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Es war einmal ... Der tiefe Fall von Pornogott James Deen

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bild: twitter/@JamesDeen

Es war einmal ... Der tiefe Fall von Pornogott James Deen

Der 29-Jährige, der lange als der Feminist der Pornoindustrie galt, soll mehrere Kolleginnen vergewaltigt haben.
01.12.2015, 17:2102.12.2015, 18:14
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Der Spätsommer hat sich über Venedig niedergelassen, ein 27-jähriger Mann steht vor der versammelten Filmfestivalpresse. Er ist schmächtig, sehr scheu, er wird bei jeder Frage rot, Kritikern gegenüber zu stehen muss für ihn wohl etwas so schlimm sein wie für uns, sich vor Fremden auszuziehen. Der Mann ist James Deen, gerade hatte sein erster nicht-pornographischer Film Premiere, «The Canyons» mit Lindsay Lohan. Bret Easton Ellis hat das Drehbuch geschrieben. Weil er ein Fan vom «Oeuvre» von James Deen ist. 

James Deen hat seine Freundin Stoya mit nach Venedig gebracht, die beiden sind verliebt, sind rührend, spazieren Händchen haltend am Strand, sind höfliche, scheue junge Menschen, sagt ein Freund, der mit ihnen unterwegs ist. Bret Easton Ellis erzählt, wie schrecklich es gewesen sei, mit Lindsay Lohan zu arbeiten, dieser Pillen werfenden, Wodka trinkenden, mit den Paparazzi verbandelten Diva. James Deen dagegen, ein Traum, so diszipliniert, so bemüht, so anständig. Das ist 2013.

Sieht ein bisschen aus wie Porno, ist aber keiner: James Deen mit Lindsay Lohan in «The Canyons».
Sieht ein bisschen aus wie Porno, ist aber keiner: James Deen mit Lindsay Lohan in «The Canyons».
Bild: AP IFC Films

«The Canyons» wird ein enormer Flop, aber der sensible Herr Deen verzaubert alle. Er engagiert sich gegen Brustkrebs! Er schaut seiner Partnerin beim Pornodreh in die Augen! Er weist Filme zurück, wenn er findet, die Frauenrollen seien zu unterwürfig! In Amerika sind James Deen und Stoya der Brad Pitt und die Angelina Jolie der Pornoindustrie. Die beiden sind gleich alt. Er wurde mit 18 Pornodarsteller, sie mit 21. Gemeinsam sind sie mächtig. 2014 trennen sie sich. 

Am 28. November 2015 twittert Stoya, James Deen habe sie vergewaltigt. 

13 Minuten nach ihrem ersten Tweet liefert Stoya eine genauere Beschreibung des angeblichen Tathergangs:

Innerhalb weniger Stunden gibt es auf Twitter den Hashtag #solidaritywithstoya. Als eine der ersten solidarisiert sich die prominente junge Feministin Laurie Penny:

Viele weitere Frauen schreiben, dass im Falle einer Vergewaltigung «im Zweifel für den Angeklagten» bloss verlorene Zeit sei. Ein paar Männer fragen, was eigentlich der Unterschied zwischen einer Hexenjagd von früher und einem Shitstorm von heute sei.

Neben den Empörten machen sich tief in den Twitter-Eingeweiden Trolle breit. 1. Die misogynen Trolle gegen Stoya. Sie sagen: Eine Frau, die für Geld ihre Beine breit macht und garantiert drogensüchtig ist, kennt keine Moral und lügt sowieso. 2. Die antisemitischen Trolle gegen Deen. Denn: James Deen ist Jude. Typisch, sagen die Trolle, der Jude vergewaltigt unsere Frauen. Typisch, denn wie bei Hollywood handle es sich bei der Pornoindustrie um eine jüdische Verschwörung. Vorher galt Deen als «nice Jewish porn star» («Jezebel»). Jetzt ist er ein böser Jude.

Am 30. November bemüht sich James Deen um Schadensbegrenzung:

Doch da ist schon alles verloren. Zwei weitere Pornodarstellerinnen, Tori Lux und Ashley Fire, treten vor die Presse und klagen Deen an, sie am Rand von Pornodrehs vergewaltigt oder belästigt zu haben.

Seine Produktionsfirma trennt sich von ihm. Die Chefredakteurin von «The Frisky», einer Unterhaltungs- und Lifestyle-Plattform für Frauen, beendet James Deens Sexratgeber-Kolumne mit den Worten: «ICH GLAUBE DEN FRAUEN. Punkt.» Die «Washington Post» schreibt, die Pornoindustrie erlebe gerade das «Äquivalent zu Bill Cosbys epischem Niedergang». Bloss dauert das Cosby-Epos schon ein paar Jahre.

Deens Demontage, seine Entlassung aus allen Jobs und Gremien, dauerte knappe 48 Stunden. Das legt die Vermutung nahe, dass die Vorwürfe – von mittlerweile sechs Frauen – nichts wirklich Neues sind. Dass genug Leute, die bisher gut mit Deen verdienten, schon lang Bescheid wussten. Dass sie jetzt keinen weiteren Ärger wollen. Der «Ryan Gosling des Porno» ist am Ende. James Deen selbst schweigt. Seine Tweets vom 30. November klingen, als hätte sie bereits ein Anwalt formuliert.

(sme)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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kliby
01.12.2015 20:29registriert September 2015
der pornoartikel von anna rothenfluh über rocco siffredi war um längen besser und interessanter.
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elmono
01.12.2015 20:46registriert April 2014
Kenne gerade einmal Ashley Fire und die Tante ist bereits auch nicht mehr aktuell. Klingt alles ziemlich reisserisch und die Amis mit ihrem ,,cover your ass Verhalten,, trennen sich mal ganz schnell vom Deen - generiert ansonsten schlechte Presse. Wieso macht jemand eine Vergewaltigung per Twitter öffentlich? Klingt für mich nach Aufmerksamkeitshascherei. Die Feministin springt auch gleich auf den Zug, ansonsten steht ja nichts mehr auf der Agenda - das ABC wurde bereits feminisiert und der Gen-Soja ist für die zusätzliche Östrogenpower beim Mann auf dem Vormarsch...läuft.
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Asha
02.12.2015 00:08registriert Juli 2014
Ist irgendjemand, der seinen Stil kennt, ernsthaft erstaunt? Wofür ist der Typ denn bekannt? Welche Art von Pornos macht er? (...) Legitimiert das in irgendeiner Weise, dass er unter Umständen nicht nur vor der Kamera gewaltsam war? Natürlich nicht. Alles was ich sage ist, dass er bis vor kurzem noch der fleischgewordene Traum von allen unterfi**ten, Fifty Shades of Grey lesenden Hausfrauen war. Und jetzt das angeblich ultimative Erstaunen! Obwohl ja logisch ist, dass so ein Typ nicht einfach einen On/Off Knopf für seinen "Ich-bin-ein-sadistisches-Vergewaltigerarschloch"-Modus hat...
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