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Iranische Aktivistinnen erklären, was die Demos in Zürich bewirken können

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Iranische Aktivistinnen erklären, was die Demos in Zürich bewirken können

«Meine Schwester wurde verhaftet und getötet – genau wie Masha Amini», sagt Roya Ashrafabadi zu ZüriToday. Am Samstag wird in Zürich erneut gegen das iranische Regime demonstriert. Zwei Iranerinnen und Aktivistinnen sagen, was das bringt.
14.10.2022, 03:5914.10.2022, 04:07
Laura Dünser / ch media
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Roya Ashrafabadi lebt seit 36 Jahren in Zürich. Nach dem tragischen Tod ihrer Schwester war sie 1986 gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer damals dreijährigen Tochter aus dem Iran in die Schweiz geflüchtet. «Meine Schwester wurde verhaftet, als sie gerade einmal 22 Jahre alt war», erzählt Roya. Sie habe sich mit Freunden getroffen, um Bücher zu lesen und zu diskutieren. Sie wollten sich friedlich mit der Regierung in ihrem Land auseinanderzusetzen.

«Das reichte schon – die Wohnung wurde gestürmt, alle Anwesenden wurden verhaftet.» Jede noch so kleine regimekritische Handlung hat damals bereits tödlich enden können. Royas Schwester wurde ohne Verfahren zu einem Jahr in Gefangenschaft verurteilt. Nach neun Monaten wurde sie erschossen. «Uns wurde kein Grund genannt. Wir wussten nur, dass wir jetzt auch beobachtet werden. Und, dass wir irgendwann die nächsten sein würden. »

«Mit Protesten in der Schweiz können wir viel erreichen»

Seit Roya in der Schweiz lebt, versucht sie von hier aus gegen das unterdrückende iranische Regime anzukämpfen. «Meine Schwester wurde verhaftet und getötet – genau wie Masha Amini. Nur konnten wir das damals noch nicht so mit der ganzen Welt teilen, wie das heute möglich ist.» Der Tod von Amini hatte weltweit für Entsetzen gesorgt. Die 22-jähriga Kurdin war im September von der Sittenpolizei verhaftet worden, weil sie ihr Kopftuch «unangemessen» getragen hatte. Kurz darauf soll sie durch einen heftigen Schlag auf den Kopf eine Hirnblutung erlitten haben und ins Koma gefallen sein. Daraus erwachte sie nicht mehr. Allerdings bestreitet die Sittenpolizei diese Anschuldigungen und entgegnet, Amini sei durch plötzliches Herzversagen ins Koma gefallen. Seither protestieren unzählige Iranerinnen und Iraner gegen das islamische Regime im Land – hunderte Personen sind dabei bisher ums Leben gekommen.Durch Social Media ist es jetzt möglich, diese Taten des Regimes zu verbreiten und auch den Westen besser über die Umstände im Iran aufzuklären. «Endlich schaut die Welt hin.» Roya glaube, mit Protesten in der Schweiz könne sehr viel erreicht werden. «Nur durch unser Geschrei können wir auch die Behörden auf unsere Anliegen aufmerksam machen.»

Botschaft soll schliessen

Von den Behörden verlangt Roya gemeinsam mit weiteren Protestierenden schweizweit Aufklärung darüber, wie viel Gelder des Regimes derzeit noch in der Schweiz liegen. «Wir wollen, dass die Schweiz das iranische Regime nicht unterstützt – in keiner Weise.» Ausserdem sollte ihrer Meinung nach die iranische Botschaft in Bern geschlossen werden.

Das Schweizer Aussendepartement (EDA) hatte letzte Woche, nach öffentlichem Druck auf Twitter, ein Statement betreffend der Proteste im Iran veröffentlicht. In der Stellungnahme verurteilte der Bund den "übermässigen Einsatz von Gewalt gegenüber den Demonstrierenden» im Iran. Später hiess es von Bundespräsident Ignazio Cassis, der Iran sei jetzt schon massiv sanktioniert. Er wüsse nicht, welche weiteren Sanktionen noch helfen würden.

«Ohne unsere Unterstützung kann die Unterdrückung nicht enden»

Die schweizerisch-iranische Doppelbürgerin Mina wohnt, im Gegensatz zu Roya, schon ihr ganzes Leben im Kanton Zürich. Sie will uns ihren vollen Namen nicht nennen. Die 34-Jährige hat Angst, dass ihre Familie im Iran wegen ihren regimekritischen Aussagen Gewalt erleben könnte. Dennoch setzt sich Mina ebenfalls seit Jahren von hier aus für die Rechte der Iranerinnen und Iraner ein.«Ich weiss von Freunden und Verwandten, dass unsere Proteste ihnen viel Kraft geben», sagt Mina. «Ohne unsere Unterstützung kann die Unterdrückung im Iran nicht enden.» Und auch Roya teilt diese Meinung: «Wir müssen alle zusammenhalten.» Der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen würden aufzeigen, dass jedes Land auch Einfluss habe auf den Rest der Welt. «Die Unterdrückung im Iran betrifft uns alle.»

Weitere Demos in Zürich geplant

In Zürich hat sich durch die Demonstrationen in den vergangenen Wochen ein fünfköpfiges Team zusammengetan, um gemeinsam weitere Protestaktionen zu planen. Auf Anfrage heisst es von der Gruppe «Free Iran Zürich», man wolle dafür sorgen, dass die Stimmen aus dem Iran nicht verstummen. Nicht nur mit den Demonstrationen – auch andere Instrumente wie offenen Briefe an den Bundesrat – werden dafür eingesetzt.

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