Man fand den Leichnam von Hans Breiter, einem aus dem Kanton Bern stammenden Soldaten. Der Leichenfund stellte den letzten traurigen Zeugen eines Ereignisses dar, welches die Alte Eidgenossenschaft an den Rand eines Bürgerkriegs geführt hatte: der Kluser Handel vom September 1632.
Die Klus, eine Jura-Talenge zwischen Oensingen und Balsthal gelegen und wodurch die Dünnern Richtung Aare fliesst, stellte über Jahrhunderte einen wichtigen Pass dar, um via den Obern Hauenstein nach Basel zu gelangen. Zahlreiche Burgruinen und heute noch bestehende Festungen im Umkreis der Klus belegen die Wichtigkeit des Passes seit dem hohen Mittelalter. Zwei Burganlagen dominierten noch heute diesen Teil des Solothurner Juras. Die weithin sichtbare «Neu Bechburg» bei Oensingen überwachte den südlichen Zugang, während die Burg «Alt Falkenstein» den schmalen Nordausgang im heutigen Balsthal kontrollierte.
Ebendiese Klus sollte im Herbst 1632 Schauplatz der genannten Begebenheit werden, welche die Orte Solothurn und Bern, gefährlich nahe an eine militärische Auseinandersetzung brachte und drohte, den wackeligen konfessionellen Frieden zwischen den katholischen und reformierten Ständen zu Fall zu bringen.
Die Situation zwischen den reformierten und katholischen Orten der Eidgenossenschaft war seit der Reformation und der Gegenreformation mehr als angespannt. Obwohl seit 1531 die konfessionellen Verhältnisse mit dem Zweiten Kappeler Landfrieden geregelt waren, herrschte in beiden Lagern gegenseitiges Misstrauen. Dieses wurde durch den Dreissigjährigen Krieg (1618–1648) zusätzlich verstärkt.
Während die reformierten Orte sich nach der Protestantischen Union orientierten, hielten die katholischen Stände die Verbindung mit der kaiserlichen Katholischen Liga aufrecht. Die Eidgenossenschaft erklärte sich in diesem Hegemoniekonflikt im Heiligen Römischen Reich zwar als neutral. Im Inneren jedoch erwies sich dieser verheerende Krieg als Zerreissprobe für den eidgenössischen Staatenbund.
Im Fall des Verhältnisses zwischen dem katholischen Stand Solothurn und dem reformierten Bern wurde die angespannte Lage zusätzlich durch Zwischenfälle aufgeheizt, die das gegenseitige Misstrauen nur noch verstärkten. So wurde zum Beispiel im April 1629 ein zum reformierten Glauben konvertierter Kapuziner mitsamt seinem Berner Begleiter, einem Theologen, in Olten festgenommen, was wohl später zu einem Überfall auf einen Kapuziner aus Solothurn im bernischen Bätterkinden durch die dortige Dorfbevölkerung führte.
Als die protestantischen Schweden in den Dreissigjährigen Krieg eingriffen, versuchten reformierte Freiwillige in den Militärdienst derselben zu treten, obwohl die eidgenössische Tagsatzung die Unterstützung verboten hatte. So zog ein Trupp von Berner Reisläufern ohne Erlaubnis des Solothurner Rats im März 1632 durch die Klus, um sich dem schwedischen König Gustav II. Adolf (1594–1632) anzuschliessen. Auf den Protest Solothurns meinte der Berner Rat nur, dass man nichts von diesem Zuzug gewusst hätte, eine Behauptung, die sich im Nachhinein als Lüge entpuppte.
Man einigte sich jedoch darauf, dass Bern für künftige Truppendurchzüge die solothurnische Erlaubnis einholen musste. Dennoch verstärkte Solothurn die Wache in der Klus, was wiederum die Nachbarn im Berner Oberaargau verärgerte.
In dieses belastete Verhältnis trat nun ein Schützenleutnant namens Stein mit einem Trupp von 40 bis 50 Berner Musketieren. Das durch den Krieg jenseits des Rheins bedrohte Mühlhausen trat an seine reformierten Verbündeten in der Eidgenossenschaft mit einem Hilferuf heran, welchen Bern mit der Entsendung dieser Truppe beantwortete. Auch Leutnant Stein schlug mit seinen Soldaten den Weg über die Klus ein, um über Basel nach Mühlhausen zu gelangen. Am 16. September 1632 in der Klus angekommen, stellte er Begehr zum Durchlass.
Landvogt Urs Brunner, welcher auf Burg Falkenstein die Passage durch die Klus zu überwachen hatte, verwehrte den Durchmarsch, denn Leutnant Stein hatte keinen Passzettel vorzuweisen. Der Landvogt erstattete am selben Tag brieflichen Bericht in Solothurn. Auch am folgenden Tag zogen die Berner von ihrem Marschlager in Niederbipp in die Klus. Da von Solothurn noch keine Nachricht eingetroffen war, verweigerte Landvogt Brunner erneut die Öffnung des Passes. Der wieder zurückgewiesene Berner Leutnant setzte daraufhin ein Schreiben nach Bern ab, worin er scheinbar die Situation dramatischer beschrieb, als sie tatsächlich war.
Der Solothurner Rat, über die Berner Soldaten in der Klus beunruhigt, liess in Bern nachfragen, welches das Ziel dieser Truppe sei. Gleichzeitig erneuerte der Rat das Verbot des Durchzuges ohne Passierscheine und ermahnte den Vogt auf der Bechburg, Philipp von Roll, seinem Kollegen im Norden der Klus beizustehen.
