Schweiz
International

Ursache für den Populismus? Einkommen des Mittelstands stagnieren

Warum der Populismus weltweit im Aufwind ist? UBS-Studie: Weil die Einkommen nicht steigen

08.11.2016, 11:1508.11.2016, 18:04
Mehr «Schweiz»
This Oct. 4, 2016 photo shows the Villa 31 neighborhood, backdropped by downtown, as well as middle class apartments and office buildings in Buenos Aires, Argentina. Many of the country's poor li ...
Die Verlierer der Globalisierung: Hier in Buenos Aires.Bild: Natacha Pisarenko/AP/KEYSTONE

Die Haushaltseinkommen des Mittelstandes sind in vielen Industrieländern seit bald drei Jahrzehnten nicht gestiegen. Dies sieht die Grossbank UBS in einer neuen Studie als Hauptursache dafür, dass der Populismus weltweit an Fahrt gewinnt.

In praktisch allen Volkswirtschaften haben sich in den vergangenen Jahren die politischen Gewichte in Richtung der Pole am linken und rechten Rand verschoben. Die soliden Mehrheiten der Mitteparteien bröckeln und populistische Politikfiguren sind vielerorts im Aufwind.

In einer aktuellen Untersuchung fand die UBS den wesentlichen Grund für diese Entwicklung heraus. So stagnieren laut einer Mitteilung des Geldhauses vom Dienstag vor allem die Einkommen im mittleren Bereich. Die in den vergangenen 30 Jahren stark gestiegene Mobilität von Arbeit und Kapital habe dazu geführt, dass die Wertschöpfung und somit Arbeitsplätze vorzugsweise in Schwellenländer verlagert worden seien, erklärte der Chefökonom der UBS Schweiz, Daniel Kalt.

Verlierer der Globalisierung

Und genau von diesen Verschiebungen sind die Mittelschicht und deren Einkommen sehr stark betroffen. Die Mittelklasse sehe sich als der relative Verlierer der Globalisierung, sagte Ökonom Kalt vor den Medien in Zürich. Daher drückt sich eine zunehmende Unzufriedenheit breiter Bevölkerungsschichten in einer steigenden Anfälligkeit für Populismus aus. Die UBS-Ökonomen verweisen exemplarisch auf den Wahlkampf in den USA, wo Kandidat Donald Trump mit Extrempositionen deutlich an Popularität zulegen konnte.

Bild

Für die Schweiz und für den Schweizer Mittelstand geben die UBS-Experten allerdings gewisse Entwarnung. Im Gegensatz zu anderen Industrieländern wurden die mittleren Einkommensgruppen in den vergangenen Jahren nicht abgehängt. Zwar nahm der Anteil des Einkommens vor Steuern und staatlichen Transfers leicht ab. Allerdings nahm der Anteil des Mittelstandes nach aller staatlicher Umverteilung betrachtet sogar leicht zu.

Arbeitnehmende haben profitiert

Der starke Franken und die geringe Inflation haben dazu geführt, dass der Anteil des Erwerbseinkommen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stetig gestiegen ist, sagte Ökonom Kalt. Gleichzeitig sank laut der UBS Schweiz in den letzten Jahren der Anteil der Unternehmensgewinne am BIP, da diese unter der Frankenstärke litten und die Zins- sowie Finanzerträge schwächer ausfielen.

Das Währungsrisiko trugen aber die Unternehmen zu einem wesentlichen Teil, was sich in sinkenden Margen – jedoch kaum in einer steigenden Arbeitslosigkeit niedergeschlagen habe.

Das duale Bildungssystem trug zudem dazu bei, dass Schweizer Arbeitnehmer mit unterdurchschnittlichen Fähigkeiten dennoch eine Ausbildung absolvieren können und damit einen direkten Zugang zum Arbeitsmarkt erhielten. All dies macht es daher laut der UBS für Populismus in der Schweiz schwieriger als in anderen Ländern. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
48 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
atomschlaf
08.11.2016 11:33registriert Juli 2015
In der Schweiz dürften tatsächlich weniger die Einkommen das Problem sein, sehr wohl aber die explodierenden Wohnkosten, die massiv über der Teuerung ansteigenden Krankenkassenprämien und die immer prekärer werdenden Verkehrsverhältnisse, insbesondere auf der Strasse, aber auch beim ÖV.
Insbesondere für den unteren Mittelstand verschlechtert sich dadurch die Lebensqualität laufend.
11111
Melden
Zum Kommentar
avatar
N. Y. P. D.
08.11.2016 14:12registriert Oktober 2015
Die Ursache für den wachsenden Populismus? Die Einkommen des Mittelstands stagnieren.
Ich würde noch anfügen : Und die Kosten in allen Bereichen steigen und steigen und steigen.

Wenn sich immer mehr Menschen benachteiligt fühlen, kommt das irgendwann nicht mehr gut. Die Populisten werden eher noch mehr Einfluss gewinnen statt weniger..
630
Melden
Zum Kommentar
avatar
Karl33
08.11.2016 11:55registriert April 2015
Finde es extrem befremdend, dass Watson immer wieder den Begriff "Wohlstandsfaschismus" verwendet (meist durch Löpfe). Es sind nämlich die Globalisierungsverlierer mit tiefen Einkommen, die rechts wählen. Ein bisschen bei den Fakten bleiben würde nicht schaden.

Im übrigen, wer die gesellschaftliche Entwicklung in den ersten 3 Jahrzehnten des 20 Jh anschaut, sieht ebenfalls extrem wachsende Ungleichheit, einerseits schlechte Perspektiven für normale Arbeitende wie auch exorbitant wachsende Vermögen der Superreichen und des reichsten 1%.
7311
Melden
Zum Kommentar
48
Kennedy-Familie unterstützt Biden im Wahlkampf – und nicht parteilosen Robert F. Kennedy

Die Familie des einstigen US-Präsidenten John F. Kennedy stellt sich im US-Wahlkampf mehrheitlich hinter den Demokraten Joe Biden. «Wir wollen klar und deutlich machen, dass der beste Weg für Amerika darin besteht, Joe Biden und Kamala Harris für vier weitere Jahre wiederzuwählen», sagte Kerry Kennedy, Nichte des demokratischen Ex-Präsidenten, am Donnerstag bei einer Wahlkampfveranstaltung Bidens in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. Der öffentliche Beistand ist nicht selbstverständlich: Kerry Kennedys Bruder, Robert F. Kennedy Jr., ist als parteiloser Kandidat ebenfalls als Präsidentschaftsbewerber im Rennen.

Zur Story