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Felix Hollenstein muss als WM-Sündenbock der Nati gehen

Da waren's nur noch zwei: Felix Hollenstein (l.) muss das Triumvirat verlassen. Allerdings kommt ein neuer. Wohl ein ausländischer Assistent.
Da waren's nur noch zwei: Felix Hollenstein (l.) muss das Triumvirat verlassen. Allerdings kommt ein neuer. Wohl ein ausländischer Assistent.Bild: KEYSTONE
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Verräterisch und stillos: Felix Hollenstein wird zum WM-Sündenbock gestempelt und muss gehen

Felix Holenstein wird als Assistent von Nationaltrainer Patrick Fischer abgesetzt und zum WM-Sündenbock gemacht. Eine Geschichte über Verrat und Stillosigkeit.
01.07.2016, 18:1402.07.2016, 11:17
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Der tüchtige Nationalmannschaftsdirektor Raeto Raffainer ist ein gelehriger Schüler seines Chefs Florian Kohler. Der Verbandsdirektor gilt als Gross- und Hexenmeister des Machiavellismus.

Raeto Raffainer war der Widerstand der Liga gegen die Vertragsverlängerung (bis 2018) von Nationaltrainer Patrick Fischer nicht entgangen. Sven Leuenberger und Peter Zahner, die beiden Nationalliga-Vertreter in der Nationalmannschaftskommission, waren gegen diese Vertragsverlängerung. Aber sie resignierten und nahmen sie hin.

Peter Zahner wollte Patrick Fischer nicht mehr als Nationaltrainer, er nahm es aber hin.
Peter Zahner wollte Patrick Fischer nicht mehr als Nationaltrainer, er nahm es aber hin.
Bild: KEYSTONE

Hollenstein rechnete nicht mit Rausschmiss

Wenn die Ligavertreter so unzufrieden sind, dann ist es politisch heikel, nach einer sportlich missglückten WM (11. Schlussrang!) einfach weiterzumachen als sei alles in bester Ordnung. Deshalb ist Felix Hollenstein als Assistent von Patrick Fischer abgesetzt worden. In der für Personalfragen üblichen Stillosigkeit. Reto von Arx, der zweite Assistent, darf, wenn er will, bleiben.

Anfang Woche hatte Felix Hollenstein noch gutgelaunt erzählt, er gehe davon aus, weiterhin dabei zu sein. Er sei motiviert und freue sich auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Patrick Fischer. Dass er zu einer Sitzung am Verbandssitz in Glattbrugg aufgeboten war, machte ihn nicht misstrauisch – er nahm an, dass es nun um die Planung der neuen Saison und der WM (5. bis 21. Mai 2017) in Paris gehe.

Felix Hollenstein: Rechnete mit einer Planungssitzung, es wurde sein Rausschmiss.
Felix Hollenstein: Rechnete mit einer Planungssitzung, es wurde sein Rausschmiss.
Bild: KEYSTONE

Verrat einer Männerfreundschaft

Darum ging es bei dieser Sitzung tatsächlich: im Hinblick auf die neue Saison ist ein wichtiger Personalentscheid gefallen und Felix Hollenstein hat erfahren, dass er gehen muss. Die beiden Nationalmannschafts-Kommissionsmitglieder Sven Leuenberger und Peter Zahner waren bereits informiert. Der Zeitpunkt für die Absetzung ist jetzt ideal: die Sportwelt blickt nach Frankreich. Mediale Kritik an der Massnahme wird es keine geben.

Welch eine Stillosigkeit gegenüber einer Ikone unseres Hockeys. Im letzten Herbst wollte Raeto Raffainer den ehemaligen Trainer der Kloten Flyers unbedingt als U20-Nationaltrainer haben. Später gar als Nationaltrainer und Nachfolger von Glen Hanlon. Dann wurde Patrick Fischer in Lugano gefeuert und Felix Hollenstein war noch als Assistent gefragt. Immer wieder hat Raeto Raffainer betont, wie sehr er Felix Hollenstein schätze, wie wichtig er für die Nationalmannschaft sei, und dass man nicht auf einen Mann mit einer so reichen Erfahrung als Spieler und Trainer verzichten könne. Nun hat er ihn einfach fallen lassen. Verrat einer Männerfreundschaft.

