Mit Gerichtsprozessen und sexistischen Attacken sorgte Donald Trump in den letzten vier Jahren für Skandale. Dennoch wählten die Amerikanerinnen und Amerikaner ihn am Mittwoch nach acht Jahren zum zweiten Mal zum Präsidenten. Erstmals regiert ein Straftäter die USA.
Im Mai wurde der Republikaner in 34 Fällen verurteilt, weil er Geschäftsunterlagen gefälscht hatte, um seine Schweigegeldzahlung an Pornodarstellerin Stormy Daniels zu vertuschen. In einem Zivilverfahren wurde er zudem wegen eines sexuellen Übergriffs und Verleumdung zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe verurteilt. Noch hängig sind unter anderem Anklagen wegen Wahlmanipulation, dem Sturm auf das Capitol im Jahr 2021 und der Unterschlagung von Geheimdokumenten.
Mattea Meyer, Co Präsidentin der SP, reagiert schockiert auf den Wahlsieger. «Es ist so schlimm, es ist wirklich so schlimm», sagt die Zürcherin in einem über 1000 Mal gelikten Video auf Instagram sichtlich mitgenommen (siehe oben). Sie fragt, was Mädchen und Buben in den USA und weltweit daraus heute lernten. Sie zählt auf: «dass du als Mann Frauen sexuell belästigen kannst und dafür sogar verurteilt werden kannst, dass du gegen Minderheiten hetzen kannst, dass du Frauenrechte einschränken kannst – und du wirst der mächtigste Mann dieser Welt.»
Meyer bezeichnet die Wahl von Donald Trump gegenüber ZüriToday als «furchtbares Signal». Sein Sieg beweise, dass sich ein Mann offensichtlich alles erlauben und erreichen könne, wenn er Milliarden von Franken im Rücken habe. Sie zeigt sich enttäuscht über das Resultat der starken feministischen Widerstände und Bestrebungen in den letzten Jahren. «In unserer Gesellschaft ist Sexismus nach wie vor tief verankert.» Erneut sei keine Frau Präsidentin der USA geworden. «Stattdessen schaffte es ein Sexist und verurteilter Straftäter.»
Die Co-Präsidentin ist der Meinung, dass die Gesellschaft nun noch viel stärker für die Gleichstellung einstehen muss. «Wir müssen zeigen, dass wir in der Schweiz ein Problem mit verschiedensten Formen von sexualisierter Gewalt gegen Frauen haben.» Die Armee sei das beste Beispiel. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie im Auftrag des Bundes erlebte nahezu jede Frau in der Armee eine Form von sexualisierter Gewalt. «In der Schweiz darf niemals der Eindruck entstehen, dass Männer, die mächtig sind und Geld haben, mit Menschen umgehen könne, wie sie wollen.»
Soziologen sehen in Donald Trumps Wahl keinen Sieg des absoluten Wahnsinns. «Das Wahlergebnis in den USA sollte man nicht undifferenziert betrachten», warnt Katja Rost, Soziologieprofessorin an der Universität Zürich. Es sei falsch, Trumps Sieg mit einseitigen Argumenten zu beurteilen.
Rost erinnert daran, dass Trumps Wahl ein demokratisch gefällter Entscheid ist. Zudem habe er bei jungen Wählenden sogar zugelegt. In der amerikanischen Gesellschaft sei die soziale Ungleichheit ein grosses Thema. «Vor allem Männer mit niedriger Qualifikation wurden abgehängt, zum Beispiel, weil ihre Jobs abgebaut wurden – da kocht was.»
Gerade die Demokraten stammen laut Rost aber oft aus der gebildeten, elitäreren Mittelschicht. Diese Elite vertrete soziale Werte, von denen sich die ärmeren Leute nicht angesprochen fühlten. «Quoten für Frauen und Diversity, die für einige sehr wichtig sind, sind unbedeutend, wenn man sonst nicht mehr weiter weiss oder auch andere, traditionellere Werte vertritt.»