Bereits 2006 wird die Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Sachen BVK aktiv. Der Grund: Die Pensionskasse des Kantons Zürich schreibt massive Wertverluste. Doch noch besteht kein Verdacht auf strafbare Handlungen von Beamten, eine Anklage bleibt aus. Die einzigen Konsequenzen aus den Untersuchungen werden im Jahr 2008 gezogen: Die Stellenzahl in der BVK wird erhöht, der Anlagechef Daniel Gloor erhält einen Stellvertreter. Doch der Korruptionsverdacht erhärtet sich, Ende Mai 2010 wird Gloor verhaftet, seinen Job ist er damit los. Weil keine Verdunkelungsgefahr besteht, wird Gloor nach sechs Monaten wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
Gloor ist zwar auf freiem Fuss, doch die Ermittlungen gegen den ehemaligen Anlagechef laufen. Im Oktober 2011 verkündet die Staatsanwaltschaft, dass sie Anklage gegen Gloor und fünf seiner ehemaligen Geschäftspartner erhoben hat. Als Anlagechef der BVK soll Gloor zwischen 1997 und 2010 jeweils grosse Summen des Anlagevermögens der BVK in Unternehmen seiner Studienfreunde und Militärkameraden investiert, im Gegensatz dazu insgesamt 1,7 Millionen Franken Schmiergelder kassiert haben. Damit gönnte er sich teure Ferien und ein Haus in Frankreich. Der Pensionskasse soll er mit seiner Günstlingswirtschaft einen Verlust von 0,5 bis 1,5 Milliarden Franken beschert haben.
Ein Jahr später – im November 2012 – trifft Gloor die volle Härte der Rechtsprechung: Obwohl die Anklage eine Freiheitsstrafe von nur sechs Jahren fordert, verurteilt das Bezirksgericht Zürich den ehemaligen Chefbeamten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Das Verdikt: Passive Bestechung, ungetreue Amtsführung, Geldwäscherei und Verletzung des Amtsgeheimnisses. Weil das Bezirksgericht befürchtet, dass sich der mit einer Peruanerin verheiratete Gloor ins Ausland absetzen könnte, wird der Verurteilte noch im Gerichtssaal kurzerhand verhaftet. Vier von fünf seiner alten Geschäftsfreunde werden ebenfalls verurteilt, allerdings nur zu teilbedingten und bedingten Freiheitsstrafen.
Doch der Fall ist noch lange nicht beendet: Unmittelbar nach dem Urteil kündigt Gloor an, dagegen zu rekurrieren. Für die Berufung fordert er allerdings, dass sein amtlicher Verteidiger ausgewechselt wird. Dieser sei schlecht auf die Hauptverhandlung vorbereitet gewesen und habe ihn vor dem Bezirksgericht ungenügend verteidigt, so Gloors Begründung. Mit seinem neuen Verteidiger Daniel Walder, der sich als Anwalt im Dreifachmord von Grenchen SO («Schenkkreis-Mord») einen Namen gemacht hat, erhofft sich der Verurteilte eine bessere Ausgangslage für die Berufungsverhandlung. Doch weder das Bezirksgericht noch Gloors Verteidiger wollen dem Wechsel vorerst stattgeben. Auch vor Bundesgericht scheitert Gloor im Februar 2014 mit seiner Beschwerde.
Fünf Tage vor der Berufungsverhandlung gelingt es Gloor dann doch noch: Sein Verteidiger wird vom Obergericht entlassen, der inzwischen mittellose Gloor lässt sich von Walder verteidigen – unentgeltlich. Walders Ansicht nach kann Gloor zwar Korruption und ungetreue Geschäftsführung vorgeworfen werden, nicht aber ungetreue Amtsführung. Denn Gloor sei ab 2004 – vom Zeitpunkt der Ausgliederung der BVK aus der Verwaltung – nicht mehr Beamter gewesen.
Ab heute wird sich vor Obergericht zeigen, ob Walder mit seiner Strategie das Strafmass mildern kann. Zum Prozess gegen Gloor werden auch vier seiner fünf ehemaligen Geschäftsfreunde vor Gericht erscheinen – weil sie mit Gloor als Hauptperson während Jahren ein System aus Gefälligkeiten und Gegenleistungen am Laufen hielten. Der Berufungsprozess dauert deshalb mehrere Tage, voraussichtlich eine ganze Woche.