Musste handeln: Raeto Raffainer.
Musste handeln: Raeto Raffainer.
Bild: freshfocus

Der «Bock» ist gefunden

Es ist nicht so, dass diese Absetzung Felix Hollenstein um den Schlaf bringt. Aber ein wenig ist er ob der ganzen Sache und der Stillosigkeit des Vorgehens schon im Stolz verletzt. Eigentlich zu unrecht. Raeto Raffainer hat sich ja nur an das Buch der Bücher gehalten. Dort lesen wir im Alten Testament:

«Der Bock (ein Ziegenbock – die Red.) soll lebend vor den Herrn gestellt werden, um für die Sühne zu dienen und in die Wüste geschickt zu werden. ... Aaron soll seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Bockes legen und über ihm alle Sünden der Israeliten, alle ihre Frevel und alle ihre Fehler bekennen. Nachdem er sie so auf den Kopf des Bockes geladen hat, soll er ihn durch einen bereitstehenden Mann in die Wüste treiben lassen und der Bock soll alle ihre Sünden mit sich in die Einöde tragen.»

Der «Bock», auf den alle hockeytechnischen Sünden, Frevel und Fehler der WM 2016 geladen werden und der von Raeto Raffainer in die Wüste geschickt wird, heisst Felix Hollenstein.

Fadenscheinige Erklärung

Der Zürcher war als Assistent für das Powerplay und das Coaching der Verteidiger verantwortlich. Nun wurde ihm vorgehalten, die Defensive und das Powerplay hätten in Moskau zu wenig gut funktioniert. Im Powerplay waren wir unter 16 Teams die Nummer 9. Reto von Arx, der zweite Assistent, war fürs Boxplay verantwortlich. Im Boxplay waren wir unter 16 Teams die miserable Nummer 16. Reto von Arx bleibt.

Fürs Boxplay verantwortlich und damit die Schweiz auf Rang 16 von 16 geführt, aber den Job behalten: Reto von Arx.
Fürs Boxplay verantwortlich und damit die Schweiz auf Rang 16 von 16 geführt, aber den Job behalten: Reto von Arx.
Bild: KEYSTONE

Als Ersatz für Felix Hollenstein wird voraussichtlich ein ausländischer Verteidiger engagiert. Auch da zeigt sich Raeto Raffainer als gelehriger Machiavellist: der bis zur Lächerlichkeit gepflegte «Swissness-Kult» wird so gegenüber den Kritikern aus der mächtigen Liga etwas relativiert – schliesslich sind wir ja offen für ausländische Ideen, die unser Hockey weiterbringen. Oder?

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Darkside
01.07.2016 18:57registriert April 2014
Raffainer ist wirklich der Witz des Schweizer Eishockeys. Aber bei dem Verband wundert einen ja nichts mehr. Die Verlängerung mit Fischer ist auch wieder Schildbürgerei vom Feinsten. Von Arx kann bleiben? Next Joke please. Für Fige tuts mir leid, an ihm lags sicher nicht.
Man stelle sich vor was mit dem riesigen Potenzial des CH Hockeys erreicht werden könnte wenn man fähige Leute im Verband hätte.
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Pingu80
01.07.2016 21:29registriert März 2016
Warum verwundert mich das nicht.
Kohler und Raffainer sind beide unfähig und schaden dem schweizer Eishockey. Ich bin mir auch inzwischen sicher, dass ihnen das Eishockey egal ist und sie die Sportbühne misbrauchen um sich ein Denkmal zu setzen. Die beiden kommen mir vor, wie die zwei von der Muppet Show.
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Muckerbucht
01.07.2016 22:15registriert April 2015
Dass nur Hollenstein gehen muss ist in der Tat befremdend. An sich hätten nach der miserablen WM alle drei in die Wüste geschickt gehört. Aber das ging wohl schlecht weil man sonst die lächerliche "Swissness"-PR-Ausrichtung gleich wieder hätte zu Grabe tragen müssen... So wurstelt Fischer halt noch zwei Jahre weiter und RvA darf sein gut bezahltes Praktikum noch ein bisschen weiterführen.
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