Inzwischen reagierte auch der Berner Rat. Einerseits wurde Solothurn über den Sachverhalt orientiert, andererseits dem Leutnant Stein befohlen, weiter zu marschieren, da die Klus geöffnet sei. Beide Schreiben trafen am 20. September bei den Adressaten ein. Über Tage hingehalten und mit einem Schreiben Berns in der Hand, forderte nun der sichtlich verärgerte Stein die Bewilligung für den Durchmarsch von Landvogt Brunner. Dieser hatte sich mit 400 Mann aus der Umgebung unterhalb der Burg Falkenstein gesammelt und riegelte die Strasse ab. Brunner wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der von Solothurn in aller Eile genehmigte Passzettel bereits per Bote unterwegs war.
So standen sich Berner und Solothurner gegenüber. Angespannt musterten sich die Mannschaften, Musketenlunten schwelten, Hände verkrampften sich um Waffengriffe. Was wird nun passieren? Greift man an? Muss man sich zur Wehr setzen? Um seinen Willen der Sperre zu unterstreichen, liess Landvogt Brunner Warnschüsse von der Wache und von der Burg abfeuern. Da lenkte Leutnant Stein ein und liess seine Truppe, widerwillig, abermals den Rückweg antreten.
Aber noch bevor die Berner die Kantonsgrenze erreichen konnten, stiessen sie mit einer Truppe von 150 Solothurnern am südlichen Ausgang der Klus zusammen. Durch die Warnschüsse alarmiert, hatte der Vogt auf der Bechburg, Phillip von Roll, sein Aufgebot in Marsch gesetzt und trieb die Berner nun vor sich her, erneut in die Klus hinein. Da standen die Berner nun, eingekesselt von den Solothurnern im Norden und Süden, zwischen den Felswänden der Klus und der Dünnern, welche durch anhaltenden Regen stark angeschwollen war.
Nun trat Vogt von Roll, welcher sich vorgängig Mut angetrunken haben soll, vor die Eingekesselten und rief den «Herrgotts Bernern und Kätzern» zu, sie sollen die brennenden Lunten ihrer Musketen löschen. Ein Berner Schütze, welcher dieser Forderung nicht augenblicklich nachkam, wurde durch einen Diener von Rolls zu Boden geworfen. Mit diesem Gerangel schienen bei Philipp von Roll sämtliche Skrupel abgefallen zu sein. «Druf, druf, es soll ihro kein Bein darvon kommen!» schreiend feuerte von Roll seine Pistole auf den Berner Haufen ab. Im gleichen Augenblick knallte ein Schuss von der Falkensteiner Seite her und schon fielen die Solothurner Landleute über die Berner her.
Alle Zurückhaltung war verflogen. Die wehrlosen Berner Soldaten konnten nur noch eines tun, flüchten. Aber wohin? Die Passstrasse war blockiert, die Hänge der Klus sind steil. So versuchten manche, sich über die Dünnern zu retten. Diese war jedoch zu diesem Zeitpunkt so reissend, dass viele bis zu einem Steg mitgetragen wurden, wo bereits weitere Solothurner auf sie warteten und mit Halbarten und Musketen die Schwimmenden traktierten.
Als es Landvogt Brunner endlich gelang, der Raserei Einhalt zu gebieten, waren neun Berner Soldaten dem Wüten zum Opfer gefallen. Die Solothurner nahmen 28, zum Teil verwundete Berner gefangen und Leutnant Stein wurde unter Geleit von 100 Musketieren abgeführt und in der Klus unter Bewachung gestellt. Ein Berner, Hans Breiter wurde vermisst, der Rest fand in der Flucht seine Rettung. Eine Stunde später traf der Eilbote aus Solothurn mit der Passiergenehmigung für das Berner Kontingent in der Klus ein.
Die Konsequenzen dieses unverhältnismässigen Überfalls folgten auf dem Fusse. Bern liess Solothurn seine Wut spüren und forderte Genugtuung. Die Täter sollen bestraft werden und hoher Schadenersatz wurde eingefordert. Auf Solothurner Seite stellten sich viele hinter die involvierten Vögte und deren einflussreiche Familien. Aus Furcht vor einem militärischen Angriff wurde die Solothurner Landschaft in Alarmbereitschaft versetzt.
Bern wiederum plante einen Rachefeldzug und beide Seiten riefen ihre Verbündeten um Beistand im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung an. Schlussendlich begehrte Solothurn ein eidgenössisches Schiedsgericht bei der Tagsatzung, um den Sachverhalt klären zu können.
Für Bern stand der Hauptschuldige in diesem Kluser Unglück fest: Solothurn muss büssen! Die Tagsatzung folgte dabei hauptsächlich den Bernischen Anträgen. Nach langem Hin und Her, wobei auch solothurnische Bestechungsversuche vorgenommen wurden, enthob Solothurn die beiden Vögte ihrer Ämter und setzte Landleute gefangen.
Für Bern waren dies ungenügende Schritte. Die Berner mobilisierten ihre Truppen und belegten Solothurn mit einem Handelsembargo. Solothurn musste wohl oder übel die beiden Vögte Brunner und von Roll bestrafen und lud sie vor Gericht. Diese beiden hatten sich jedoch bereits nach Burgund abgesetzt. In Abwesenheit wurde Philipp von Roll mit 101 und Brunner mit 6 Jahren Verbannung bestraft und ihre Vermögen eingezogen.
Aber Bern wollte den «Brudermord» mit Blut vergolten sehen und beide Parteien sahen sich und ihre Verbündeten bereit für eine militärische Konfrontation. Um einen Bürgerkrieg zu verhindern, gab die katholische Seite nach und Solothurn musste die Hauptlast tragen. 1633 bezahlte Solothurn 5000 Kronen Schadenersatz an Bern und verurteilte drei Landleute zum Tode. Am 11. April wurden diese in Solothurn durch das Schwert hingerichtet.