Das Ende einer Ära – im Zürcher Hardturm gehen nach 78 Jahren die Lichter aus
11'700 Zuschauer haben sich im Hardturm zusammengefunden, um der alten Heimstätte auf Wiedersehen zu sagen. Nach 78 Jahren ist mit der Eröffnung des neuen Letzigrund-Stadions das Ende des Hardturms eingeläutet worden. Im Westen Zürichs geht ein Stück GC-Geschichte verloren, die Hoppers müssen ins Exil.
Gegen Neuchâtel Xamax laufen die Grasshoppers zum letzten Mal auf den heimischen Hardturm-Rasen. Die Stimmung ist gut, auch hinter der gewaltigen Choreographie auf den Rängen über der GC-Kurve, wo vorerst gar nichts zu sehen ist. Doch die positiv-melancholische Stimmung wird nach sechs Minuten arg gedämpft. GC-Aufbauer Rinaldo behindert den eigenen Goalie Dragan Djukic unnötig und leitet somit die Neuenburger Führung durch Everson ein. Spieler und Fans sind geschockt, die Trauer um den Abschied schwappt über in Ärger.
GC scheint danach gehemmt, kann keine Akzente setzen und muss nach 52 Minuten den zweiten Gegentreffer hinnehmen. Matar Coly nützt den Ballverlust von Guillermo Vallori zum 2:0 aus. In der Schlussminute dann ein kleiner Trost für die Heimmannschaft: Mit Raul Bobadilla schiesst immerhin ein Hopper das letzte Tor in der Geschichte des Hardturms. Trainer Hanspeter Latour fällt der Abschied trotzdem schwer: «Es tut weh, das letzte Spiel im Hardturm zu verlieren.»
Der Hardturm wird «ausgenommen»
Auch die GC-Anhänger sind enttäuscht. Nach 78 erfolgreichen Jahren hat man sich den Abschied anders vorgestellt. Trotzdem bleibt es friedlich im Stadion, auch wenn der Platz nach dem Schlusspfiff sofort gestürmt wird.
Auf einer Grossleinwand werden während 15 Minuten 78 Jahre Hardturm-Geschichte wiedergegeben. Es wird ruhig im Stadion, abgesehen von ein paar Klatschern zwischendurch. Ältere Generationen schwelgen bei den Bildern von Goalie-Legende Roger Berbig und Co. in Erinnerungen. Die Jüngeren können sich das Lachen nicht verkneifen, als das Dribbling von FCZ-Goalie Johnny Leoni gezeigt wird, der den Ball verliert und Dos Santos mit seinem Treffer in der 89. Minute den Derby-Sieg beschert.
Die Fans gehen kurz ein letztes Mal in sich, dann beginnt die «Ausbeutung» des Hardturms. Jeder will sich ein Stück Erinnerung mit nach Hause nehmen. Stühle werden herausgerissen und Stücke des Rasens herausgeschnitten. Für den Mittelpunkt hat's nicht gereicht, doch auch beim Autor zuhause stehen an diesem Abend zwei Stühle und zwei Rasenstücke. Die Stühle gibt's noch, den Rasen nicht mehr. Wie den Hardturm.
Denkwürdige Momente im Hardturm-Stadion
1931: Erster Meistertitel im Hardturm
1952: Double nach Wiederaufstieg
1968: Zweiter Brandanschlag
1978: GC wirft Real Madrid aus dem Europacup
1993: Die Nati schafft die WM-Qualifikation
2004: Der 6:5-Derby-Sieg im Cup-Halbfinal
Der Kampf ums neue Stadion
Seit dem 1. September 2007 spielt der Grasshopper Club Zürich im Letzigrund-Stadion, der Heimstätte des Stadtrivalen FCZ. Wie lange sich die Hoppers im Exil aufhalten müssen, steht bis heute in den Sternen. Ganz zum Unmut aller GC-Fans, welche sich sehnlichst ein neues Stadion wünschen und des Öfteren mit Spruchbändern und Choreographien protestieren.
Ende 2018 nahm das Stimmvolk das «Projekt Ensemble» an. Bis im Sommer 2022 sollte ein neues Stadion mit 18'000 Plätzen, 2 Wohntürmen, Genossenschaftsbauten, Restaurants, Freiflächen und mehr entstehen. Daraus wurde bisher aber nichts – auch der Name, der «Credit Suisse Arena» hätte lauten sollen, dürfte wohl nicht mehr in Betracht gezogen werden.