Die Genauigkeit der Zeitmessung beschäftigt Forscher schon lange. Mit der in der Quantenmechanik beschriebenen Erschliessung der Abläufe im Allerkleinsten rückt die Frage nach einer perfekten Quantenuhr in den Fokus. Es gibt sie nicht, sagen Wiener Forscher.
Alleine das Beobachten des Tickens einer Quantenuhr verursacht physikalische «Kosten», die ihrer Genauigkeit Grenzen setzen. Das Schlüsselwort heisst «Entropie»: Gemäss dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik streben abgeschlossene Systeme, in denen physikalische Prozesse ablaufen, mit der Zeit grösster Unordnung zu. Dabei geht nutzbare Energie verloren.
Auf das Konzept einer Uhr umgelegt heisst das, dass ein möglichst ungestört periodisch ablaufender Prozess als Taktgeber gesucht wird, bei jedem Ticken aber in irgendeiner Form auch Energie verbraucht wird, was die Entropie zunehmen lässt.
2017 haben Wissenschaftler um Marcus Huber vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Technischen Universität (TU) Wien gezeigt, dass eine Uhr sogar umso mehr Energie verbraucht, je genauer sie tickt.
«Die Message damals war: Uhren sind auch thermodynamische Maschinen und produzieren auch Entropie», sagte Huber zur Nachrichtenagentur APA. Nun ging es den Forschern unter anderem darum, herauszufinden, ob sich das vielleicht irgendwie umgehen lässt. Die Antwort in ihrer nun im Fachblatt «Physical Review X» erschienenen Arbeit ist «nein».
Auswirkungen hat das vor allem für die Konstruktion einer Quantenuhr, die es beispielsweise in einem Quantencomputer und vor allem für die Herleitung fundamentaler Grenzen der Zeitmessung bräuchte.
Denkt man etwa an einen Zeitmesser aus dem Alltagsgebrauch, wie eine Pendeluhr, dann hat man es mit einem «schönen periodischen Prozess» zu tun. In diesem Fall ist dies das Pendel, das sich möglichst gleichmässig und unbehelligt durch äussere Störungen wie Reibung jeglicher Art bewegen soll.
Um einen solchen Chronometer abzulesen, muss der Betrachter ihn anschauen. Dieses optische Auslesen geschieht durch Lichtteilchen (Photon), die von der Sonne oder einer künstlichen Lichtquelle kommen, auf dem Pendel landen, dort abprallen und «von uns im Auge in einer Fotozelle detektiert werden», erklärte Huber.
Dahinter steckt ein irreversibler Prozess bei dem Entropie entsteht, da etwa in der Sonne Energie umgewandelt wird. «Das heisst, die Beobachtung des Pendels ist thermodynamisch nicht gratis», so der Physiker. Denn jedes Photon, das am Pendel abprallt, bremst dieses letztlich um ein Quäntchen. In einer derart grossen Uhr falle das nicht ins Gewicht, «in der Quantenwelt ist das aber anders».
Möchte man also eine Uhr bauen, die selbst nur aus wenigen Quantensystemen besteht, «ist das Auslesen plötzlich nicht mehr sozusagen ‹gratis›. Wenn ich ein paar Milliarden Photonen auf ein Atom schiesse, störe und zerstöre ich es eigentlich und mache die Information nutzlos», sagte Huber.
Das neue mathematische Modell der Forscher um Huber und den Studien-Erstautor Emanuel Schwarzhans zeigt nun, dass vor allem eine Quantenuhr immer eine geschickte Kombination aus periodischem und irreversiblem Prozess sein muss. «Diese Aufspaltung in einen periodischen und irreversiblen Prozess zeigt auch, dass es die ‹perfekte Uhr› in der Natur nicht geben kann. Denn die Genauigkeit der Uhr ist auch durch die Geschwindigkeit des irreversiblen Prozess limitiert, diese ist wiederum von der Natur vorgegeben und kann deshalb nicht beliebig verändert werden», so Schwarzhans.
Die Konsequenz aus den Überlegungen ist, «dass es am besten ist, nach periodischen Prozessen zu suchen, die möglichst elegant in irreversible Systeme übergreifen. Dann baut man wirklich gute Uhren», so Huber: «Wir sind also technisch schon an der Grenze angelangt, wo diese Fragen nicht zu vernachlässigen sind.»